„Abkassierbremse“Muss ich überzogene Strom- und Gasabschläge überhaupt zahlen?

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Nur in einer Wohnung eines Hochhauses brennt am frühen Morgen Licht.

Die Strom- und Gaspreise steigen. Doch sind überzogene Preiserhöhungen bald illegal?

Die Bundesregierung will Preiserhöhungen bei Strom und Gas unter bestimmten Bedingungen verbieten. Warum Verbraucher jetzt hoffen können, dass sie bald Geld zurückbekommen. Und warum sie trotzdem erstmal abwarten sollten. 

Viele Menschen haben in den letzten Wochen unerfreuliche Post von ihren Strom- und Gasanbietern bekommen. Aufgrund der Energiekreise steigen die Preise enorm, viele Verbraucher müssen deswegen ab dem nächsten Jahr teils deutlich höhere Abschläge zahlen. Nun will die Bundesregierung gegen Missbrauch bei Preiserhöhungen vorgehen. Bis Ende 2023 sollen steigende Preise verboten werden, die sich nicht durch höhere Beschaffungskosten rechtfertigen lassen.

Dafür soll eine Missbrauchsklausel sorgen, die im Gesetz zur Strom- und Gaspreisbremse installiert werden soll. Laut den Entwürfen sollen die Preisbremsen ab März gelten, allerdings ist auch eine rückwirkende Entlastung ab Januar vorgesehen. Eine Grundmenge von 80 Prozent des bisherigen Verbrauchs soll auf 12 Cent pro Kilowattstunde für Gas und 40 Cent für Strom gedeckelt werden, der restliche Verbrauch soll zu marktüblichen Preisen gezahlt werden.

Um zu verhindern, dass Versorger die Preisbremsen ausnutzen, sollen im gesamten Jahr 2023 Preiserhöhungen verboten sein, die nicht „sachlich gerechtfertigt“ seien. Prüfen soll dies das Bundeskartellamt.

Viele Versorger haben ihre Preise allerdings schon längst erhöht, oder Preisanstiege angekündigt. Laut dem Vergleichsportal Check24 stiegen die Preise für Strom seit Oktober in 10,8 Millionen Haushalten um durchschnittlich 54 Prozent. Bei den Gaspreisen zeigt sich ein ähnliches Bild: Seit Oktober seien fünf Millionen Haushalte von Preiserhöhungen um durchschnittlich 54,3 Prozent betroffen. Sind diese Preiserhöhungen nun alle illegal?

Verbraucher sollten erstmal abwarten

Nicht unbedingt, sagt Udo Sieverding, Energieexperte bei der Verbraucherzentrale NRW. Einen Generalverdacht gegenüber der Branche halte er für „nicht nachvollziehbar und für die Stimmung in der Gesellschaft und in den Kundencentern der Versorger für nicht hilfreich.“ Zuvor hatte die Bild-Zeitung in einem Bericht behauptet, Preiserhöhungen für 2023 seien generell verboten.

Verbrauchern empfiehlt Sieverding vorerst abzuwarten. „Wir gehen davon aus, dass bei festgestelltem Missbrauch die Kunden die überhöhten Energiepreise automatisch erstattet bekommen.“

Daher sei es „bei derzeitiger Nachrichtenlage“ nicht empfehlenswert, als Kunde Einspruch gegen steigende Preise einzulegen. „Diese Bürokratie sollten wir den Kunden und Versorgern ersparen. Eine Klarstellung im laufenden Gesetzgebungsverfahren wäre daher hilfreich.“

Hoffen auf Bundeskartellamt

Dass einige Unternehmen die aktuelle Lage ausnutzen könnten, zweifelt Sieverding allerdings nicht an. „Der Verdacht liegt nahe, dass einige Energieversorgungsunternehmen die Preisbremse und die damit verbundene Wettbewerbshemmung ab Januar nutzen, um überzogene Preiserhöhungen durchzusetzen.“

Deswegen begrüßt er die geplante Missbrauchsklausel: „Bei vielen Stromtarifen sehen wir Erklärungsbedarf zur Preiserhöhung, der sich bei Tarifen um 50 Cent oder höher pro Kilowattstunde erhärtet. Wir hoffen, dass das Bundeskartellamt ausreichende Kapazitäten hat, um hier aktiv zu werden und im ein oder anderen Fall sicherlich auch überzogene Risikomargen festzustellen.“

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