Pantoffeln, Latschen oder Puschen?Wie wir sprechen, verrät, woher wir kommen

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Ob Latschen, Puschen, Pantoffeln oder Schlappen: Auf jeden Fall halten sie die Füße warm.

Heißt es Schluckauf, Hickepick oder Hitzgi? Bulette oder Frikadelle? Pantoffeln, Latschen oder Schlappen? Wie wir sprechen, verrät mehr über uns, als wir wahrhaben wollen. Schon kleine Wörter können einen Hinweis auf unsere Heimat geben.

Die Wissenschaftler Adrian Leemann, Stephan Elspaß und Robert Möller beschäftigen sich mit den feinen regionalen Unterschieden der deutschen Sprache und haben zusammen mit Timo Grossenbacher das Buch „Grüezi, Moin, Servus! Wie wir wo sprechen“ veröffentlicht. Datenjournalist Grossenbacher hat die regionalen Sprach-Unterschiede zu 24 verschiedenen Begriffen auf 76 Karten illustriert. Die Daten basieren auf einem Online-Quiz, das die Forscher eigens entwickelten und an dem 700.000 Menschen aus 18.000 Orten Deutschlands teilnahmen.

Wir stellen Begriffe aus dem Buch vor, die dasselbe meinen, aber von Region zu Region sehr unterschiedlich sind:

Pantoffeln, Latschen, Puschen oder Schlappen?

Wie nennen Sie Ihre Hausschuhe? Während man im hohen Norden von Deutschland in die „Puschen“ schlüpft, bevorzugt man im Nordwesten vom unteren Mittelrhein bis hinauf ins Emsland den Begriff „Pantoffeln“. Eine Variante sind die „Schluppen“, von denen in einem kleinen Gebiet am mittleren Niederrhein rund um Mönchengladbach vorwiegend die Rede ist.

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Ob Latschen, Puschen, Pantoffeln oder Schlappen: Auf jeden Fall halten sie die Füße warm.

In den östlichen Bundesländern herrscht dagegen die Bezeichnung „Latschen“ vor. Das Wort ist aber auch in Oberbayern und Bayerisch-Schwaben geläufig. „Am wenigsten regionalspezifisch erscheint die offenbar recht junge Zusammensetzung ‚Hausschuhe‘“, schreiben die Autoren. Sie sei in verschiedenen Gebieten, etwa dem Schwäbischen, dem Ostfälischen und einem kleinen Gebiet in Ostfriesland gemeldet worden. In der Schweiz spricht man dagegen von „Finken“ und in Österreich von „Patschen“ oder „Schlapfen“.

Schluckauf, Hickepick oder „Hitzgi“?

In weiten Teilen Deutschlands spricht man von „Schluckauf“, das fast alle regionalen Wörter inzwischen verdrängt hat. Früher sagte man in Nordrhein-Westfalen etwa noch „Schlick“ oder „Schlicks“. Die Bezeichnung „Hickepick“ ist teilweise noch am Niederrhein, in Ostbelgien und Westfalen üblich. „Hecker oder Hickser wird vor allem im zentralschwäbischen Raum verwendet“, so die Autoren. In der deutschsprachigen Schweiz ist „Hitzgi“ am weitesten verbreitet, eine weitere Variante ist „Gluggsi“. Das in Österreich gebräuchlichste Wort ist „Schnackerl“.

Viertel nach zehn oder viertel elf?

10.15 Uhr ist nicht gleich 10.15 Uhr. Das kommt nämlich ganz darauf an, wo man unterwegs ist: „So sagt man für ‚10.15 Uhr‘ im Nordwesten und Südosten Deutschlands, in Ostbelgien, Luxemburg, im südlichen Teil Bayerns sowie im Westen Österreichs (zum Teil auch in Oberösterreich) und in Südtirol ‚Viertel nach zehn‘“, schreibt das Autorenteam. In einem breiten Streifen dazwischen sowie im Osten Österreichs und in Kärnten sei dagegen „viertel elf“ üblich. In der Deutschschweiz heißt es „viertel ab zehn“ und im größten Teil Oberösterreichs „viertel über zehn“.

Frikadelle, Bulette oder Fleischpflanzerl?

