In Sachen LiebeMeine Tochter (14) fühlt sich zu dick, dabei sieht sie ganz normal aus

Lesezeit 3 Minuten
Junges Mädchen schaut sich im Spiegel an

Teenager fühlen sich, ob zu Recht oder zu Unrecht, rund um die Uhr bewertet – und sind dabei selbst ihre härtesten Kritiker.

Pubertät ist anstrengend – Teenager fühlen sich permanent bewertet, das hat sich durch soziale Medien noch verstärkt, was Eltern tun können.

Ich beobachte immer häufiger, wie meine Tochter (14) sich kritisch im Spiegel betrachtet und unglücklich ihren Bauch einzieht. Ich glaube, sie fühlt sich zu dick, dabei ist sie völlig normalgewichtig. Ich war in ihrem Alter nicht so unsicher. Wie kann ich ihr helfen? (Helene, 41)

Die Pubertät ist eine anstrengende Zeit. Nicht nur für Eltern pubertierender Kinder, sondern vor allem für die Jugendlichen selbst. Es ist nichts Neues: Der Körper verändert sich rasant, auch das Gehirn macht eine nicht zu unterschätzende Entwicklung durch. Doch besonders anstrengend ist der Druck, der von außen plötzlich spürbar wird. Für die meisten Jugendlichen fühlt es sich so an, als würde alles, was sie tun, und jedes Detail ihres Aussehens konstant beobachtet: von ihren Freunden, ihren Lehrern, ihren Eltern, selbst von Fremden auf der Straße.

Désirée Beumers

Désirée Beumers

mehr

Teenager fühlen sich, ob zu Recht oder zu Unrecht, rund um die Uhr bewertet – und sind dabei selbst ihre härtesten Kritiker. Das war schon in unserer Generation – ich bin 37 – so. Heutzutage findet dieses Erleben in einer ganz anderen Dimension statt, dank der Omnipräsenz der sozialen Medien. Jedes vermeintlich peinliche Foto oder Video wird durch das Internet zu einem Dokument für die Ewigkeit. Eine Tatsache, die besonders heikel ist, wenn man zusätzlich bedenkt, dass jeder von uns inzwischen rund um die Uhr eine (Handy-)Kamera mit sich führt.

Keine Achtklässlerin kann um fünf Uhr früh eine zweistündige Morgenroutine inklusive handgebrühten Matcha Tees, einer Yoga- und Mediationssession und einer exklusiven Skincare-Behandlung absolvieren

Das ist jedoch nur eine Seite des Problems. Noch viel schwerwiegender ist, dass das, was uns in Netzwerken wie Instagram als Realität verkauft wird, oft herzlich wenig mit der Wirklichkeit zu tun hat. Sogenannte Influencer und Content Creators präsentieren ihre diplomatisch editierte Version der Realität auf eine Art und Weise, die so selbstverständlich und doch so unerreichbar scheint. Immer steht im Hintergrund das Ziel, möglichst viele Klicks zu erreichen. Keine Achtklässlerin kann um fünf Uhr früh eine zweistündige Morgenroutine inklusive handgebrühten Matcha Tees, einer Yoga- und Mediationssession und einer exklusiven Skincare-Behandlung absolvieren und dabei aussehen, als wäre sie gerade von der balinesischen Sonne geküsst worden. Niemand kann das, dessen Job es nicht ist, genau damit Geld zu verdienen.

Viele Erwachsene haben das inzwischen verstanden, viele Jugendliche leider noch nicht. So kommt es, dass sie denken, sie müssten in ihrem Croptop so aussehen wie die Models, die selbst gar nicht so sind wie auf ihren retuschierten Fotos im Netz. Jedes störende Härchen, jedes noch so kleine Fettdepot und jede Besonderheit des eigenen Körpers werden dadurch augenblicklich zu Makeln, die nicht ins Bild passen. Das strengt enorm an und spielt sicher auch eine Rolle bei der steigenden Zahl der psychischen Erkrankungen von Jugendlichen.

Sie als Mutter können jedoch einen immens positiven Einfluss auf diese Unsicherheit Ihrer Tochter nehmen. Falls noch nicht geschehen, schauen Sie sich gemeinsam an, welche Inhalte Ihre Tochter in den sozialen Medien konsumiert. Seien Sie dabei vor allem neugierig und offen. Versuchen Sie, erst einmal zu verstehen, wofür Ihre Tochter sich interessiert. Dann klären Sie sie auf, wie viel Arbeit hinter der Fassade des glamourösen Instagram-Lifestyles steckt und dass längst nicht alles echt ist, was sie sieht.

Zu guter Letzt hinterfragen Sie sich auch selbst kritisch: Wie äußern Sie sich über Ihren eigenen Körper?

Noch viel wichtiger ist allerdings, dass Sie sie in ihrem Selbstwert stärken, ganz unabhängig von ihrem Äußeren. Was sind ihre Stärken? Worin ist sie talentiert? Was macht ihr besonderen Spaß? Zu guter Letzt hinterfragen Sie sich auch selbst kritisch: Wie äußern Sie sich über Ihren eigenen Körper? Liebevoll und wertschätzend? Oder doch auch öfter einmal unzufrieden, vielleicht sogar abwertend? Seien Sie Ihrer Tochter ein gutes Vorbild darin, sich selbst anzunehmen und zu lieben. Es ist wichtig, dass Jugendliche vorgelebt bekommen, wie man rundum zufrieden ist, sich wohlfühlt in seiner eigenen Haut. Wo könnten sie das besser lernen als zuhause?

KStA abonnieren