Erfahrungen nach der FlutKreis Euskirchen startet Kampagne zum Bevölkerungsschutz

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Die Selbsthilfefähigkeit der Menschen war nach der Flut enorm. Auf dieses Pfund setzt der Kreis auch bei kommenden Krisen.

Kreis Euskirchen – Einen Tag nach der Flut liefen im gesamten Kreis unzählige Notstromaggregate. Mithilfe von Campingkochern wurden mitunter ganze Straßen mit Essen versorgt. An Powerbanks wurden Handys geladen und die Nachbarschaften von Schleiden bis Metternich halfen sich mit Batterien für Taschenlampen aus. Die gegenseitige Unterstützung war enorm. Die Selbsthilfefähigkeit der Region auch.

Resilienz nennen die Fachleute das. Wenn es beispielsweise der Gesellschaft gelingt, sich an Ereignisse anzupassen oder ihnen gar zu widerstehen. Die Resilienz und die Selbsthilfefähigkeit sind zwei wichtige Säulen innerhalb des Bevölkerungsschutzes.

Im Kreis Euskirchen Jahr des Bevölkerungsschutzes ausgerufen

Um diese Säulen zu stärken, hat Landrat Markus Ramers im Nachgang des Hochwassers das Jahr des Bevölkerungsschutzes ausgerufen. Ab dem 1. August geht der Kreis Euskirchen nun endgültig in die Offensive. An diesem Montag startet die neue Kampagne rund um den Bevölkerungsschutz in den Sozialen Netzwerken Instagram und Facebook.

Verantwortlich für die Kampagne, die die Bürger weiter für die eigene Notfallvorsorge sensibilisieren soll, ist Mona Noé. Die 27 Jahre alte Gemünderin arbeitet seit zwei Monaten beim Kreis. Zuvor hat sie Politik, Verwaltungswissenschaft und Philosophie studiert – und die Flut in Gemünd am eigenen Leib mitbekommen.

Seitdem hat die Eifelerin einiges an Fachlektüre gewälzt. Und sich noch mehr Gedanken über eine Kampagne gemacht, die es so im Kreishaus noch nicht gegeben hat. Herausgekommen ist ein eigener Slogan „Wir für Euch! Ihr für Euch! Ihr mit Uns!“

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Diverse Posts mit Wiedererkennungswert sollen den Menschen im Kreis Euskirchen die Notfallvorsorge und Selbsthilfefähigkeit näherbringen. Und gleichzeitig Werbung für das Bürgerfest am Sonntag, 21. August, am Kreishaus machen. Denn auch da wird der Bevölkerungsschutz mit all seinen Facetten im Fokus stehen.

„Weil wir die Fluterfahrung haben, stimmt es mich zuversichtlich, dass in Krisen und Katastrophen Menschen wieder über sich hinauswachsen. Das haben wir beim Hochwasser eindrucksvoll erlebt“, so Noé: „Dass der soziale Frieden auseinanderbricht, ist im Flutgebiet nicht passiert. Im Gegenteil. Die Leute sind füreinander einkaufen gefahren, haben sich unterstützt.“

Beim flächendeckenden Stromausfall wird das Einkaufen schwierig

Ein flächendeckender Stromausfall in Deutschland oder gar Europa hätte wahrscheinlich andere Konsequenzen – auch im sozialen Zusammenhalt, weil Einkaufen beispielsweise nicht mehr möglich ist, wenn sich die elektrisch funktionierenden Eingangstüren nicht öffnen lassen. Weil Lebensmittel zur Neige gehen, wenn Lieferketten nicht mehr funktionieren.

Eine Powerbank zum Laden des Handys gehört nach Angaben des Kreises zu den wichtigsten Dingen, die man für den Fall einer Krise zu Hause haben sollte. Doch braucht der Stromspeicher nach einer Zeit selbst wieder Strom. Entsprechend gibt es Powerbanks, die über ein Solarpanel aufgeladen werden können. Oder gar mit einer Kurbel. Kostenpunkt: etwa 40 Euro.

Bis zu 4000 Euro kosten Powerbanks, die mit Sonnenlicht geladen werden können und die Leistungsfähigkeit eines Notstromaggregats haben. Wer lieber auf ein Notstromaggregat setzen möchte, das mit Diesel und oder Benzin betrieben wird, sollte auf die Leistungsfähigkeit achten. Eine Leistungsfähigkeit von etwa 3500 Watt ist zu empfehlen, damit der Anlaufstrom der Geräte erzeugt werden kann: Kostenpunkt: etwa 600 Euro.

In der heutigen Zeit kann ein Radio mit Kurbel auch ein Universalhilfsmittel sein. Es gibt Radios mit Kurbel, die sind gleichzeitig auch Taschenlampe und Powerbank. Zudem wird es mitunter mithilfe von Sonne geladen. Manches Radio hat eine eingebaute SOS-Funktion. Kostenpunkt: ab 65 Euro.

„Ein flächendeckender Stromausfall ist weiterhin ein sehr unwahrscheinliches Szenario“, sagt Julia Baron, Leiterin des Krisenstabs sowie des Geschäftsbereich Recht und Ordnung beim Kreis: „Aber bei uns im Kreis Euskirchen ist in solches Szenario nicht mehr nur Theorie, weil wir den Stromausfall bei der Flut erlebt haben.“

Mit Hochwasserbroschüre hat der Kreis Euskirchen ersten Schritt getan

Sie sei deshalb zuversichtlich, dass der Kreis schon jetzt ein gutes Stück resilienter ist als andere Regionen in Deutschland. Mit der Hochwasserbroschüre, die der Kreis vor wenigen Wochen veröffentlicht hat, machte die Verwaltung einen ersten Schritt, um den Menschen etwas in die Hand zu geben – in Form von Checklisten. Eine solche Checkliste mit Dingen, die jeder für zehn Tage im Fall einer Katastrophe Zuhause haben sollte, hat auch das Bundesamt für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe veröffentlicht.

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Diese Dinge sollte man für den Notfall Zuhause haben.

Hier können Sie die Liste zum Ausdrucken herunterladen

Auch das Deutsche Rote Kreuz hat eine Kampagne zur Selbsthilfefähigkeit initiiert. „Es kann gar nicht genug Infomaterial geben“, sagt Noé, die mit der Abteilung Gefahrenabwehr den Austausch mit den unterschiedlichen Hilfsorganisationen sucht.

Über Instagram und Facebook geben Experten jetzt abends Tipps

In den kommenden Wochen steht vor allem der Austausch mit den Followern der Instagram- und Facebookseite des Kreises auf dem Programm. 17 000 Menschen haben die Kreisverwaltung allein bei Facebook geliked, bei Instagram sind es etwa 9000. Veröffentlicht werden sollen die Posts am Abend, mit Bildern und Emoticons illustriert.

„Es bringt nichts, eine Fachlektüre gestückelt auf Instagram hochzuladen. Das liest sich keiner durch“, so Noé: „Deshalb sollen die Infos so aufgelockert werden, dass man sie leicht und verständlich konsumieren kann. Eben eine klassische Social-Media-Kampagne.“

Es soll aber nur bei der Social-Media-Kampagne bleiben. So sind laut Noé Veranstaltungen geplant, auf denen möglichst niedrigschwellig Informationen und praktische Tipps vermittelt werden sollen. „Wir als Kreisverwaltung haben dabei vor allem aber koordinierende Aufgaben“, sagt Baron.

Und eine eigene Website, auf der der Kreis alle Infos rund um den Bevölkerungsschutz zusammenstellen will, sei auch in Planung, so die 27-Jährige.

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