Kölner Meteorologe erklärtWie wahrscheinlich sind Gewitter in Köln und der Region?

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Hinter dem Kirchturm der Kirche "Zur heiligen Familie“i n Köln schlägt ein Blitz ein.

Blitz über Köln: Im Sommer kommt es deutlich häufiger dazu als im Winter. (Archivbild)

Gewitter entstehen im Sommer oft plötzlich. Was genau passiert, wenn es blitzt und donnert und wie wahrscheinlich Sommergewitter in Köln sind.

Tagelang Hitze, kaum eine Wolke am Himmel. Und dann kracht es auf einmal. Ein Gewitter unterbricht abrupt die strahlende Sommersonne. Immerhin mal ein bisschen Abkühlung. Doch stimmt das überhaupt? Wo kommt das Gewitter so plötzlich her? Und warum gewittert es im Sommer so oft? Dr. Bernhard Pospichal, Meteorologe an der Universität zu Köln, erklärt das Wetterphänomen.

Wie entsteht überhaupt ein Gewitter?

Damit aus einer harmlosen Wolke eine Gewitterwolke wird, braucht es viele Faktoren. Die Luft muss sich stark erwärmen und viel verdunstendes Wasser speichern. „Weil kalte Luft schwerer ist als warme, steigt die warme Luft auf. Wie über einem Kochtopf“, erklärt Pospichal. Je schneller das passiert, desto wahrscheinlicher wird ein Gewitter.

Und je größer die Temperaturunterschiede in der Luft sind, desto höher kann die sich bildende Wolke werden. „Solange genug warme Luft von unten nachströmt, können die Wolken immer weiter wachsen, bis zu zehn, zwölf Kilometer hoch. Innerhalb kürzester Zeit, das können ein bis zwei Stunden sein, wird eine harmlose Schäfchenwolke dann zu einer Gewitterwolke.“

Und wie kommt es zu Blitz und Donner?

Ragt eine Wolke so weit in die Höhe, sind die Temperaturen darin sehr unterschiedlich. „In den obersten Schichten können Temperaturen von minus 60 Grad herrschen“, so Pospichal. Dort bilden sich kleine, leichte Eisteilchen, die positiv geladen sind. Im Keller der Wolke befinden sich die schwereren Wassertröpfchen, die eine negative Ladung haben. Der Erdboden wiederum ist positiv geladen. Durch diese Ladungstrennungen entstehen Spannungen, die werden ausgeglichen durch Blitze. Das passiert sowohl zwischen oder innerhalb von Wolken durch Wolkenblitze als auch zwischen Wolken und dem Boden durch Erdblitze. Wolkenblitze treten deutlich häufiger auf als Erdblitze.

Sobald es blitzt, wird die Luft schlagartig erhitzt. Dadurch dehnt sie sich rund um den Blitz schnell aus, es entsteht eine Druckwelle. Die nehmen unsere Ohren als lauten Knall wahr – ähnlich wie beim Durchbrechen einer Schallmauer durch ein Flugzeug.

Warum kommt es im Sommer so oft zu Gewittern?

Auch im Winter entstehen Gewitter, zum Beispiel durch eine schnell heranrückende Kaltfront. „Auch da kann die wärmere Luft am Boden mal sehr schnell aufsteigen, wodurch sich Gewitterwolken bilden können“, sagt Pospichal. Allerdings ist die Luft im Winter kälter, kann also nicht so viel Wasser auf dem Weg nach oben mitnehmen.

Die überwiegende Mehrheit der Gewitter gibt es im Sommerhalbjahr. „Zwischen Mai und August, und auch noch etwas in den September hinein“, weiß Pospichal. Die Sonne sorgt in Form von Hitze für viel Energie in der Luft. Die kann viel Feuchtigkeit speichern und schnell aufsteigen – die Grundlage für ein Gewitter.

Wie wahrscheinlich sind Gewitter in Köln und der Region?

In Deutschland gewittert es am häufigsten im Süden, „vor den Alpen“, weiß Pospichal. „Im Flachland gibt es grundsätzlich weniger Gewitter.“ Denn an Bergen und Hügeln kann die warme Luft einfacher und schneller aufsteigen. In Köln sind die Erhebungen eher übersichtlich.

Eine langjährige Beobachtung des Blitz-Informationsdiensts von Siemens kam für Köln zwischen 1999 und 2011 auf jährlich 2,67 bis 3,12 Erdblitze pro Quadratkilometer. Zum Vergleich: In Hamburg waren es zwischen 1,33 und 1,87, in München 3,67 bis 4,84. Auch abseits der großen Städte lässt sich zwischen Nord- und Süddeutschland ein deutlicher Unterschied erkennen.