Für viele ist sie eine Köstlichkeit, aber auf einen Namen für die Leibspeise können sich die Deutschen offensichtlich nicht einigen: Im Nordwesten von Deutschland, zwischen Schleswig-Holstein und Rheinland-Pfalz sowie der Kurpfalz spricht man von der „Frikadelle“. In Berlin, Brandenburg, Vorpommern und in Sachsen heißt das beliebte Gericht dagegen meist „Bulette“. Eine Gemeinsamkeit beider Wörter: Sie stammen aus dem Französischen.

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Frikadelle, Bulette, Klops oder Fleischpflanzerl? Manche Wörter verraten die eigene Herkunft sofort.

Insbesondere in Mecklenburg, Sachsen-Anhalt und Thüringen kommt dagegen ein „Klops“ auf den Teller. In Baden-Württemberg außer der Kurpfalz, Bayerisch-Schwaben und in Franken heißt es meistens „Fleischküchle“, im restlichen Bayern „Fleischpflanzl“ oder „Fleischpflanzerl“. Die Österreicher bestellen „Fleischlaiberl“ oder „Fleischlaberl“, die Schweizer überwiegend „Hacktätschli“.

Quatschen, schnacken oder ratschen?

Miteinander reden über dies und das: Nennen Sie diesen Zeitvertreib „Quatschen“, kommen Sie wahrscheinlich aus der Mitte von Deutschland. Von der Oder bis fast zur Maas ist dieser Begriff geläufig. „In den nördlichsten deutschen Bundesländern konkurrieren die Wörter ‚klönen‘ und ‚schnacken‘“. ‚Schwätzen‘ heißt es dagegen im Südwesten von Deutschland sowie in Luxemburg. In Bayerisch-Schwaben, Bayern, Tirol, Salzburg, Kärnten, den westlichen Regionen von Oberösterreich und der Steiermark, sowie Südtirol einigt man sich auf „ratschen“. Im Westen Deutschlands seien die Verhältnisse nicht so klar, so die Autoren: Dort existiere neben ‚quatschen‘, ‚schwätzen‘ und ‚ratschen‘ auch ‚babbeln‘, das typisch für Teile der Pfalz und Hessens sei.

Zehnerle oder Groschen?

Ein Zehn-Cent-Stück hat überall denselben Wert, aber nicht denselben Namen. Nördlich des Mains spricht man in der Regel explizit von „10 Cent“ oder vom „10-Cent-Stück“. Im Moselraum, in Sachsen, Thüringen und Sachsen-Anhalt ist die Bezeichnung „Groschen“ geläufig, die vom spätlateinischen „Denarius grossus“ („Dicker Denar“) stammt und im Spätmittelalter eine Silbermünze mit größerem Wert bezeichnete.

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Cover von „Grüezi, Moin, Servus! Wie wir wo sprechen".

Südlich des Mains herrschen fast überall Verkleinerungsformen von „Zehner“ vor: in Franken „Zehnerla“, in Baden, Schwaben, Tirol und Kärnten „Zehnerle“, im übrigen Österreich und Bayern „Zehnerl“ und in der Schweiz „Zehnerli“ oder „Zähni“.

Portemonnaie oder Geldbeutel?

Im Süden von Deutschland trägt man einen „Geldbeutel“ bei sich: Der Begriff ist in Bayern und Baden-Württemberg gebräuchlich, „in der Mitte Deutschlands aber nur noch bis hinauf ins Saarland sowie in Gebieten in Rheinland-Pfalz und Hessen“, so die Autoren. In der Nordhälfte Deutschlands, in Ostbelgien und Luxemburg sowie in der Schweiz werde normalerweise „Portemonnaie“ verwendet, in eingedeutschter Schreibweise „Portmonee“.

Dabei handele es sich um ein relativ junges Lehnwort aus dem Französischen, das sich aus „porter“ („tragen“) und „monnaie“ („Münze, Geld“) zusammensetze. In Österreich spricht man dagegen von der „Geldtasche“, der „Brieftasche“ oder der „Geldbörse“. (rer)

Adrian Leemann, Stephan Elspaß, Robert Möller und Timo Grossenbacher: Grüezi, Moin, Servus! Wie sir wo sprechen, 176 Seiten, 76 Karten, Rowohlt Verlag, 9,99 Euro.

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