Steinbrüche in KallAnlieger wollen Lkw-Verkehr von Steinbruch nicht dulden
Kall-Rinnen – Die Fronten sind verhärtet: Der frühere Ratsherr Lothar Maevis, Ortsvorsteher von Rinnen und jetzt für die FDP sachkundiger Bürger im Bauausschuss, und Karl Linder, ehemaliger Gemeindedirektor von Vettweiß, erheben schwere Vorwürfe gegen die Gemeinde Kall und den Kreis Euskirchen. Es geht um einen 1960 bei der Flurbereinigung als Holzabfuhrweg klassifizierten Weg. Linder und Maevis' Sohn sind als Grundstückseigner Anlieger. Doch seit Jahrzehnten werde dieser Weg von schweren Lkw befahren. Pro Tag seien es bis zu 120 Fahrzeuge, klagen beide.
Schotter vom Steinbruchbetrieb Weiss, der den Steinbruch „Taubenberg Nord“ gepachtet habe, werde „regelmäßig und rechtswidrig“ zur K 60 transportiert. Das Abbaugebiet gehörte der früheren Firma Lafarge, deren Nachfolger die Firma Opterra ist.
Die Gemeinde, der Kreis und die Firma Weiss hingegen können die Argumente der Beschwerdeführer nicht verstehen. Kalls Bürgermeister Herbert Radermacher vermutet gar, dass private Animositäten der Grund dafür seien.
Doch Maevis sagt: „Das sind alles öffentliche Wege. Sie werden aber so behandelt, als ob sie zu den Steinbrüchen gehörten. Aus Unterlagen, die uns der Kreis zur Verfügung gestellt hat, geht eindeutig hervor, dass aus dem Areal Taubenberg kein Abbau- bzw. Verfüllmaterial über die besagten Holzabfuhrwege transportiert werden darf.“ Dafür dürfe lediglich der Rohrbandförderer des Zementwerks Sötenich aus dem Abbaugebiet Taubenberg genutzt werden. Linder ist der Ansicht, dass die Gemeinde Kall die derzeitige Nutzung nicht hätte zulassen dürfen, jedenfalls nicht ohne Erlass einer Satzung. Es habe zu keinem Zeitpunkt entsprechende Ratsbeschlüsse gegeben. Radermacher und Achim Blindert vom Kreis Euskirchen setzten sich „mit Selbstherrlichkeit“ über Flurbereinigungs-, Umweltschutz-, Landschafts-, Feld- und Forstgesetz, Landschaftsplan und Eigentumsrechte hinweg. Durch den Steinbruchbetrieb würden andere Anlieger des Weges auf unrechtmäßige Weise in ihrer Nutzung eingeschränkt. Die Gemeinde müsse entweder die Festsetzungen der Flurbereinigung akzeptieren oder den Weg ordnungsgemäß ausbauen. Dafür sei eine neue Satzung erforderlich. „Eigenmächtig“ hätten die Behörden die Betriebsgenehmigung, ursprünglich für die Firma Lafarge in Sötenich gedacht, für die Firma Weiss „gesplittet, aufgeweicht und verwässert“.
Kampf geht weiter
Achim Blindert, bei der Kreisverwaltung Leiter des Geschäftsbereichs Bauen, Umwelt, ÖPNV und Abfall, sieht es weit weniger dramatisch: Die von Linder und Maevis bemängelte Wegenutzung existiere mindestens seit 1975, als die Firma Weiss den Betrieb ihres Steinbruchs angezeigt hatte. Und der Regierungspräsident habe diese Nutzung erlaubt.
Die Firma Lafarge und ihr Nachfolger Opterra hätten für den Steinbruch Taubenberg eine „Realkonzession“ bis 2030. Diese sei nicht an Personen oder Betreiber gebunden. Die Verpachtung an die Firma Weiss sei daher nicht anzeigepflichtig gewesen. Die Firma Weiss habe sich verpflichtet, im gepachteten Steinbruch nicht mehr Material abzubauen als früher im eigenen, wo derzeit der Abbau ruht. Somit bleibe die Verkehrsbelastung auf den Wegen die gleiche wie früher. 2015 haben Maevis und Linder die Untere Landschaftsbehörde, den Landrat, die Bezirksregierung und das NRW-Umweltministerium angeschrieben. Mit dem Ergebnis waren sie keineswegs zufrieden. Für die Schaffung einer verkehrsgerechten, gefahrlosen und immissionsfreien Zu- und Abfahrt werde man weiter kämpfen.
Linder: „Wir gehen zunächst den Dienstweg bis zum Minister und Petitionsausschuss, und werden gegebenenfalls ein Verwaltungsgerichtsverfahren anstrengen.“ Maevis gibt zu bedenken, dass in den letzten 30 Jahren mehrere Lkw umgekippt seien. Dietmar Weiss, Geschäftsführer des Schotterwerks, hingegen kann die Beweggründe der Beschwerdeführer nicht nachvollziehen: „Es ist für mich vollkommen unverständlich, was die zwei Herren da machen. Wir haben seit 30 Jahren die Genehmigung, seit 20 Jahren guckt sich Herr Maevis das an, und seit anderthalb Jahren passt ihm das nicht mehr.“ Und dies, obwohl seine Firma, die seit den 1950er Jahren dort aktiv sei, alle Auflagen erfülle, „Seit die Herren da rumrühren, haben wir alle zwei Monate eine Behörde hier stehen“.
Weiterer Stein des Anstoßes: Die Gemeinde habe in der Nähe einen weiteren Steinbruch, für den vor zwölf Jahren die Genehmigung abgelaufen sei. Derzeit werde dieser verfüllt, allerdings ohne auf ökologische Auflagen zu achten. Es sei nämlich verboten, Ablagerungen auf dem sich dort mittlerweile entwickelten Baumbestand vorzunehmen. Daran halte sich die Gemeinde nicht. Blindert sagte dazu, Gehölze müssten entfernt werden, bevor darauf gekippt werde. Am 7. Juli 2015 schrieb Linder außerdem an Blindert, er erstatte Anzeige gegen den Kaller Bürgermeister, weil er seine Sorgfaltspflicht nicht beachte. Dies beziehe sich auf die „Errichtung einer ordnungsgemäßen Einzäunung der Deponie und deren regelmäßige Kontrolle“. Sollte sich dort ein Unfall ereignen, werde er Blindert und Radermacher persönlich haftbar machen.
Radermacher sagte, man habe zwei Stellen mit einem Stacheldrahtzaun zugemacht. Als vor einigen Wochen Linder und Maevis das Terrain zeigten, klaffte eine unverschlossene Zaunlücke vor dem Steinbruch.