CDU-Kreisparteichef im Interview„Die SPD ist populistisch unterwegs“

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In der CDU-Kreisgeschäftsstelle sprach Detlef Seif über die Politik vor Ort.

In der CDU-Kreisgeschäftsstelle sprach Detlef Seif über die Politik vor Ort.

  • Vor zehn Jahren, als es in der CDU drunter und drüber ging, wurde Detlef Seif Kreisparteichef.
  • Wo steht die CDU heute? Wie steht es um die Politik in Kreis und Bund?
  • Im großen Interview sprach Michael Schwarz mit Detlef Seif.

Euskirchen – Herr Seif, vor zehn Jahren haben Sie den Vorsitz des CDU-Kreisverbandes übernommen. Die Partei befand sich damals in einem chaotischen Zustand. Inzwischen ist Ruhe eingekehrt. Haben Sie nicht das Gefühl, dass es inzwischen zu ruhig geworden ist?

Nein, für diese Art der Ruhe bin ich dankbar. Eine große Partei mit vielen Stadt- und Gemeindeverbänden hat immer das Potenzial für Auseinandersetzungen und Streitigkeiten. Das liegt in der Natur der Sache.

Das kann aber eine Partei auch lebendig machen.

Das stimmt. Es geht dabei auch um Ausgleich. Ein Kreisparteivorsitzender sollte Konflikte möglichst frühzeitig verhindern. Das klappt nicht immer, ist in den vergangenen Jahren aber ganz gut gelungen. Ich bin froh, dass wir die CDU nach 2009 wieder in ruhiges Fahrwasser haben bringen können.

War das nicht dringend nötig?

Ja, es gab ja nicht nur den Rücktritt von Clemens Pick. Es traten auch drei Kreistagsmitglieder aus der Fraktion aus und gründeten eine Unabhängige CDU. Es ist uns gelungen, zwei in die Fraktion zurückzuholen. Damals war nicht ausgeschlossen, dass die Partei auseinanderbricht.

Angesichts der Jungen Wilden Ramers, Schulte und Waasem in der SPD – kommt die CDU da nicht ein bisschen altbacken rüber?

Nein, wir haben einen anderen Arbeitsstil und sind auf der Sachebene unterwegs. Wir ermitteln zunächst die Sachverhalte, beraten im Ruhigen und gehen dann in die Öffentlichkeit. Die SPD geht mit unausgegorenen Sachen sofort in die Öffentlichkeit und ist populistisch unterwegs.

Beispiele?

Etwa die Kritik der SPD dazu, dass eine Batterie-Forschungseinrichtung nach Münster kommt und nicht nach Euskirchen. Die Vorturner in der SPD hatten hier Forschung und Produktion verwechselt. Oder in der Gülle-Problematik: Die SPD schreckte die Menschen mit der Nachricht auf, dass sich die Gülle-Transporte in den Kreis Euskirchen verdreizehnfacht hätten. Ich erwarte von einem Politiker, dass er die Sachverhalte sorgfältig ermittelt. Hier hat die SPD einfach nicht gesehen, dass sich die Ausbringung der Gülle aus den Niederlanden im Kreis Euskirchen nicht erhöht hatte. Vielmehr ist im Kreis Euskirchen ein Unternehmen ansässig, das mit Gülle handelt und sie nach Rheinland-Pfalz und in das gesamte Nordrhein-Westfalen liefert.

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Noch einmal zur CDU im Kreis Euskirchen: Was sagt es über deren Zukunftsfähigkeit aus, wenn die Senioren-Union als aktivster Teil in der Partei wahrgenommen wird?

Die Senioren-Union ist in der Tat ein Aktivposten. Wir haben nicht zu viele ältere Mitglieder, sondern zu wenige junge Mitglieder. Das ist eine offene Flanke, ein Thema für die gesamte Bundes-CDU. Es ist eine ganz wichtige Aufgabe, jüngere Menschen zu gewinnen. Gemeinsam mit der Jungen Union sind wir hier auf einem guten Weg.

Weder CDU noch SPD haben eine Frau als Bewerberin für die Landratskandidatur im Angebot. Wurmt Sie das im Falle der CDU?

Wichtig ist, dass eine Partei gute Rahmenbedingungen liefert, so dass eine Frau kandidieren kann. Auch für Frauen, die sich oft stark in Familie und Beruf einsetzen, muss es möglich sein, sich politisch zu engagieren. Da müssen wir noch deutlich nachbessern und werden gemeinsam mit der Frauen-Union Maßnahmen entwickeln. Man muss aber anerkennen, dass die CDU im Kreis Euskirchen bereits vorbildlich unterwegs ist.

Woran machen Sie das fest?

