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Wahldrama um McCarthyPopcorn-Spott der Demokraten – Republikaner reagieren mit Anschuldigung

Lesezeit 4 Minuten
Kat Cammack (l.) und Kevin McCarthy

Kat Cammack (l.) und Kevin McCarthy

Im US-Repräsentantenhaus demontieren sich die Republikaner auf dramatische Weise selber. Die Demokraten reagieren mit Scherzen, die GOP beschuldigt die Gegenseite.

In Washington spielt sich derzeit ein politischer Krimi ab: Kevin McCarthy ist es auch nach mehreren Wahlgängen nicht gelungen, seine eigene republikanische Partei geschlossen hinter sich zu versammeln und sich zum Sprecher des Repräsentantenhauses wählen zu lassen. Trotz der seit den Zwischenwahlen vom 8. November bestehenden neuen republikanischen Mehrheit von 222 der 435 Abgeordneten scheiterte der Kalifornier bislang an den Hardlinern und Trump-Anhängern. McCarthy konnte auch in mittlerweile sechs Wahlgängen keine einfache Mehrheit von 218 Stimmen hinter sich versammeln.

Zuvor hatte die Demokratin Nancy Pelosi das Amt seit 2019 bekleidet. Es ist nach dem Präsidenten und dem Vize-Präsidenten das drittwichtigste politische Amt in den USA. Erst wenn der Sprecher gewählt ist, können die Abgeordneten vereidigt werden und ihre Arbeit aufnehmen. Da McCarthy auch im sechsten Anlauf am Mittwoch keine Mehrheit bekam, wurde die Wahl erneut vertagt. Hinter den Kulissen laufen die Verhandlungen weiter. Es ist unklar, wie und ob McCarthy seine Gegner bis zur nächsten Abstimmung überzeugen will. Die Abstimmungen könnten sich bis zum Wochenende hinziehen.

Demokraten zeigen sich mit Popcorn im Kongress

Während McCarthy am Dienstag schockiert auf das Ergebnis und den „Verrat“ von Trump-Anhängern reagierte, beobachteten die Abgeordneten der demokratischen Partei die Vorgänge mit demonstrativem Sarkasmus. Ihr eigener Minderheitsführer Hakeem Jeffries lag zwar vor McCarthy, konnte allerdings ebenfalls keine Mehrheit erlangen. Einzelne Abgeordnete holten sich demonstrativ Tüten mit Popcorn, um das Spektakel zu verfolgen. 

Die Abgeordnete Robin Kelly aus Illinois postete bei Twitter ein Foto von sich mit einer Plastiktüte, in der ein riesiger Becher Popcorn zu sehen ist. Sie ist auf dem Weg in die „Speakers Lobby“ des Kongresses.

Auch der Demokrat Ted Lieu, der wie Kevin McCarthy aus Kalifornien kommt, zeigte sich mit Popcorn – allerdings mit einer deutlich bescheideneren Portion als seine Kollegin Kelly.

Die Autorin Emily L. Hauser schrieb, sie sei normalerweise kein Fan von Scherzen im Repräsentantenhaus, aber diese Aktion sei schon ein starkes Stück.

Immer mehr demokratische Abgeordnete zeigten sich unter Hausers Tweet mit Popcorn, da sie dazu aufrief, ihr solche Bilder zu schicken. Politik-Veteranin Jan Schakowsky, die seit 1999 für Illinois im US-Repräsentantenhaus sitzt, postete ein Bild von sich mit riesigem Popcorn-Behälter. Sie nutzte die Gelegenheit, um Werbung für ein Unternehmen aus ihrem Bundesstaat zu machen. Garrett Popcorn reagierte mit einem „iykyk“ („If you know, you know“), also quasi einem Augenzwinkern.

Schauspieler George Takei reagierte ebenfalls und appellierte an die Demokraten: „Bleibt im Haus! Wir schicken mehr Popcorn!“

Der bekennende Homosexuelle setzt sich insbesondere für die LGBT-Bewegung ein, ist aber auch für seinen Einsatz gegen Rassismus bekannt.

Republikanerin Kat Cammack bezichtigt Demokraten des Alkoholkonsums

Bei den Republikanern kamen diese Scherze nicht gut an. Kim Cammack, eine Abgeordnete aus Florida, fuhr vor dem sechsten Wahlgang am Mittwoch schwere verbale Geschütze auf. Bevor sie Kevin McCarthy erneut nominierte, sagte sie, Diskussion und Meinungsvielfalt innerhalb ihrer Partei sei eigentlich eine gute Sache. Die Demokraten hingegen wollten die Republikaner gespalten sehen, „sie wollen, dass wir uns gegenseitig bekämpfen“, so die aufgebrachte Cammack. Das würde deutlich an „Popcorn, Decken und Alkohol“, den die Abgeordneten der Gegenseite mit ins Repräsentantenhaus gebracht hätten, um sich an den Auseinandersetzungen der Grand Old Party (GOP) zu weiden.

Diese Beschuldigungen zogen wiederum empörte Reaktionen und Zwischenrufe bei den Demokraten nach sich. Insbesondere die Unterstellung, es sei Alkohol im Umlauf, empörte die Abgeordneten. Cammack ließ aber nicht locker: „The House is not in order,” stellte sie fest.

Schmach für Kevin McCarthy: Ausgang der Wahl ist völlig unklar

Wie lange sich die Wahl eines Sprechers des Repräsentantenhauses hinziehen wird, ist völlig unklar. Es ist hundert Jahre her, dass ein Kandidat bei der Abstimmung zum Vorsitz im Repräsentantenhaus nicht im ersten Wahlgang die nötige Mehrheit erreichte: 1923 waren neun Wahlgänge nötig, um einen Vorsitzenden zu bestimmen. Damals dauerte das Ganze mehrere Tage.

Klar ist, dass hinter den Kulissen innerhalb der Republikaner hart verhandelt wird, um die abtrünnigen Parteimitglieder umzustimmen. Ein Zeichen für zähe Gespräche: Eine Journalistin beobachtete am Dienstag, wie eine große Menge Pizzen zu den Republikanern geliefert wurde.

McCarthys Anhänger werden viele Zugeständnisse machen müssen. Selbst wenn McCarthy am Ende nach x Wahlgängen auf den Posten gewählt werden sollte, so träte er sein Amt schwer angeschlagen an. (cme)

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