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„Gemeinsam stark“Neues Projekt im Kreis Euskirchen soll Armut aus der Tabuzone holen

4 min
Drei Frauen unterhalten sich. Sie sitzen um einen Tisch, auf dem Unterlagen liegen.

Suchen eine engere Zusammenarbeit beim Thema Armut: Nadine Augustiniak (v.l.) und Lea Pauls vom Paritätischen im Kreis Euskirchen und Laura Cappenberg vom Verein Frauen helfen Frauen.

Der Paritätische im Kreis Euskirchen bietet zahlreiche Veranstaltungen an, um das Thema Armut aus der Tabuzone herauszuholen.

Viel Zeit hatten Lea Pauls und Nadine Augustiniak nicht, um ein Konzept auszuarbeiten, mit dem sich der Paritätische im Kreis Euskirchen um eine Förderung bewerben konnte, die das NRW-Ministerium für Arbeit, Gesundheit und Soziales im April ausgeschrieben hatte. Dabei ging es um Projekte, die von Armut betroffenen Menschen die Möglichkeit bieten, sich einzubringen und ihre Anliegen zu vertreten. „Nicht wegsehen, sondern sichtbar werden, das ist das Ziel unseres Förderaufrufs“, hieß es vom Ministerium. „Damit setzen wir ein Zeichen für mehr Teilhabe und eine lebendige Demokratie in NRW“, so Minister Karl-Josef Laumann.

Realität von Menschen, die von Armut betroffen sind, soll sichtbarer werden

Herausgekommen ist das Projekt „Gemeinsam stark – Netzwerke und Selbsthilfe gegen Armut im Kreis Euskirchen“, das bis Ende dieses Jahres einiges zu bieten hat. „Armut hat viele Gesichter und sie ist auch im Kreis Euskirchen für zahlreiche Menschen bittere Realität“, heißt es vom Paritätischen. Mit dem Projekt wolle man diese Realität sichtbar machen, Betroffene vernetzen und ihnen Werkzeuge an die Hand geben, um ihre eigenen Anliegen wirksam vertreten zu können.

„Einmal im Jahr bringt der Paritätische einen bundesweiten Armutsbericht heraus, der Anstoß zu Gesprächen auf vielen Ebenen bietet“, sagte Lea Pauls bei der Projektvorstellung. Dabei wolle man versuchen, „mehr ins Miteinander zu kommen mit den zahlreichen Mitgliedsorganisationen des Paritätischen“. Augustiniak fügte hinzu, dass man sich auch erhoffe, „Betroffenen, die oft keine Lobby haben, den Selbsthilfegedanken näherzubringen, sich zusammenzutun und gemeinsam die Stimme zu erheben“.

Erzählcafés und Workshops sind nur einige der vielen Veranstaltungen

Das Programm startete mit einem Austauschfrühstück unter dem Motto „Ins Gespräch kommen“. Weitere Treffen, Erzählcafés und Workshops werden bis Ende des Jahres folgen (siehe „Jenen Menschen eine Stimme geben, die oft nicht gehört werden“). Gespannt ist man bei den Macherinnen unter anderem auf das offene Treffen „Frauenkram – wenn Zyklus zum Luxus wird“, das mit dem Verein Frauen helfen Frauen in deren Beratungsstelle für Schwangerschaftskonflikte und Familienplanung durchgeführt wird. In geschützter Atmosphäre soll Raum geboten werden, sich über Zyklus, Menstruation und Perioden-Armut auszutauschen, denn Tampons, Binden oder auch Schmerzmittel sind für viele Frauen sehr kostspielig.

Laura Cappenberg, Mitarbeiterin der Beratungsstelle, wird auch wiederverwertbare Produkte vorstellen wie Periodentassen und -scheiben oder Menstruationsunterhosen, die die Teilnehmerinnen im Anschluss kostenfrei mitnehmen können. „Das Thema Menstruation ist immer noch sehr schambehaftet“, weiß Cappenberg aus ihrer Erfahrung als Beraterin. Der Austausch unter Frauen im geschützten Rahmen soll helfen, sich über diese Schamgrenzen hinwegzusetzen und sich gegenseitig zu stärken.

In der Mache ist eine Armutskonferenz, an der Vertreter aus Politik und Verwaltung teilnehmen sollen. Der Fachreferent Armut, ein Experte aus dem Gesamtverband des Paritätischen, wird dann über Armut und ihre Auswirkungen berichten. Ein weiterer Höhepunkt des Projekts wird eine Fotoausstellung sein, bei der Betroffene selbst zur Kamera (oder dem Handy) greifen und ihre Lebensrealitäten festhalten. „Armut darf kein Tabuthema bleiben“, so Michael Kehren, Geschäftsführer des Paritätischen im Kreis: „Nur wenn wir den Menschen zuhören, ihre Perspektiven ernstnehmen und sie aktiv einbeziehen, können wir Strukturen schaffen, die zu mehr Chancengerechtigkeit führen.“


Jenen Menschen eine Stimme geben, die oft nicht gehört werden

Sich gemeinsam starkmachen gegen Armut im Kreis Euskirchen, durch Beteiligung, Empowerment und Vernetzung: Im Rahmen eines Landesprojektes, dessen Ziel es ist, „die Stimmen derjenigen, die oft nicht gehört werden, in politische Entscheidungen einzubringen“, hat der Paritätische Kreis Euskirchen für sein eingereichtes Konzept eine Förderung erhalten. Im Fokus stehen dabei kostenlose Angebote zur Vernetzung und Beteiligung von Betroffenen gegen Armut.

Periodentassen und eine Periodenscheibe liegen auf einer Menstruationsunterhose.

Wiederverwendbare Menstruationsprodukte werden bei „Frauenkram – Wenn Zyklus zum Luxus wird“ kostenlos für von Armut Betroffene vergeben.

Offene Austauschtreffen finden am 2. Oktober, 10 Uhr, mit dem Schwerpunkt „Depression und Existenzsicherung“ sowie am 27. Oktober, 12 Uhr, zum Thema „Leben mit geringen finanziellen Ressourcen“ statt, jeweils in den Räumen des Paritätischen, Eifelring 28.

Frauenkram – Wenn Zyklus zum Luxus wird“ ist ein Erzählcafé am 7. Oktober, 10 Uhr, überschrieben. Neben Infos und Austausch rund um Zyklus und Periode gibt es auch Tipps zu kostensparenden Periodenprodukten.

Exklusiv für Frauen findet vom 17. bis 19. Oktober bei der Bildungseinrichtung Lila Bunt in Lövenich der Empowerment-Workshop „(Über)-Leben in der Provinz – feministisch, arm und laut!“ statt. Für 7. Dezember,14 Uhr, wird zur Adventsaktion „Weihnachten ist Glückssache“ ins Casino nach Euskirchen geladen. Weitere Infos zu den Veranstaltungen, zu Netzwerken und zu Selbsthilfegruppen gibt es beim Paritätischen Kreis Euskirchen, Tel. 02251/8662808.