Im Kölner Umland weichen die Zahlen zwar kaum ab, trotzdem gewittert es laut Pospichal im Bergischen oder in der Eifel etwas häufiger. Und: „Viele Gewitter in Köln kommen von dort. Die bilden sich selten direkt über Köln.“

Zu welcher Tageszeit sind Gewitter im Sommer am wahrscheinlichsten?

Die meisten Gewitter bilden und entladen sich nachmittags oder abends, nur ganz selten treten Gewitter morgens auf. „Die Energie, die für eine Gewitterwolke notwendig ist, muss sich erst aufbauen.“ Kommt es doch mal am Morgen zu einem Gewitter, ist das „an großräumige Wetterlagen geknüpft“, zum Beispiel eine Kaltfront, sagt Pospichal.

Warum sind die Vorhersagen zu Gewittern oft vage oder ungenau?

Vorhersagen lässt sich die Wahrscheinlichkeit für Gewitter. Wo es dann aber tatsächlich blitzt und donnert, „ist im Einzelfall sehr schwierig vorherzusagen, weil da viele Zufälligkeiten in der Atmosphäre mitspielen“, so Pospichal. „Am Tag vorher kann ich nur sagen: Morgen gibt es eine hohe Gewitterwahrscheinlichkeit. Aber ich kann nicht sagen, wo genau es gewittern wird.“ Mit besseren Vorhersagemodellen wäre hier mehr möglich, sagt Pospichal. „Da ist auch noch Potenzial vorhanden“, beispielsweise durch neue Satelliten.

Wie können Laien im Sommer erkennen, dass ein Gewitter kurz bevorsteht?

Je kürzer die Zeit bis zum ersten Donner, desto besser lässt es sich vorhersagen. Auch für Laien. Wenn sich innerhalb einer halben Stunde eine hohe, dunkle Wolke vor den strahlenden Sonnenschein schiebt, „dann sollte man das schon mal als Warnsignal wahrnehmen“, sagt Pospichal. „Es kann dann immer noch sein, dass das Gewitter vorbeizieht. Aber da könnte etwas kommen.“

Auch plötzlich auftretender, kühler Wind ist ein Anzeichen. Der Wind an Sommertagen ist für gewöhnlich schwach, der Volksmund spricht nicht umsonst von „stehender Luft“. Das in der Gewitterwolke gespeicherte Wasser kühlt die benachbarte Luft ab. Die wird also schwerer, sinkt zu Boden und bewegt sich dort seitlich von der Gewitterzelle weg, um Platz für nachströmende Luft zu schaffen. Es kommt zu Böen. Die können auch schon vor dem Niederschlag auftreten.

Am einen Ende Kölns gewittert es heftig, am anderen scheint gleichzeitig die Sonne. Wie kommt es dazu?

Weil für ein Gewitter viele Faktoren zusammenspielen müssen, können Blitz und Donner manchmal lokal sehr begrenzt auftreten. „Rechtsrheinisch kann es ein heftiges Gewitter geben, während es linksrheinisch trocken ist und sogar die Sonne scheint“, sagt Pospichal.

Manchmal regnet es gar nicht, obwohl es blitzt und donnert. Wie kann das sein?

Nicht immer sorgen Gewitter für Starkregen, manchmal bleibt es auch komplett trocken – mag man meinen. Tatsächlich regnet es schon, die Wassertropfen schaffen es nur nicht bis zum Boden. „Es kann lokal so wenig Regen fallen, dass der auf dem Weg zum Boden wieder verdunstet“, sagt Pospichal. Vergleichsweise trockene Luftschichten können die Wassertröpfchen wieder aufnehmen. „Es kann also sein, dass an dem Ort, an dem gerade ein Blitz war, kein Regen auf den Boden fällt.“

Sorgt ein Gewitter dafür, dass es in den Tagen danach etwas kühler wird?

„Endlich Abkühlung“, werden sich einige angesichts eines Sommergewitters an heißen Tagen denken. Und kurzfristig führten Gewitter auch zu einer Abkühlung, das sei allerdings nicht immer von langer Dauer, erklärt Pospichal. Ob es sich nach dem Gewitter abkühlt, hänge von der Wetterlage ab. Soll es heiß bleiben, wird die Luft sogar noch drückender, weil das Gewitter die Feuchtigkeit zurück in die unteren Luftschichten abgibt. Und so auch das Potenzial für weitere Gewitter erhöht.

Entsteht ein Gewitter jedoch durch eine Kaltfront, „dann herrscht am nächsten Tag meist kühleres Wetter und es sind deutlich angenehmere Bedingungen“, sagt Pospichal. Das liegt dann allerdings in erster Linie an der Kaltfront und nicht an dem Gewitter.

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