Meine RegionMeine Artikel
AboAbonnieren

Tipps für ElternWenn Kinder nicht schlafen, weil es draußen noch hell ist

Lesezeit 4 Minuten

Wenn es draußen noch hell ist, wollen Kinder meist nicht ins Bett.

Es ist so ungerecht. Findet zumindest das Kind. Alle anderen dürfen noch aufbleiben, spielen oder fernsehen. Denn draußen scheint ja noch die Sonne – und das Leben tobt. Schlafen? Jetzt. Noch. Nicht. Den Appell an die Vernunft können sich Eltern getrost sparen. Um das wehrhafte Kind zu überzeugen, muss man an lauen Frühlingsabenden kreativ werden. Wir haben Familienexpertin Nicole Wirtz um Tipps gebeten.

Naheliegend: Verdunkeln

Kinderzimmer ohne Rollläden und Vorhänge sind problematisch, denn erst die Dunkelheit gibt unserem Gehirn das Zeichen, in den Schlaf- und Ruhemodus zu schalten (siehe Interview). Daher: Die Investition in einen zuverlässsig blickdichten Vorhang lohnt sich. Mit etwas Glück schläft das Kind dann abends nicht nur besser ein, sondern steht am Wochenende auch später auf. Träumen darf man ja schließlich noch.

Effektiv: Rituale

Besonders kleine Kinder profitieren von einer immer gleichen Abfolge vor dem Zubettgehen. Zum Beispiel: Erst den Schlafanzug anziehen, dann Zähne putzen, Geschichte lesen, Gute-Nacht-Kuss. Kinder sind Gewohnheitstiere, schlaue Eltern machen sich das auch am Abend zunutze. „Wir haben auch bei Helligkeit keine Probleme, unsere Tochter ins Bett zu bringen“, sagt Beate Schmitz aus Hürth, Mutter der dreijährigen Jana. Die Kleine ist seit Babytagen an ihr Zubettgeh-Programm gewöhnt, ihre Eltern haben Rituale entwickelt, die aber auch variiert werden dürfen. Ein paar Mal hat Jana abends beim Zubettgehen gesagt: „Es ist aber noch hell!“ Die Antwort ihrer Mutter: „Ja, es ist hell, und jetzt ist Schlafenszeit.“ Durch die klare Ansage lässt sich Jana beruhigen und schläft auch im Sommer meist problemlos ein.

Nützlich: Baden

Jetzt ist die Zeit, in der die Kinder draußen auf den Spielplätzen toben. Der Sand klebt an den Fingern, in den Ohren und zwischen den Zehen. Vor dem Schlafen wird jetzt öfter mal gebadet. Das macht nicht nur sauber, sondern gleichzeitig auch schön müde. Wer nicht immer die ganze Wanne volllaufen lassen will, kann sich einen Wannen-Abtrenner besorgen (etwa von Babydam). So wird die große Wanne zur kleinen, und weniger Wasser und Geld rauschen durch den Abfluss.

50 Prozent der Dreijährigen brauchen noch einen Mittagsschlaf

Zweijährige haben im Schnitt eine Gesamtschlafzeit von 13,2 Stunden. Die Schwankungen reichen von 11 bis 16 Stunden, auch das gilt als normal. Tagsüber schlafen sie durchschnittlich 1,8 Stunden.

Die Gesamtschlafzeit der Vierjährigen beträgt im Schnitt 12 Stunden, auch 10 bis 14 Stunden gelten als normal. Sie schlafen im Durchschnitt anderthalb Stunden tagsüber.

Zehnjährige schlafen im Schnitt 10 Stunden, alles zwischen 8 und 11 Stunden gilt als normal.

Quelle: Studie von O. G. Jenni, I. Iglowstein, C. Benz und R. H. Largo: „Perzentilenkurven für die Schlafdauer in den ersten 16 Lebensjahren“, Universität Zürich, 2003.

Ungewohnt: Hörspiel machen

Familienexpertin Wirtz hat mit ihren Söhnen (11 und 13) früher oft vor dem Einschlafen gespielt. Und zwar „Ich höre was, was du nicht hörst“. Kind liegt im Bett, Mutter sitzt daneben, und beide lauschen auf die Geräusche im Raum und außerhalb des Kinderzimmers. Fährt eine Vespa vorbei? Welcher Vogel singt denn da? „Kinder hören viel mehr als wir, und beim Einschlafen hilft es, sich nur auf einen einzigen seiner Sinne zu konzentrieren“, sagt Nicole Wirtz. Auch Hör-CDs, etwa mit Naturgeräuschen, können spannend sein. Ältere Kinder können es mal mit einer Entspannungs-CD versuchen. Oder eben mit dem Lieblingshörspiel.

Entspannend: Neues erfinden

Neue Ideen machen Spaß und erleichtern den Einstieg ins Kinderbett. Bringen Sie gemeinsam erst alle Kuscheltiere ins Bett, dann das Kind. Oder erzählen Sie die Gute-Nacht-Geschichte heute mal mit der Handpuppe aus der Kasperlekiste. Auch wirksam: Zählen Sie zusammen alle Freunde und Verwandte auf, die jetzt bestimmt auch schon schlafen: Opa schläft schon, Max schläft, Tante Susi schläft ... Gähn.

Gut: Ein neuer Ort

Na gut, heute wird das Sandmännchen-Buch ausnahmsweise mal auf der Terrasse oder dem Balkon vorgelesen, weil es noch so schön warm draußen ist. Und Zähneputzen geht auch im Garten, mit ein bisschen Disziplin. Solche Extras sind vor allem für ältere Kinder reizvoll, die kein striktes Abendritual mehr brauchen.

Entspannt: Aufbleiben lassen

„Ab und zu kann man auch einfach mal ein Auge zudrücken, wenn es an einem schönen Sommerabend später wird“, findet Nicole Wirtz. So viele schöne Sonnentage sind uns ja schließlich auch nicht vergönnt.Sie selbst führt die Schlafenszeit-Diskussion mit ihren Söhnen regelmäßig an Abenden von Fußballübertragungen. „Meine Entscheidung kommt dann auf den Wochentag an und was am nächsten Tag in der Schule so ansteht.“ Man müsse da nicht dogmatisch sein. Besser sei Authentizität und eine klare Haltung: „Kinder merken ganz schnell, ob man wankelmütig ist oder nicht. Falls ja, zieht man als Mutter oder Vater in der Diskussion oft den Kürzeren.“

Nicole Wirtz: „Die Gummibärchen-Methode“, Schwarzkopf & Schwarzkopf, 216 S., 10 Euro