Jeder vierte junge Niederländer hält den Holocaust für übertrieben, so eine Studie. Die Politik reagiert entsetzt.
Erschreckende StudieJeder vierte junge Niederländer hält Holocaust für Mythos

23 Prozent der jungen Niederländer glauben nicht an den Holocaust (Symbolbild)
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Fast ein Viertel der jungen Niederländer hält den Holocaust für einen Mythos oder für übertrieben. Das ist das Ergebnis einer Studie der Claims Conference, die kurz vor dem Internationalen Gedenktag für die Opfer des Nationalsozialismus am Mittwoch veröffentlicht wurde.
Diese Zahl - insgesamt 23 Prozent der 2000 für die Repräsentativstudie befragten Erwachsenen zwischen 18 und 40 Jahren - sei damit höher als in jedem anderen zuvor untersuchten Land, hieß es.
Ausmaß des Holocaust vielen nicht bewusst
Die Claims Conference wurde nach dem Zweiten Weltkrieg gegründet, um Ansprüche jüdischer Überlebender gegen Deutschland durchzusetzen und kümmert sich auch heute um Holocaust-Überlebende und ihre Nachkommen.
Unbekannt war vielen Befragten das ganze Ausmaß des Holocaust: So wussten 54 Prozent aller Befragten und 59 Prozent der jungen Niederländer der Generationen der Millennials und sogenannten Generation Z nicht, dass sechs Millionen Juden ermordet wurden. Insgesamt 29 Prozent glaubten dagegen, dass zwei Millionen oder weniger Juden während des Holocaust getötet wurden. Bei den Millennials und der Gen Z lag der Anteil sogar bei 37 Prozent.
Schockierte Stimmen aus der Politik
„Unsere Niederlande-Studie führt uns eindrücklich vor Augen, dass historische Fakten vor allem unter jungen Erwachsenen keine verbindliche Größe mehr sind“, sagte Rüdiger Mahlo, der Repräsentant der Claims Conference in Deutschland. „Das Wissen über den Holocaust und das Bewusstsein für den Holocaust erodieren in einer Rasanz, die uns aufrüttelt. Unsere schlimmsten Befürchtungen erweisen sich als begründet.“
„Das ist nicht nur sehr schockierend, es ist auch sehr ernsthaft“, schrieb Justizministerin Dilan Yeşilgöz am Mittwoch über Twitter. Es gebe viel zu tun für die Gesellschaft. Der Regierungsbeauftragte für die Bekämpfung des Antisemitismus, Eddo Verdoner, nannte die Ergebnisse entsetzlich. Er beklagte zunehmende Lücken im Wissen über die Geschichte. „Wir müssen dagegen steuern in den Schulen, beim Sport und auf den sozialen Medien.“
Auch Abgeordnete reagierten alarmiert und warnten vor Gefahren. Die Verharmlosung des Holocausts oder das Schüren von Zweifeln auch durch Politiker sei gefährlich, sagte der Fraktionsvorsitzende der linksliberalen Regierungspartei D66, Jan Paternotte, der Nachrichtenagentur ANP. (dpa)