Shoppen im alten SchulbusDie ersten Einzelhändler in Bad Münstereifel öffnen wieder

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Regale statt Sitzplätze: Miriam Nölkensmeier hat ihren Concept Store „Bottega“ in einen ehemaligen Schulbus verlagert.

Regale statt Sitzplätze: Miriam Nölkensmeier hat ihren Concept Store „Bottega“ in einen ehemaligen Schulbus verlagert.

Bad Münstereifel – Vor sechs Wochen noch hat niemand bei dem Anblick des großen Busses daran gedacht, hier bald Kleidung, Schuhe und allerlei Deko einkaufen zu können. Wobei niemand nicht ganz stimmt: Miriam Nölkensmeier (52) konnte es sich sofort vorstellen, in dem alten, ausrangierten Schulbus ihren Concept Store „Bottega“ einzurichten, nachdem die Flut im Juli ihr eigentliches Geschäft, mitten in der Bad Münstereifeler Innenstadt, komplett zerstört hat. „Ich habe ein bisschen recherchiert“, sagt Nölkensmeier. Dabei sei sie über Suchbegriffe wie „Mobiler Umbau“ zunächst auf Überseecontainer gestoßen.

Und irgendwann auf einen alten Bus. „Der war zu verrostet, den konnte ich nicht gebrauchen.“ Doch die Idee war geboren: „An dem Gestänge kann ich Kleidung aufhängen, und die große Fensterfront hat mich überzeugt“, so Nölkensmeier. Über den Mann ihrer Mitarbeiterin, der bei einem Busunternehmen in Gemünd arbeitet, ist sie an den alten Schulbus gekommen. „Der hatte sofort den passenden Bus im Kopf“, berichtet Nölkensmeier. Der hat den Bus auch zu seinem aktuellen Standort an der Hettner-Halle, gleich neben der alten B 51, gefahren.

Probleme mit Satzung der Stadt

Ursprünglich war die Idee, dass sich betroffene Einzelhändler aus Bad Münstereifel mit Containern, Tiny Houses oder Ähnlichem in die Hettner-Halle stellen – als Pop-up-Stores sozusagen. Die Idee wurde aber wieder verworfen, als die Innenstadt mit dem Klosterplatz oder der Marktstraße ins Spiel gebracht wurde. Doch dafür müsste erst die Satzung der Stadt geändert werden, berichtet Nölkensmeier. So dürften nur zu bestimmten Anlässen Buden oder Stände errichtet werden – oder nur vor den eigentlichen Geschäften der Inhaber.

Als Nölkensmeier das erfuhr, war es aber bereits zu spät: Den Bus hatte die Geschäftsfrau zu diesem Zeitpunkt schon und platzierte ihn doch noch an der Hettner-Halle – mit der Unterstützung einer Freundin. „Die Kunden sind fasziniert und begeistert. Die Unannehmlichkeiten stören sie gar nicht“, berichtet Nölkensmeier. So ist der Bus relativ eng, und von draußen wird bei nassem Wetter vermehrt Dreck mit ins Innere gebracht.

Sitze selbst abgeschraubt

Die Sitze hat die 52-Jährige mit ihrer Mitarbeiterin selbst abgeschraubt: „Das war harte Arbeit, aber ich bin stolz, dass wir es geschafft haben.“ Wie sie den Bus einrichten wollte, hatte sie schnell im Kopf und kurzerhand genaue Skizzen gefertigt, damit der Elektriker einen Kabelkanal für die Steckdosen ziehen konnte. „Die erhöhten Bereiche, wo die Sitze vorher standen, nutze ich für die Regale, auf den Radkästen liegen Felle“, so Nölkensmeier. Die Umkleidekabine ist aus einem alten Holzfensterladen von Nölkensmeiers Privathaus gefertigt. „Es war ein bisschen Kreativität gefordert“, gibt die Geschäftsfrau zu. Aktuell heizt ein kleines Elektrogerät, es sollen aber noch zwei Infrarotstrahler und eine kleine Heizung in den Bus eingebaut werden. „Es ist schon ein Herzensprojekt.“

Vor allem Stammkunden seien bisher gekommen. „Die kommen vor allem für die Seele“, sagt Nölkensmeier. Ihr ist aufgefallen, dass viele Kunden länger bleiben und sich Zeit lassen, die Gelegenheit nutzen, sich auszutauschen. Ihr Geschäft will Nölkensmeier wieder aufbauen. „Ich hoffe, dass ich das bis Sommer erledigt habe. Wahrscheinlich wird es aber eher Herbst.“ Für die Zukunft des Busses habe Nölkensmeier auch schon Ideen. Sie habe sonst auch drei Interessenten, die ihn gerne kaufen würden, berichtet Nölkensmeier. Verkaufen könne sie sich aber derzeit nicht vorstellen.

100 Tage nach der Flut wieder geöffnet

Wieder zurück im Laden ist dagegen Michaela Baum. Die 43-Jährige konnte ihr Geschäft „Frauenzimmer“ an der Johannisstraße genau 100 Tage nach der Flut wiedereröffnen. Das Hochwasser hatte alles zerstört, fast die ganze Einrichtung wurde bei der Flut weggeschwemmt. Groß umgebaut hat Baum aber nicht, nur wieder aufgebaut: „Wir hatten erst im Dezember renoviert.“ Der Wiederaufbau stand dennoch nie zur Diskussion. „Das ist auch unser Wohnzimmer“, so Baum.

Derzeit gebe es nicht viele, die durch die Stadt flanieren, berichtet Baum. Aber die, die in ihren Laden kommen, lassen sich mehr Zeit. „Ich finde es wichtig, auch in eine kaputte Stadt zu gehen. Hier leben ja Menschen.“ Das Frauenzimmer hat täglich von 10 bis 18 Uhr geöffnet.

Viel Unterstützung von Freundinnen und Freunden

Ähnlich geht es Friseurin Melanie Dederichs. „Wir haben Gas gegeben bei der Renovierung, auch dank des Vermieters“, sagt die Besitzerin des Salons „Illuminouz Hair“. „Hinten im Flur ist auch noch Baustelle, aber solange es vorne wieder geht, ist alles okay“, sagt Dederichs. Die Einrichtung hat sie von einer Freundin gebraucht übernommen. Auch sonst habe sie viel Unterstützung von Freunden erhalten.

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Viele der Kunden haben es noch nicht mitbekommen, dass Dederichs wieder geöffnet hat. Sie hofft aber, dass sich das schnell ändert. Da auch die Laufkundschaft noch fehle, habe sie zunächst nur montags bis freitags von 9 bis 17 Uhr geöffnet. „Im Dezember vielleicht auch wieder samstags“, sagt sie.

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