Alles wie vorher?Wahlen in Bayern und Hessen sind bittere Botschaft an die Ampel – und Friedrich Merz

Ein Kommentar von
Lesezeit 3 Minuten
Eine Wahlurne wird ausgeleert.

Eine Wahlurne in Bayern wird ausgeleert.

Bei der bayrischen und der hessischen Landtagswahl sieht es nach keinem Regierungswechsel aus. Trotzdem sind es klare Botschaften nach Berlin.

Die Ergebnisse der Wahlen in Bayern und Hessen sind wie ein Sturmtief, das einen nur am Rande gestreift hat. Ein paar dicke Äste sind von den Bäumen gekommen, ein paar Ziegel von den Dächern geweht – die politische Landschaft ist aber wiederzuerkennen: In Bayern wird Söder voraussichtlich im Bündnis mit noch lauteren Freien Wähler weiter regieren. In Hessen bleibt Ministerpräsident Boris Rhein mit einem kräftigen Schub nach vorne am Ruder – und kann sich aussuchen, ob er erneut die Grünen oder eine gedemütigte SPD an Bord holt.

Wahlen in Bayern und Hessen: klare und bittere Botschaften für das ganze Land

Diese Wahlen sind angesichts der aufgeladenen politischen Stimmung im Land glimpflich ausgegangen. Sie dürften allerdings die vorerst letzten Wahlen gewesen sein, bei denen der Schaden begrenzt bleibt. Denn jenseits des parteitaktischen Schönredens und Relativierens stecken in den Wahlergebnissen drei bittere Botschaften.

Erstens: Die AfD ist auch im Westen der Republik angekommen. Zweitens: Die Ergebnisse sind für die Inhalte und den Politikstil der Ampel ein Misstrauensvotum. Alle drei Parteien der Ampelregierung sind in einer Krise. Die Sozialdemokraten, die in Bayern traditionell schwach sind, haben sich in Hessen zudem mit Innenministerin Nancy Faeser als Spitzenkandidaten mächtig verzockt. Wenn sie Bundesministerin bleibt, wird sie zum Ballast für den Kanzler und die SPD insgesamt. Die Liberalen führen schon wieder einen Existenzkampf an der Fünf-Prozent-Hürde. Die Beteiligung am rot-grünen Bündnis auf Bundesebene vergrault die Kernklientel, die einst FDP gewählt hat, um Rot-Grün zu verhindern. Die Grünen wiederum stehen nach zwei Regierungsjahren entzaubert auf der Lichtung und werden aus allen politischen Lagern attackiert.

Machtkampf in der Union: Politiker aus der Mitte ziehen besser beim Wähler

Drittens: Die Union geht aus diesen Wahlen zwar mit zwei wiedergewählten Regierungschefs hervor, aber der interne Machtkampf wird noch komplizierter: Söder wird trotz Verlusten mit ungebrochenem Selbstbewusstsein weitermachen. Während Boris Rhein nach Daniel Günther in Schleswig-Holstein, Hendrik Wüst in Nordrhein-Westfalen und Kai Wegner in Berlin den vierten Beweis darstellt, dass die Union mit Männern der politischen Mitte erfolgreicher ist als mit einem Vorsitzenden, der alle paar Wochen rechtspopulistische Töne anschlägt. Die Zuwächsen bei AfD und Freien Wählern zeigen, dass Merz damit die Konkurrenz von rechts nicht aufhält.

Wie sehr die demokratische Mitte in Deutschland unter Druck steht, wird sich im kommenden Jahr zunächst bei der Europawahl zeigen. Sie könnte insbesondere wegen der dramatischen internationalen Lage zu einer nationalen Protestwahl werden. Bei den Landtagswahlen in Sachsen, Thüringen und Brandenburg drohen dann die Dächer abgedeckt zu werden. Jedenfalls ist aktuell nicht zu sehen, dass die Demokratie allerorten ausreichend sturmfest ist, politische Mehrheiten jenseits der vom Verfassungsschutz beobachteten AfD zu finden.

KStA abonnieren