Hausbesetzer?Rishi Sunak lässt nächsten Wahltermin offen – Opposition kritisiert Zeitschinderei

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Rishi Sunak, Premierminister von Großbritannien, verlässt 10 Downing Street, um an der wöchentlichen Fragestunde des Premierministers (Prime Minister's Questions) im Parlament teilzunehmen.

Rishi Sunak, Premierminister von Großbritannien, verlässt 10 Downing Street, um an der wöchentlichen Fragestunde des Premierministers (Prime Minister's Questions) im Parlament teilzunehmen.

Spätestens 2025 müsste das nächste Mal gewählt werden in Großbritannien. Momentan liegt die Opposition vorne, ein Grund, warum Premier Sunak zögert?

Die Adresse zählt zu den berühmtesten der Welt. Der britische Premierminister Rishi Sunak hat seinen Regierungssitz in der Londoner Downing Street. Doch wenn es nach der Opposition geht, dann überreizt der konservative Politiker seine Zeit in der Hausnummer 10. „Er hält Nummer 10 besetzt, weil er zu schwach ist, sich dem Land zu stellen“, schimpft die größte Oppositionspartei Labour und wirft Sunak vor, Parlamentswahlen hinauszuzögern.

Spätestens im Januar 2025 müssen die Briten wählen. Über das genaue Datum wird seit Monaten spekuliert. Nun hat Sunak eine Abstimmung in der zweiten Jahreshälfte 2024 in Aussicht gestellt. Damit würde er seiner Partei mehr Zeit verschaffen, denn sollten die Umfragen stimmen, würden die Tories momentan die Wahl verlieren.

Sie werden sich fragen, warum er weiterhin in der Downing Street hockt.
Jonathan Ashworth, Abgeordneter Labour-Party

Bisher galt eine Abstimmung im Mai oder Oktober als wahrscheinlich, bevor dann im November Präsidentschaftswahlen in den USA anstehen. Den exakten Termin legt die britische Regierung fest - und zwar viel kurzfristiger als zum Beispiel in Deutschland.

Dass Sunak nun auf den Herbst deutet, bringt ihm Kritik anderer Parteien ein. Der Abgeordnete Jonathan Ashworth von der sozialdemokratischen Labour-Partei sagte der BBC, er glaube, dass Wähler zu dem Schluss kämen, Sunak habe „Angst vor dem Urteil der britischen Öffentlichkeit“. „Und sie werden sich fragen, warum er weiterhin in der Downing Street hockt.“

Opposition kritisiert Sunak als „Squatter“

„Hausbesetzer“: Es besteht Verdacht, dass Sunak die Wahl herauszögern will, bis Regierung besser dasteht

Die Liberaldemokraten kritisieren Sunak als „Squatter“, also als Hausbesetzer. Damit haben die Engländer natürlich ihre Erfahrungen, denn in der Vergangenheit wurden nicht nur in Berlin und Hamburg, sondern auch in London Häuser besetzt. Das Wort wird auch verwendet für Leute, deren Mietvertrag ausgelaufen ist, die aber trotzdem in einer Wohnung wohnen bleiben.

Die Zeitung „Times“ listete in einer Analyse Gründe, warum die konservativen Tories die Wahl aufschieben. Die Inflation könnte weiter fallen - hier hatte Sunak tatsächlich Recht behalten mit seinem Versprechen, die Teuerungsrate werde sich mindestens halbieren. Die Regierung hofft auch auf eine bessere Wirtschaftslage, kürzere Wartelisten beim Gesundheitsdienst und sinkende Migration.

Labour hofft auf frühere Wahlen – Doch auch späterer Termin könnte sich für Regierung rächen

Andererseits birgt die Strategie einer späteren Wahl auch Risiken. Wer weiß, was passiert? Womöglich könnten die Tories noch weiter verlieren. Kommentatoren betonen, Sunak habe sich ohnehin eine Hintertür offengehalten. Der 43-Jährige hatte gesagt, seine „Arbeitshypothese“ sei, dass die Wahl in der zweiten Jahreshälfte stattfinde. Klar ausgeschlossen hat er das Frühjahr damit nicht.

Bei Labour würde gerne Parteichef Keir Starmer in die Downing Street einziehen. Ein früher Wahltermin käme ihm angesichts der Umfragen gelegen. Wahlforscher John Curtice sagte der BBC am Freitag dagegen, es scheine sich ein Konsens für den 14. November herauszubilden. Seiner Meinung nach muss man berücksichtigen, dass Sunak noch nicht lange im Amt ist - und deswegen vielleicht zumindest zwei Jahre voll machen wolle. Das ist Ende Oktober der Fall. Politikjournalistin Beth Rigby vom Fernsehsender Sky News sagt einen harten Wahlkampf voraus.

Die Downing Street jedenfalls gehört neben dem Weißen Haus zu den bekanntesten Regierungssitzen. Täglich stehen Touristinnen und Touristen vor dem Eingang zu der kleinen Straße - die seit vielen Jahren mit einem großen Tor abgeriegelt ist. Hinter der schwarzen Tür von „10 Downing Street“ seien die wichtigsten Entscheidungen der britischen Politik gefällt worden, schreibt die Regierung. Die Adresse vom Bundeskanzleramt in Berlin dagegen? Dürfte selbst in Deutschland kaum jemand wissen.

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