Lindenstraßen-Star im Interview„Hans Beimer ging es nie wirklich gut“

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Luger Portrait

Joachim Luger (74)

  • 33 Jahre lang spielte Joachim Luger den Vater Beimer in der „Lindenstraße".
  • Schweren Herzens entschloss er sich zum Ausstieg.
  • An diesem Sonntag stirbt er den Serien-Tod.

Wie geht es Ihnen ohne die „Lindenstraße“, die Dreharbeiten für Ihre letzte Folge sind ja schon vor drei Monaten zu Ende gegangen?

Joachim Luger: Mir geht es gut, ich fühle noch keine Entzugserscheinungen. Aber wir hatten im Juli einen kleinen Nachdreh und da bin ich nochmal übers Gelände in Bocklemünd gegangen – da wurde mir schon etwas wehmütig ums Herz.

Sie haben sich freiwillig zum Ausstieg entschieden, obwohl Sie selbst gesagt haben, die Rolle sei Ihr zweites Leben. Ist das nicht ein Wagnis?

Das war kein leichter Entschluss. Er hat mir viele schlaflose Nächte bereitet. Es war ein Sprung ins kalte Wasser, aber das erfrischt ja auch. Ich bin ein neugieriger Mensch. Ich wollte nach so vielen Jahren mal etwas anderes machen, mehr Zeit für meine Familie und das Theaterspielen haben. Es hängt auch mit der Entwicklung meiner Rolle zusammen. Hans Beimer hat seit drei Jahren Parkinson. Das, was im Wesentlichen die Schauspielerei ausmacht – Mimik, Gestik und Sprache – wird dadurch eingeschränkt. Ich werde bald 75 Jahre alt, da muss ich die Zeit nutzen.

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Helga (Marie-Luise Marjan) und Sohn Klaus Beimer (Moritz A. Sachs) stehen am Grab von Hans Beimer.

Haben Sie Angst vorm Leerlauf?

Im Moment habe ich noch jede Menge zu tun, eine Theaterpremiere steht bevor. Es kann natürlich auch sein, dass nach der Lindenstraße überhaupt nichts mehr kommt. Aber davon gehe ich nicht aus, denn ich habe bereits mehrere Anfragen für Theater vorliegen.

Als Hans Beimer waren Sie vom Leben ziemlich gebeutelt.

Ja, dem Hans ging es nicht wirklich gut im Leben. Und er kam nur schwer aus den Problemen heraus. Scheidung, Frau im Gefängnis, Arbeitslosigkeit, geheimer Hanfanbau, Frau verlässt ihn. Da war viel komprimiertes Unglück. In Wirklichkeit hätte das wohl niemand ausgehalten, ohne jeder Woche beim Psychiater zu liegen. Da waren meine Bühnenrollen in Komödien immer ein guter Ausgleich.

Luger Familie

Familie Beimer in einer der ersten Folgen

Eigentlich geht es bei der „Lindenstraße“ im Grunde immer nur um ein Thema: die Familie und die Schwierigkeit, die Familie zusammen zu halten.

Das ist so, weil die „Lindenstraße“ auf den Wiedererkennungswert setzt. Die Menschen finden sich mit ihren Problemen bei uns wieder. Und deshalb gibt es die Serie auch schon so lange, obwohl uns das am Anfang kaum jemand zugetraut hätte.

Wie ist das Verhältnis zu den Kollegen? Sind da Freundschaften entstanden?

Wir sind ein eingeschworener Haufen. Die längste Zeit habe ich natürlich mit Irene Fischer, meiner zweiten Frau Anna, verbracht. Wir sind ein sehr gutes Team und wissen auch viel Privates voneinander. Aber wir wohnen 500 Kilometer auseinander. Nach Drehschluss gehen wir unsere eigenen Wege, das ist nun mal so in dem Beruf.

Zurück zur Bühne

Seit der ersten Folge im Dezember 1985 war Joachim Hermann Luger als Hans Beimer in der „Lindenstraße“ dabei. In der 1685. Folge an diesem Sonntag stirbt er den Serientod – auf seinen eigenen Wunsch. Der Schauspieler wurde 1943 in Thüringen geboren. Neben seiner Fernsehtätigkeit arbeitet er vor allem als Bühnenschauspieler – zuletzt auch im Kölner Theater am Dom. Er lebt mit seiner Frau in Bochum.

„Lindenstraßen“-Erfinder Hans W. Geißendörfer soll geplant haben, dass Sie und Ihre erste Frau Helga im Alter wieder zusammenkommen.

Das wurde ja ganz bewusst auf kleiner Flamme immer ein bisschen weiter gekocht, weil das Publikum immer fragte: Wann gehen Sie denn zurück zur Helga, Ihrer Taube? Aber ich glaube nicht, dass das geklappt hätte. Eine jüngere Frau, mit der man jede Menge Kinder hat, verlassen, um zu der ersten zurückzukehren... Ganz zu Anfang, als die Trennung von Helga noch frisch war, haben mich Frauen samstags auf dem Markt angesprochen: Da kommt er wieder, der Ehebrecher. Aber das ist lange her. Mit Anna hat Hans ja inzwischen schon Silberhochzeit gefeiert.

Am Sonntag werden Sie mit dem ganzen Ensemble die Sterbe-Folge schauen und dazu spielt das WDR-Funkhausorchester live die Musik ein. Werden Tränen fließen?

Ja, so ganz spurlos wird das an mir nicht vorbeigehen. Ich habe die Folge noch nicht gesehen. Das ist dann schon ein besonderer Moment, den Tod meiner Figur zu sehen.

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