Niesen, StillenDiese Verhütungsmythen sind völliger Unsinn

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An Verhütung gedacht? Noch immer halten sich Halbwahrheiten rund um das Thema hartnäckig.

An Verhütung gedacht? Noch immer halten sich Halbwahrheiten rund um das Thema hartnäckig.

Seit jeher treibt uns das Thema um: Verhütung. Dabei entstehen immer wieder neue Märchen, Legenden und Halbwahrheiten, die sich hartnäckig halten - ob es nun um die Cola-Spülung oder den Coitus Interruptus geht. Im Altertum wurde beispielsweise geraten, verschiedene Pflanzenextrakte wie Akazienblätter mit Honig, Olivenöl, Bleisalbe oder Weihrauch zu mischen und in der Scheide anzuwenden, um Spermien abzutöten, wie die Frauenärzte im Netz berichten.

„Die Frau soll in die Hocke gehen und niesen“

Eine sehr anschauliche Beschreibung geht demnach auf Soranus von Ephesus (etwa 100 n. Chr.) zurück: „Nach der Ejakulation des Mannes soll die Frau sich zurückziehen, in die Hocke gehen und niesen - zusätzlich sollte durch das Auswischen der Scheide versucht werden, den Samen aus dem weiblichen Körper zu „lösen".“ Aha. Wir stellen sechs Verhütungs-Irrtümer vor, die sich nach wie vor halten:

Irrtum 1: Stillen wirkt wie ein Verhütungsmittel

Viele glauben immer noch, dass Stillen ein sicheres Verhütungsmittel ist. Das stimmt so jedoch nicht, wie Experten warnen: Es handele sich um „keinen sicheren Empfängnisschutz“, heißt es auf der Internetseite Familienplanung.de der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung. Beim Stillen werde zwar das Hormon Prolaktin ausgeschüttet, das die Milchproduktion anregt und die Aktivität der Eierstöcke hemmt. Doch ein Empfängnisschutz sei nur unter ganz bestimmten Voraussetzungen gegeben: „Die Frau muss voll stillen, das heißt mindestens sechsmal innerhalb von 24 Stunden, insgesamt mindestens 80 Minuten täglich.“ Sie dürfe nicht zufüttern und noch keine Monatsblutung gehabt haben.

Irrtum 2: Während der Periode kann man nicht schwanger werden

Wer während der Periode Sex hat, kann nicht schwanger werden? Falsch: Spermien sind schließlich sehr lange lebensfähig: „Sie können drei bis fünf Tage manchmal sogar bis zu acht Tage im Genitaltrakt der Frau überleben“, heißt es in der Publikation „Menstruation“ der Beratungsstelle Pro Familia. Das bedeute, dass aus jedem Geschlechtsverkehr, der bis zu acht Tage vor dem Eisprung und bis zu einem Tag nach dem Eisprung stattfindet, eine Schwangerschaft entstehen könne. Und da nicht jeder Zyklus wie im Lehrbuch ausfällt - nämlich 28 Tage lang mit dem Eisprung genau in der Mitte - sollte man sich auf diese Variante auf keinen Fall verlassen.

Irrtum 3: Nach dem Sex kann man die Spermien mit Cola ausspülen

Die Scheidenspülung mit Cola wird in sämtlichen Internetforen nach wie vor als mögliche nachträgliche Verhütungsmethode gehandelt. Fatal: Denn Cola verhindert Schwangerschaften natürlich nicht. Der Arzt Dr. med. Carsten Lekutat entlarvt die Methode als eine der „Halbwahrheiten der Medizin“ in seinem gleichnamigen Buch.

„Selbst wenn man sich mit der Coladose in der Hand zum Sex begibt und sofort nach der Ejakulation mit dem Spülen beginnt, wird man nicht alle Spermien entfernen können“, so der Autor. Cola könne aber durchaus die „guten Bakterien“ des Scheiden-Milieus zerstören, sodass die Frau häufiger unter Infektionen leide.

Antibiotika machen die Pille nur während der Einnahme unwirksam? Während der Wechseljahre ist die Verhütung überflüssig? Auf der nächsten Seite räumen wir mit weiteren Irrtümern auf

Irrtum 4: Antibiotika machen die Pille nur während der Einnahme unwirksam

Das ist nicht richtig. Bestimme Antibiotika können den Schutz der Pille beeinträchtigen - und zwar nicht nur während der Einnahme sondern bis zur nächsten Regelblutung, wie die Frauenärzte im Netz erklären. Es empfiehlt sich dann, zusätzlich mit Kondomen zu verhüten. Auch bestimmte Antiepileptika, Antimykotika oder Antimalariamittel können demnach den Schutz der Pille beeinträchtigen. Frauen sollten im Zweifel immer ihren Arzt um Rat fragen.

Irrtum 5: Während der Wechseljahre ist eine Verhütung nicht notwendig

Das stimmt so nicht: Generell gebe es während der Wechseljahre Schwankungen im weiblichen Zyklus, heißt es bei Familienplanung.de. Eine Schwangerschaft bei Frauen über 45 sei zwar noch möglich, aber zunehmend unwahrscheinlich. „Allgemein wird Frauen empfohlen, bis etwa zum 51. Lebensjahr weiter zu verhüten.“ Frauen in den Wechseljahren, die ein Jahr lang keine Periode mehr hatten, könnten in der Regel davon ausgehen, dass sie nicht mehr fruchtbar sind.

Irrtum 6: Der Coitus Interruptus ist eine sichere Verhütungsmethode

Nein, überhaupt nicht. Mediziner Carsten Lekutat stellt in seinem Buch klar: „Die unsicherste Methode ist das schnelle Herausziehen des Penis, bevor die Samenzellen überhaupt in die Scheide gelangen“. Schließlich treten oft schon lange vor der Ejakulation Spermien „im sogenannten Lusttropfen“ in die Scheide. Der Pearl-Index, der angibt, wie viele Frauen von hundert in einem Jahr trotz der entsprechenden Verhütungsmethode schwanger geworden sind, spricht auch gegen den Coitus Interruptus: 38 Frauen sind demnach mit dieser Variante ungeplant schwanger geworden. Zum Vergleich: Bei der Scheidenspülung mit Cola waren es 31. (rer)

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