Wir haben bei der letzten Kommunalwahl erstmals zwei Bürgermeisterkandidatinnen aufgestellt – Sabine Preiser-Marian in Bad Münstereifel und Anna-Katharina Horst in Weilerswist –, die dann auch beide gewählt wurden. Eine davon ist uns inzwischen leider aus anderen Gründen abhanden gekommen. Wir haben mit Brigitte Joepen die Kreisgeschäftsführerin und mit Ute Stolz die Vorsitzende der CDU-Kreistagsfraktion. Die Möglichkeiten für eine Frau, sich als Landratskandidatin zu bewerben, waren gegeben. Das Verfahren wäre hierdurch bereichert worden.

Erneute Kandidaturen für Parteivorsitz und Bundestag

2009 war für Detlef Seif ein ganz wichtiges Jahr: Er wurde Vorsitzender des CDU-Kreisverbandes, der sich in einem chaotischen Zustand befand.

Landrat Günter Rosenke hatte im Januar die Kampfabstimmung um die Landratskandidatur gegen den damaligen Kreisverbandschef Clemens Pick verloren. Darauf verließ Rosenke die Partei und trat als Einzelkandidat an. Pick warf wenig später Landratskandidatur und Parteivorsitz hin – die CDU hatte keinen Landratskandidaten, Rosenke gewann die Wahl.

Im selben Jahr wurde Seif erstmals in den Bundestag gewählt. Wie er dieser Zeitung verriet, will er im Herbst erneut als Kreisparteichef kandidieren. Auch bei der nächsten Bundestagswahl wolle er wieder antreten. Seif (57) lebt mit seiner Familie in Weilerswist. (sch)

Beworben haben sich Johannes Winckler und George Tulbure, die sich der Wahl der Kreisparteimitglieder stellen. Haben Sie einen Favoriten?

Ich habe Präferenzen, behalte diese aber für mich. Als Parteivorsitzender habe ich für ein faires Verfahren zu sorgen.

Wer immer es wird, er muss sich noch kreisweit bekanntmachen. Fürchten Sie, dass SPD-Kandidat Markus Ramers einen Vorsprung hat?

Ramers hat einen Vorteil durch seine Präsens als stellvertretender Landrat. Aber ich sehe darin kein Problem für den CDU-Kandidaten. Im Wahlkampf werden wir zeigen, dass der CDU-Bewerber am besten für das Amt qualifiziert ist.

Wie oft haben Sie es bedauert, dass Landrat Günter Rosenke 2009 die CDU verlassen hat?

Bedauern ist nicht der richtige Ausdruck. Das ganze Verfahren damals war höchst unglücklich. Es haben viele ihren Anteil daran gehabt, dass es zu einer Gegenkandidatur zu Rosenke gekommen ist, er selbst auch. Es ist sehr schade. Günter Rosenke ist zwar aus der CDU ausgetreten, aber er ist Christdemokrat. Das ist wie bei einem Gläubigen, der aus der Kirche ausgetreten ist. Alles, was er politisch macht, ist mit der CDU-Programmatik kompatibel.

Ist er ein guter Landrat?

Ja. Unter dem Strich leistet er gute Arbeit.

Seine schärfsten Kritiker sitzen aber in der CDU-Kreistagsfraktion.

Das liegt an der Rollenverteilung und hat auch mit einzelnen handelnden Personen zu tun. Das ändert nichts daran, dass Rosenke in der Gesamtbilanz gute Arbeit abgeliefert hat: im repräsentativen Bereich, aber auch inhaltlich, zum Beispiel beim schnellen Internet.

Wie groß ist der Druck für die CDU, die seit Jahrzehnten stärkste politische Kraft im Kreis ist, nach zwei verlorenen Landratswahlen 2020 wieder den Landrat zu stellen?

Natürlich wollen wir als die stärkste politische Kraft im Kreis Euskirchen wieder den Landrat stellen. Bei den vergangenen Wahlen hat der Amtsbonus Rosenkes eine große Rolle gespielt. Ein Großteil der Bevölkerung hat seine Nichtaufstellung 2009 als unfair bewertet. Günter Rosenke tritt jetzt nicht mehr an, die Karten werden neu gemischt, deshalb sind die Wahlaussichten für die CDU sehr gut.

Können Sie sich eine Fortsetzung der Großen Koalition im Kreistag nach der Wahl vorstellen?

Es ist ein offenes Geheimnis, dass ich kein Freund einer Verbindung mit der SPD bin. Nach der Wahl werden wir dennoch mit allen möglichen Partnern Gespräche führen.

Sollte danach ein Kreisparteitag entscheiden?

Ja, unbedingt.

Im nächsten Kreistag wird voraussichtlich eine AfD-Fraktion sein. Wäre sie auch ein Gesprächspartner für Sie?

Nein. Die Linke auch nicht.

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