MigrationUS-Abschieberegelung läuft aus: Migranten strömen an Grenze

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Migranten durchqueren den Grenzfluss Rio Grande zwischen Mexiko und den USA.

Viele der Migranten befürchten, dass die künftige Regelung noch restriktiver wird und ihre Chancen auf ein neues Leben in den USA zunichtemachen könnte.

Zu Beginn der Corona-Pandemie beschloss die US-Regierung eine Regelung zur schnellen Abschiebung von Migranten. Nun läuft „Titel 42“ aus.

Kurz vor dem Auslaufen einer Abschieberegelung haben sich Tausende Migranten an der mexikanischen Grenze zu den USA versammelt. Sie hoffen darauf, noch vor dem Ende von „Titel 42“ in der Nacht auf Freitag (Ortszeit) in die Vereinigten Staaten zu gelangen. Denn obwohl diese Regelung umstritten war: Viele der Migranten befürchten nun, dass die künftige Regelung noch restriktiver wird und ihre Chancen auf ein neues Leben in den USA zunichtemachen könnte.

Wir sehen wie erwartet Menschen, die an unserer Südgrenze erscheinen“, sagte US-Heimatschutzminister Alejandro Mayorkas am Freitag im Nachrichtensender CNN. Die Ankommenden würden in Gewahrsam genommen und überprüft - und „sehr schnell abgeschoben“, wenn sie kein Bleiberecht hätten. „Unser Plan braucht etwas Zeit, aber unser Plan wird erfolgreich sein“, sagte Mayorkas.

USA kehren zur Anwendung von Titel-8-Regelung zurück

Die bisherige Pandemie-Regelung ermöglichte unter Verweis auf Gesundheitsrisiken die schnelle Abschiebung von Migranten nach Mexiko. Zwischen 2020 und 2023 schoben die US-Behörden so 2,8 Millionen Menschen ab. Die USA kehren nun zur Anwendung der sogenannten Titel-8-Regelung zurück, die im Falle illegaler Einwanderung ein fünfjähriges Wiedereinreiseverbot vorsieht. Viele Migranten befürchten zudem, dass sie künftig nicht wie bisher nach Mexiko, sondern in ihre Heimatländer abgeschoben werden.

Das ist überhaupt nicht günstig, es ist sehr hart. Für uns Migranten ist es überhaupt nicht gut.
Angie Manzanares, Bewohnerin einer Migrantenunterkunft

„Das ist überhaupt nicht günstig, es ist sehr hart. Für uns Migranten ist es überhaupt nicht gut“, sagte Angie Manzanares aus Kolumbien der Deutschen Presse-Agentur. Sie erreichte die nordwestmexikanische Grenzstadt Tijuana vor einem Monat und lebt mit ihrem Mann und dem neun Jahre alten Sohn in einer Migrantenunterkunft. Sie hoffen auf einen Termin für die legale Einreise, ansonsten würden sie in Mexiko bleiben. Ein illegaler Grenzübertritt sei zu riskant.

Doch andere Migranten versuchten Medienberichten zufolge in den vergangenen Tagen vermehrt, die Grenze etwa schwimmend oder mit selbstgebauten Booten über den Grenzfluss Rio Bravo zu überqueren oder indem sie über den Grenzzaun kletterten.

Lage spitzt sich zu: bis zu 12.000 Migranten pro Tag?

Die Titel-42-Regelung war unter dem früheren US-Präsidenten Donald Trump eingeführt worden und erleichterte unter Verweis auf die Corona-Pandemie eine schnelle Zurückweisung von Migranten - noch bevor diese einen Asylantrag stellen konnten. Kritikern zufolge war die Pandemie aber nur ein Vorwand, um eine harte Grenzpolitik durchzusetzen. Title 42 endete nun zeitgleich mit dem Auslaufen des nationalen Corona-Gesundheitsnotstandes der USA.

US-Heimatschutzminister Alejandro Mayorkas stimmte am Mittwoch die Öffentlichkeit auf eine Zuspitzung der Lage an der Südgrenze ein. „Die kommenden Tage und Wochen könnten sehr schwierig werden“, sagte Mayorkas in Washington.

Es sei zu erwarten, dass in nächster Zeit viele Migranten aufgegriffen würden, die versuchten, ins Land zu kommen. In bestimmten Gegenden sei das bereits der Fall. In den US-Grenzstädten El Paso, Brownsville und Laredo im Bundesstaat Texas etwa werde mit der Ankunft von bis zu 12.000 Migranten pro Tag gerechnet, berichtete die mexikanische Zeitung „Milenio“ am Mittwoch.

USA verstärkt Grenzpersonal deutlich

Mayorkas sagte weiter, die US-Regierung habe sich lange auf den Wegfall der Pandemie-Regelung vorbereitet und verstärke das Personal an der Grenze deutlich. Er betonte erneut: „Unsere Grenze ist nicht offen. Die Grenze illegal zu übertreten, verstößt gegen das Gesetz.“ Die USA setzten geltende Regeln konsequent durch.

Zugleich will die US-Regierung mehr Möglichkeiten einer legalen Einreise schaffen. Migranten sind aufgefordert, über eine Smartphone-App einen Termin mit Grenzbeamten zu beantragen. Allerdings gab es bei der App namens CBP One eine Reihe von technischen Problemen, außerdem ist die Zahl der Termine stark begrenzt.

Aktivist sieht steigende Gefahr durch Menschenschlepper

Der mexikanische Aktivist José María Lara, der die Migrantenunterkunft „Juventud 2000“ in Tijuana leitet, warnte davor, dass Menschenschlepper die Situation zu ihrem Vorteil ausnutzen könnten. „Die Migranten werden wie bisher nach Mexiko oder an ihre Herkunftsorte abgeschoben werden. Und sie können zudem für fünf Jahre bestraft werden“, sagte Lara der Deutschen Presse-Agentur.

Das werde dazu führen, dass die Migranten Schlepper für den illegalen Grenzübertritt anheuern, die sie bei jeder Regeländerung mit dem Versprechen ködern, ihnen über die Grenze helfen zu können.

Grenzpolitik für Joe Biden heikles Thema

Die Grenzpolitik ist in den USA ein besonders umkämpftes Thema und für Präsident Biden politisch äußerst heikel. Die oppositionellen Republikaner werfen dem Demokraten vor, ungehindert hunderttausende Ausländer ins Land zu lassen, und schüren Ängste vor einer Zunahme von Kriminalität und Drogenproblemen.

Der republikanische Senator Ted Cruz sagte in Brownsville zu Journalisten, er sei „wütend“, weil die Biden-Regierung die „bewusste“ Entscheidung getroffen habe, „die Grenze für etwas zu öffnen, das nicht weniger als eine Invasion ist“. Auf der anderen Seite wirft der linke Flügel seiner Demokratischen Partei Biden vor, sein Wahlversprechen einer humaneren Flüchtlings- und Einwanderungspolitik nicht einzulösen. Biden hatte vor der Wahl 2020 eine Abkehr von Trumps hartem Kurs in der Grenzpolitik versprochen. (dpa/AFP)

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