CDU und SPD machen ihre Koalition im Kreis Euskirchen offiziell. Zwei Kreistagsneulinge werden zu Stellvertretern von Markus Ramers gewählt.
Der neue Kreistag26 Abschiede, eine GroKo und zwei neue Vize-Landräte in Euskirchen

Gruppenfoto mit Landrat: 54 Politiker wurden im September in den Kreistag gewählt und nun vereidigt.
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Der erste Kreistag der neuen Legislaturperiode ist Geschichte. Fast fünf Stunden dauerte die Sitzung. 54 Mitglieder gehören dem Gremium an. Die CDU ist mit 19 Sitzen die stärkste Kraft, gefolgt von der SPD mit 13. Die AfD hat neun Sitze, die Grünen fünf, FDP vier, UWV und Linke jeweils zwei. Die beiden UWV-Mitglieder Uwe Wegner und Andreas Bühl haben sich kurz vor der konstituierenden Sitzung der SPD-Fraktion angeschlossen.
Die Große Koalition regiert nun auch im Kreis Euskirchen
Einen Koalitionsvertrag gibt es zwar noch nicht, aber es ist offiziell: Auch im Kreistag wird künftig die GroKo aus CDU und SPD die Richtung bestimmen. Das haben die Parteien unmittelbar vor der konstituierenden Sitzung bekanntgegeben. Es seien intensive Gespräche gewesen, sagte Jochen Kupp, Fraktionsvorsitzender der CDU. Ziel sei eine sachorientierte Politik ohne ideologische Grabenkämpfe: „Wir wollen gemeinsam etwas für den Kreis bewegen, keine Blockadepolitik betreiben.“ Man habe, so Kupp weiter, viele gemeinsame Themen und eine stabile Mehrheit sei wichtig, „um den Kreis in ruhige Fahrwasser zu bringen“.
Auch sein SPD-Kollege Thilo Waasem betonte die vertrauensvolle Atmosphäre der Koalitionsgespräche: „Wir können gut miteinander reden – das ist die Grundlage, um Verantwortung zu übernehmen und Lösungen zu finden.“
Wir wollen transparent und konstruktiv arbeiten – ohne ideologische Scheuklappen.
Sowohl CDU als auch SPD fassten ihre Beschlüsse zur Bildung der Koalition einstimmig. Zuvor hatten die Christdemokraten verschiedene Optionen diskutiert – die Oppositionsrolle stand da genauso im Raum wie eine Arbeit mit wechselnden Mehrheiten. Am Ende habe man sich bewusst für die Zusammenarbeit mit den Sozialdemokraten entschieden.
Inhaltlich wollen beide Fraktionen zunächst Schwerpunktthemen angehen: Bevölkerungsschutz, Bildung – insbesondere mit Blick auf die Berufskollegs und Förderschulen – sowie Fragen der Finanzstabilität der Städte und Gemeinden. Aber auch der Kreishaushalt werde eine große Rolle spielen, betonten die Fraktionsspitzen.
„Wir wollen transparent und konstruktiv arbeiten – ohne ideologische Scheuklappen“, sagte Waasem. Und das bezieht er nicht nur auf die GroKo. Auch FDP und Grüne sollen in wichtige Entscheidungen eingebunden werden. „Wir verstehen uns als gestaltende Mehrheit, nicht als geschlossene Front“, so Waasem.
Koalitionäre kassieren Ingo Pfennings Bild von der Zweck-Ehe
Ingo Pfennings, Vorsitzender der Kreis-CDU, war bei der Verkündung ebenfalls dabei. Er bezeichnete das Bündnis als Zweck-Ehe – und erntete Widerspruch von der Fraktionsspitze. „Das ist der falsche Begriff“, sagte Kupp. Sein Stellvertreter Clas Kohlheyer ergänzte: „Wenn es eine Zweck-Ehe ist, dann eine mit guter Stimmung.“ Ein leichtes Kribbeln sei da schon vorhanden. Kupp fügte hinzu: „Wir machen das nicht des Zwecks wegen, sondern weil wir es wollen.“
Thilo Waasem ergänzte: „Wir hatten schon GroKos im Kreis und da sind gute Dinge draus entstanden. Wir bringen auch jetzt einiges auf die Waage.“ Einen bis ins kleinste Detail ausgearbeiteten Koalitionsvertrag soll es nicht geben. „Wir brauchen keinen Ehevertrag“, sagt Waasem augenzwinkernd. „Wir vertrauen darauf, dass wir Fragen, die sich im Laufe der Zeit ergeben, offen und fair miteinander klären können.“ Entscheidend sei, dass am Ende die Bürger profitieren.
Markus Ramers ist erneut als Landrat im Kreis Euskirchen vereidigt
Markus Ramers (SPD) wurde nach seiner Wiederwahl von Jörg Grutke (Grüne), mit 36 Jahren Kreistagserfahrung Altersvorsitzender, vereidigt. Ramers: „Wir haben nach wie vor katastrophale Rahmenbedingungen. Diejenigen, die in Düsseldorf und Berlin bestellen, bezahlen nicht.“ Der Handlungsspielraum des Kreises sei lediglich gering: „Dabei baut ein starker Kreis auf guten Städten und Gemeinden auf. Und Städte und Gemeinden profitieren von einem starken Kreis.“
Jochen Kupp, Fraktionsvorsitzender der CDU, sicherte Ramers volle Unterstützung zu: „Wir hoffen, dass die nächsten fünf Jahre nicht so aufregend werden wie die zurückliegenden.“
26 der 54 Mitglieder im Kreistag sind zum ersten Mal gewählt worden
Von den 54 Mitgliedern des Kreistags sind 26 neu dabei, unter anderem Thomas Müller (FDP), Jürgen Bönsch (CDU) und Annegret Lewak (SPD). „Ich freue mich aufs Gestalten. Wir wollen nicht nur verwalten, sondern Spielräume suchen, die wir gestalten können – auch für die Kommunen“, sagte Lewak. Bei den Sozialdemokraten seien Expertenteams gegründet worden, so dass nicht jeder immer jede Ausschussvorlage bis ins letzte Detail lesen und verstehen müsse. „Wir wollen uns gegenseitig briefen“, so Lewak.
Bei Jürgen Bönsch wuchs im Frühjahr der Wille, sich politisch mehr zu engagieren: „Wir sind in Deutschland arg damit beschäftigt, zu meckern. In den meisten Fällen gehen die Menschen dann aber in Deckung, wenn es darum geht, aktiv zu werden.“ Also wurde er CDU-Mitglied und zog erstmals in den Kreistag ein. Bönsch will als Lehrer vor allem seine Expertise im Bereich Bildung einbringen.
Thomas Müller sitzt für die FDP im Kreistag. Er ist ebenfalls voller Tatendrang und freut sich auf die Aufgaben.„Ich bin gar nicht so der klassische Politiker, der in ein Korsett passt. Ich bin mehr der Kümmerer“, sagte Müller vor seiner ersten Kreistagssitzung. Er habe großen Respekt vor der Fülle an Aufgaben, die sicher ein wenig Einarbeitungszeit mit sich brächten. Er wolle im Kreistag frei bleiben, so Müller. Auch wenn es in der aktuellen politischen Konstellation schwer werden könnte, mit eigenen Ideen zu punkten.
Matthias Baum ist mit 19 Jahren das jüngste Kreistagsmitglied. Der Sozialdemokrat wird nach Informationen dieser Zeitung in große Fußstapfen treten. Baum soll Vorsitzender des Jugendhilfeausschusses werden und damit die Nachfolge von CDU-Urgestein Bernd Kolvenbach antreten.
Neue stellvertretende Landräte
Während der ersten Sitzung des Kreistags wurden in geheimer Wahl zwei neue stellvertretende Landräte gewählt. Die Fraktionen hatten sich im Vorfeld auf Ralf Claßen (CDU) und Annegret Lewak (SPD) geeinigt. Von den 54 Stimmen (ein AfD-Politiker fehlte entschuldigt) waren alle 54 gültig. Auf Claßen und Lewak entfielen 42 Ja- und acht Nein-Stimmen sowie vier Enthaltungen. Beide Nominierten nahmen die Wahl an.

