„Das war unmenschlich“Euskirchener nahm am härtesten Katamaran-Rennen der Welt teil

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Nachdem die Wunden an seinen Händen versorgt waren, hatte André Hauschke auch wieder gut lachen.

Nachdem die Wunden an seinen Händen versorgt waren, hatte André Hauschke auch wieder gut lachen.

Euskirchen – Die Schmerzen sind noch da, die Lust aufs Wasser aber auch. Der Euskirchener Multisportler André Hauschke hat am Worrell 1000, einem 1000 Meilen langen Katamaran-Rennen von Florida nach Virginia, dessen Motto „Iron Men, Plastic Boats“ lautet, teilgenommen. 112:04:22 Stunden hat er mit seinem Partner Stefan Rumpf als Team „Way of Life“ für die elf Etappen gebraucht. Eigentlich wären es zwölf gewesen, doch das Wetter hat an einem Tag nicht mitgespielt.

„Das war unmenschlich“, erzählt Hauschke in seinem „Heimathafen“ am Zülpicher See. An Vatertag war er aber schon wieder auf dem Wasser, obwohl die Hüfte und der Rücken noch schmerzten und auch die Wunden an den Händen noch nicht verheilt waren. „Du segelst in den Schmerz hinein, aber wenn du lockerlässt, kenterst du“, erklärt er. Seit dem ersten Renntag des Worrell 1000 ist sein linker Fuß taub. 150 Kilometer hatte er in den Seilen gehangen und sich mit dem Fuß abgestützt. „Dabei habe ich mir einen Nerv beschädigt“, berichtet er. Ansonsten sei er so fit wie nie, Bauch und Rücken hart wie ein Brett. Hauschke spricht scherzhaft von „Sail-Planking als neuer Sportart“.

19 Stunden auf dem Wasser

Mittlerweile hat er sein Lachen wiedergewonnen. Hat man das Rennen auf seiner Facebook-Seite verfolgt, sah man auch einen anderen André Hauschke. Einen, der am Rande der Erschöpfung stand. Gleich zwei Etappen dauerten mehr als 19 Stunden. Da segelt man in der Nacht – als ob die Weite des Atlantiks nicht schon Herausforderung genug wäre. Hauschke vergleicht das Rennen mit einer Foltermethode: „Du hängst über dem Wasser, siehst jede Welle auf dich zukommen, und jede klatscht dir ins Gesicht. Das war wie Waterboarding.“

Der Atlantische Ozean, so weit das Auge reicht.

Der Atlantische Ozean, so weit das Auge reicht.

Er gibt zu: „Vielleicht habe ich das Rennen im Vorfeld zu leicht genommen und unterschätzt.“ Aber wer Hauschke kennt, weiß, dass es für ihn kein Aufgeben gibt. Er vergleicht die Herausforderung mit einer Bergbesteigung, wenn man den Gipfel erklimmen will und ein Wetterumschwung droht: „Da weißt du: Wenn du jetzt sitzen bleibst, stirbst du.“

Ständig im Grenzbereich

Die Voraussetzungen waren nicht die allerbesten. Erst zwei Tage vor Rennstart haben er und Rumpf das Boot aus der Werft erhalten. Eine Abstimmung mit dem 42-Quadratmeter-Katamaran war nicht möglich. Dabei ist das wichtig, denn man befindet sich ständig im Grenzbereich.

Worrell-Wellness: Die Füße im Kochtopf, die Hände aufgeplatzt.

Worrell-Wellness: Die Füße im Kochtopf, die Hände aufgeplatzt.

Wie gefährlich das Rennen ist, wie groß die Kraft der Naturgewalten, hat er gemerkt, als bei einem der anderen zwölf Boote ein Mann über Bord ging. „Da kam bei mir die Bergführermentalität durch, und wir haben sofort bei der Suche geholfen“, so Hauschke. Gefunden wurde der Gekenterte von der Küstenwache, er war unversehrt.

Spielball der Natur

Für Hauschke war das Worrell 1000 mit das Härteste, was er je erlebt hat. Das lag auch an der Dauer der Extreme. Spricht er sonst von extremen Momenten, etwa bei seinen Bergtouren, sei man nun über Stunden auf dem Katamaran ein Spielball der Natur gewesen – etwa als man mit sechs Meter hohen, extrem steilen Wellen zu kämpfen hatte, die das Boot erst bis nach oben befördern, um es dann aus sechs Metern Höhe auf die Wasseroberfläche stürzen zu lassen. „Segeln bei Starkwind fordert mehr als Surfen bei Orkan“, fasst er es zusammen.

Zurück im Heimathafen am Zülpicher See und auf seinem geliebten Hobie: André Hauschke.

Zurück im Heimathafen am Zülpicher See und auf seinem geliebten Hobie: André Hauschke.

Und dann gab es da ja noch die tierischen Begegnungen. „Du entscheidest zwischen guter und schlechter Flosse“, sagt er. Die „guten“ gehören Delfinen oder sogar einem Orca – denn, wie er während des Rennens gelernt hat, Orcas beißen nicht. Aber die „schlechten Flossen“ gab es auch. Als er wieder einmal nur Zentimeter über der Wasseroberfläche hing, tauchte ein Hai unter ihm auf. „Ich sehe die schwarzen Augen, das Maul und denke mir nur: Guck’ nicht nach oben und denk’ nicht, dass über dir was Interessantes ist.“ Der 58-jährige Finanzberater, der bei MLP in Koblenz tätig ist, habe sich da gefühlt wie ein Köder beim Fliegenfischen.

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Doch würde er das Abenteuer Worrell 1000 noch einmal wagen? Abstreiten kann André Hauschke das nicht: „Auf jeden Fall würde ich es nie wieder tun, ohne vorher ein Jahr zusammen gefahren zu sein.“

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