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Kommentar

Epstein-Akten
Trump in der Defensive – Doppelte Niederlage für US-Präsident

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3 min
US-Präsident Donald Trump während eines Treffens mit der Task Force des Weißen Hauses zur FIFA-Weltmeisterschaft 2026 im Weißen Haus. (Symbolbild)

US-Präsident Donald Trump während eines Treffens mit der Task Force des Weißen Hauses zur FIFA-Weltmeisterschaft 2026 im Weißen Haus. (Symbolbild)

Der US-Präsident wollte die Epstein-Affäre mit aller Macht kleinreden. Stattdessen hat er sie groß gemacht – und in seiner Partei ungeahnten Widerstandsgeist geweckt. Der Vorstoß des Kongresses für eine Veröffentlichung der Ermittlungsakten könnte erst der Anfang sein.

Nein, noch sind die Akten, über die seit Jahren spekuliert wird, nicht veröffentlicht. Es wird noch eine Weile dauern, bis endlich das Ausmaß der monströsen Verbrechen des Sexualstraftäters Jeffrey Epstein und seiner Komplizen in der High Society aufgedeckt ist. Auch ob Donald Trump in den Mädchenhandel seines einstigen New Yorker Freundes verwickelt war, bleibt solange offen. Es kann sogar sein, dass das nie geklärt wird.

Trotzdem hat sich am Dienstag im Washingtoner Repräsentantenhaus etwas höchst Bemerkenswertes ereignet. Seit Monaten versuchte der republikanische Parlamentschef Mike Johnson dort mit allen Tricks eine Abstimmung über die Offenlegung der „Epstein Files“ zu verhindern, obwohl seine Partei dies im Wahlkampf versprochen hatte. Johnsons Marionettenspieler Donald Trump nämlich wollte von dem Thema nichts mehr hören. Doch drei Abgeordnete der Republikaner und der Demokraten sammelten Unterschriften. Sie verschafften den Missbrauchsopfern Gehör. Sie bauten so lange Druck auf, bis Trump vor der Wahl stand, einzuknicken oder eine blamable Abstimmungsniederlage einzufahren.

Die Tricksereien der Justizministerin

Damit war der Weg frei für die Verabschiedung des Gesetzes bei nur einer Gegenstimme. Wenige Stunden später billigte auch der Senat das Vorhaben. Vor wenigen Tagen noch wäre das Paragraphenwerk spätestens hier gescheitert. Doch nun ließ die zweite Kammer das Gesetz ohne Debatte passieren.

Für die Aufklärung der jahrzehntelang vertuschten Epstein-Verbrechen ist das ein wichtiger Schritt. Aber es ist noch nicht der Durchbruch. Trump versucht nämlich mit allen Mitteln, den Skandal alleine den oppositionellen Demokraten anzuhängen und hat Ermittlungen gegen deren prominente Vertreter angeordnet. Justizministerin Pam Bondi dürfte nun versuchen, für Republikaner belastendes Material zu verstecken und mit Hinweis auf laufende Ermittlungen die Herausgabe sensibler Unterlagen zu verweigern.

Eine drängende Frage

Doch nach der Vorgeschichte scheint es unwahrscheinlich, dass sich die amerikanische Öffentlichkeit und die durch rechte Verschwörungserzählungen mobilisierte MAGA-Basis mit einer solchen Hinhaltetaktik abspeisen lassen. Das Epstein-Thema geistert seit Monaten durch die amerikanische Politik. Und es wird jetzt nicht einfach weggehen. Im Gegenteil: Mit jeder Beteuerung von Trump, dass er mit den Machenschaften seines 2019 verstorbenen Bekannten nichts zu tun habe und sich Aufklärung wünsche, drängt sich immer zwingender die Frage auf, warum er dann nicht einfach alle Ermittlungsakten veröffentlicht. Als Präsident könnte er das nämlich jederzeit – auch ohne Aufforderung des Kongresses.

Plötzlich ist Trump in der Defensive. Zehn Monate lang schien den Möchtegernautokraten im Weißen Haus nichts bremsen zu können. Nun hat er plötzlich ein Problem. Längst glaubt eine Mehrheit der Amerikaner, dass er von Epsteins Mädchenhandel wusste. Trump kann das Narrativ nicht ändern: In einer Zeit, in der er nach drei Wahlniederlagen der Republikaner eigentlich dringend über die vermeintlichen Erfolge seiner Politik reden müsste, dominiert eine Altlast die Schlagzeilen der Nachrichten.

Kein Wunder, dass der Präsident gerade noch wütender als sonst um sich schlägt. Die Epstein-Affäre ist für ihn ein doppeltes Warnsignal. Zum einen hat seine kommunikative Allmacht versagt: Er wollte das Thema kleinreden und hat es tatsächlich groß gemacht. Zum anderen bröckelt seine Autorität: Vor ein paar Wochen noch schien es unvorstellbar, dass sich die Republikaner dem Präsidenten entgegenstellen. Nun haben ihn mehrere Abgeordnete um seine einstige Verbündete Marjorie Taylor Greene knallhart auflaufen lassen. Der eiserne Griff des Patriarchen verliert an Spannung.

So zeigen sich in der lange machttrunkenen MAGA-Bewegung plötzlich erste Risse. Trump hat in seinem politischen Leben schon ganz andere Krisen überstanden. Aber der „Honeymoon“ seiner zweiten Amtszeit ist vorbei. Je näher die Zwischenwahlen im nächsten Jahr rücken, desto mehr könnten sich um ihre Wiederwahl fürchtende Abgeordnete auch bei anderen politischen Reizthemen abzusetzen versuchen.