Neue stellvertretende Landräte: Annegret Lewak von der SPD (r.) und Ralf Claßen von der CDU.
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Sie lösen damit Leo Wolter (CDU) und Christine Bär (SPD) ab. Sowohl Claßen, der 48 Jahre bei der Stadt Mechernich, unter anderem als Kämmerer und Dezernent, tätig war, als auch Lewak, die sich für die SPD bisher vor allem in Zülpich engagiert hat, sind am 14. September erstmals in den Kreistag gewählt worden.
300 Jahre Erfahrung gehen
Landrat Markus Ramers verabschiedete während der ersten Sitzung des Kreistags 26 Politiker. Insgesamt kommen die ehemaligen Kreistagsmitglieder auf 300 Jahre Kreistagserfahrung. Allein 42 Jahre davon war Bernd Kolvenbach (CDU) in dem Gremium vertreten. In seiner Abschiedsrede betonte Kolvenbach, dass Politik stets dem Gemeinwohl dienen müsse: „Es gibt keine roten Kinder, keine schwarzen Jugendlichen, keine grünen Erwachsenen.“
Entscheidend sei, „über Parteigrenzen hinweg lebenswerte Bedingungen für alle zu schaffen“. Kolvenbach, der 1975 in den Sozial- und Gesundheitsausschuss gewählt wurde, gab das Mandat nun „mit gutem Gefühl“ an die jüngere Generation weiter. Zugleich dankte er langjährigen Weggefährten und Verwaltung für die vertrauensvolle Zusammenarbeit.

Die ausgeschiedenen Kreistagsmitglieder wurden verabschiedet. Jedoch waren nicht alle gekommen.
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Verabschiedet wurden ebenfalls Philipp Baldus (AfD, ein Jahr Mitglied im Kreistag), Olaf Schneider (fraktionslos, zwei), Josef Schleser (SPD, drei), Dr. Lothar Bleeker (AfD, fünf), Wilfried Gierden (Grüne, fünf), Sarah Ignatowitz (Grüne, fünf), Peter Schallenberg (Grüne, fünf), Rolf Jaeck (CDU, fünf), Manfred Steffen (CDU, fünf), George Tulbure (CDU, fünf), Petra Kanzler (FDP, fünf), Gerhard Mayer (SPD, fünf), Georgios Moudouris (SDP, fünf), Dirk Jahr (CDU, elf), Rudi Mießeler (CDU, elf), Leo Wolter (CDU, elf), Emmanuel Kunz (SPD, elf), Susanne Daniel (UWV, elf), Johannes Esser (CDU, 16), Hans-Erhard Schneider (CDU, 16), Dirk van Meenen (FDP, 16), Ute Stolz (CDU, 21), Günter Weber (CDU, 21), Franz Troschke (UWV, 26), Hans Schmitz (SPD, 31 Jahre).


