Schweigegeld-ProzessDonald Trump als „Ehemann und Vater“, der seine Familie schützen wollte?

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Donald Trump (M.) am 22. April im Gerichtssaal in New York.

Donald Trump (M.) am 22. April im Gerichtssaal in New York.

Beim Schweigegeld-Prozess geht es um die Motive für die Zahlung an Stormy Daniels: Wollte Trump seine Familie schützen oder die Wahl manipulieren?

Eine monatelange Affäre mit einem Playboy-Modell, während die Ehefrau schwanger ist. Ein One-Night-Stand mit einer Porno-Darstellerin bei einem Golfturnier kurz nach der Geburt des Sohnes. Eine Schweigegeldzahlung von 130.000 Dollar. Ein windiger „Mann fürs Grobe“, der die Drecksarbeit erledigte, dann aber aus den Diensten des Paten auf die Seite der Justiz gewechselt ist. Und schließlich: ein leibhaftiger Ex-Präsident auf der Anklagebank - erstmals in der Geschichte der USA.

Es mangelt wahrlich nicht an saftigen Zutaten im Schweigegeldprozess gegen Donald Trump, der derzeit vor dem New Yorker Strafgericht verhandelt wird. Und mancher der zwölf Geschworenen, die in den kommenden sechs Wochen im Saal 1530 die Zeugenaussagen verfolgen muss, wird vielleicht insgeheim denken, dass er für eine ähnlich gute Unterhaltung im Kino hätte Eintritt bezahlen müssen.

Kann die Anklage alle Geschworenen von Trumps Schuld überzeugen?

Die entscheidende Frage aber ist: Fügt sich das Puzzle zu einer kriminellen Straftat zusammen, die mit bis zu vier Jahren Haft geahndet werden kann? Oder handelte es sich nur um eine Ordnungswidrigkeit, die inzwischen verjährt ist? Oder kann die Anklage am Ende nicht alle Geschworenen überzeugen, und das ganze Verfahren bricht in sich zusammen?

Das Risiko ist in jedem Fall hoch. So versuchten beide Seiten am Montag in ihren Eröffnungsplädoyers den Laienrichtern ihre Version möglichst plausibel zu machen. „In diesem Prozess geht es um eine kriminelle Verschwörung und eine Vertuschung, die der Angeklagte Donald Trump inszeniert hat“, sagte Staatsanwalt Matthew Colangelo. Der Ex-Präsident habe nichts Illegales getan, hielt dessen Verteidiger Todd Blanche dagegen. Der Milliardär und Immobilienmogul sei „auch ein Mann, er ist ein Ehemann, er ist ein Vater und er ist ein Mensch genau wie Sie und ich“.

Zumindest einige Fakten sind klar: Zwar bestreitet Trump offiziell, mit dem früheren Playboy-Model Karen McDougal und der Ex-Porno-Darstellerin Stormy Daniels jemals Sex gehabt zu haben. Erwiesen ist aber, dass McDougal für die Rechte an ihrer Geschichte 150.000 Dollar von dem mit Trump befreundeten Schmierblatt-Verleger David Pecker erhielt, der die Story nie veröffentlichte. Stormy Daniels kassierte von Trumps damaligem Anwalt Michael Cohen im Herbst 2016 kurz vor der Präsidentschaftswahl ein Schweigegeld von 130.000 Dollar. Diese Summer erstattete Trump seinem „Fixer“ später und verbuchte sie als Anwaltskosten.

„Es war Wahlbetrug – schlicht und einfach“

Im Kern des Prozesses stehen nun nicht die Zahlungen an sich, die pikant, aber legal waren. Vielmehr wirft die Anklage Trump eine Fälschung der Geschäftsunterlagen bei der Rückzahlung an Cohen vor. Das an sich wäre eine Ordnungswidrigkeit. Die Staatsanwaltschaft ist jedoch überzeugt, dass Trump die Bilanzen manipulierte, um eine für ihn politisch schädliche Enthüllung kurz vor der Wahl zu verhindern. Dann wäre es eine strafbare illegale Wahlkampfspende. Zusammen mit der mutmaßlichen Absprache mit Pecker, unliebsame Geschichten aufzukaufen und zu unterdrücken, fügt sich das für die Anklage zu einer „kriminellen Verschwörung“ zusammen. „Es war Wahlbetrug - schlicht und einfach“, sagte Colangelo.

In den kommenden Wochen geht es nun also um die schwierige Frage, mit welcher Intention der ertappte Ehebrecher handelte. Wollte er am Ende nur seine sensible Frau Melania schützen? Trump habe einen finsteren Versuch abzuwehren versucht, ihn zu verleumden und seine Familie zu demütigen, behauptete Blanche: „Er schlug zurück, wie er es immer tut, und dazu hat er das Recht, um seine Familie, seinen Ruf und seine Marke zu schützen“, sagte Anwalt Blanche. Ein Ehrenmann also, dieser Trump.

Oder vielleicht doch ein eiskalter Polit-Pate, der keinerlei Gesetze achtet, wenn sie ihm den Weg versperren? „Der Angeklage orchestrierte ein kriminelles Komplott, um die Präsidentschaftswahl 2016 zu manipulieren. Dann verschleierte er diese kriminelle Verschwörung, indem er in seinen Geschäftsunterlagen immer wieder log“, argumentierte Colangelo.

Bei der Wahrheitssuche der Laienrichter dürfte nun vor allem den Zeugenaussagen von Ex-Anwalt Cohen und Ex-Pornodarstellerin Daniels große Bedeutung zukommen. Trumps Verteidiger versuchten schon am Montag, Cohen als „Lügner“ und „Betrüger“ unglaubwürdig zu machen. Stormy Daniels wiederum habe schlicht „die Chance genutzt, eine Menge Geld zu machen“, behauptete Anwalt Blanche.

Trump verhielt sich im Gerichtssaal meistens ruhig. Draußen wetterte er wie üblich gegen „Bidens Hexenjagd“. Ob der republikanische Präsidentschaftskandidat selbst vor Gericht aussagen wird, ist offen. Ein Urteil könnte im Juni fallen.

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