Die Zahl der rechtsextremistischen Vorfälle bei den Streitkräften steigt von Jahr zu Jahr. Das bestätigt die Antwort auf eine Linken-Anfrage.
RechtsextremismusBundeswehr entließ 97 Mitglieder – Soldat zeigte Hitlergruß in Köln

Rechtsextremistisches Gedankengut scheint sich in der Bundeswehr stärker zu verbreiten. Das legen zumindest Zahlen der Bundesregierung nahe (Archivbild von einer Zeremonie vor dem Schloss Bellevue im Juli 2025).
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Rechtsextremistisches Gedankengut scheint sich in der Bundeswehr immer stärker zu verbreiten. Das legen zumindest Zahlen der Bundesregierung nahe. Demzufolge wurden 2023 62 Soldaten wegen rechtsextremistischer Vorfälle entlassen, 2024 waren es bereits 97. Dies ist eine Steigerung um rund 56 Prozent.
Diese Zahlen gehen auf eine Kleine Anfrage der Bundestagsabgeordneten Zada Salihovic (Linksfraktion) hervor, die dem WDR vorliegt. Die Antwort der Bundesregierung ist bislang unveröffentlicht. Die 25-Jährige aus Sachsen ist Mitglied im Verteidigungsausschuss. Bereits ihre erste Rede im Bundestag beschäftigte sich mit dem Extremismus-Problem in der Bundeswehr.
Sahilovic teilte den aktuellen Beitrag der „Tagesschau“ nun auch in ihrer Story.
Soldat zeigt Hitlergruß in Köln
Als Beispiele für rechtsextremistische Vorfälle werden etwa Hitlergrüße, rassistische Äußerungen oder rechtsextreme Lieder aufgezählt. In einer Tabelle listet das Bundesverteidigungsministerium in der Antwort auf die Anfrage insgesamt 280 Verdachtsfälle auf. Das ist ein Anstieg von rund 30 Prozent im Vergleich zu 2023.
In dem Beitrag des WDR wird ein Vorfall direkt erwähnt: So habe ein Soldat in Köln im Mai 2024 wiederholt rechtsextremistische Lieder gesungen und den Hitlergruß gezeigt. Vorfälle dieser Art werden demnach allerdings dutzendfach erwähnt.
Die neuen Zahlen dürften kaum überraschen: In seinem Jahresbericht für 2024 hatte der Wehrbeauftragte bereits im Frühjahr 2025 auf steigende Zahlen von Extremismus-Vorfällen hingewiesen und auch verschiedene Einzelfälle erwähnt. Hier ist noch von 275 „Meldepflichtigen Ereignissen mit Bezügen zum Extremismus“ die Rede.
„L’amour toujours“ wird von Soldaten umgedichtet
Sehr oft geht es laut Bericht um „verbale Entgleisungen und rechtsextreme Interessenbekundungen im und außer Dienst, in Messenger-Diensten […] sowie den Sozialen Medien […], um Playlists und Lieder, Kleidungsstücke oder Tattoos, um frühere oder gegenwärtige Mitgliedschaften in verfassungsfeindlichen Vereinigungen und Organisationen sowie um in sonstiger Weise geäußerte Sympathiebekundungen mit verfassungsfeindlichen Bestrebungen und Gruppierungen“. Auch die umgedichtete Version des Liedes „L’amour toujours“ zur Parole „Deutschland den Deutschen, Ausländer raus“ sei häufig gesungen worden.
Der Bericht des Wehrbeauftragten endet mit der Feststellung, dass die Bekämpfung des Extremismus in den eigenen Reihen „eine beständige Herausforderung“ sei. Es wird allerdings auch darauf verwiesen, dass Extremismus in der Bundeswehr „nur eine kleine Minderheit der Soldatinnen und Soldaten“ betreffe.
KSK-Skandal im Jahr 2020
Im Jahr 2020 war der öffentliche Fokus auf rechtsextremistische Tendenzen in der Bundeswehr gelenkt worden. Insbesondere Angehörige des Kommando Spezialkräfte (KSK) hatten Rechtsrock-Lieder gehört und den Hitlergruß gezeigt, wie damals bekannt wurde. Vor allem wurde auf dem Grundstück eines Soldaten der 2. Kompanie des KSK in Sachsen von der Polizei ein Waffenversteck mit Munition und Sprengstoff ausgehoben.
Die damalige Verteidigungsministerin Annegret Kramp-Karrenbauer (CDU) reagierte auf den Skandal und löste die 2. Kompanie des KSK auf. Die Elitetruppe der Bundeswehr wurde daraufhin drastisch reformiert. Eine massive Vertrauenskrise für die Bundeswehr war dennoch die Folge, und es wuchs der öffentliche Druck auf die Politik, das offensichtlich Rechtsextremismus-Problem bei den Streitkräften insgesamt anzugehen.