Nationalpark EifelMit dem Planwagen von Vogelsang nach Wollseiffen

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Im gemütlichen Schritttempo ziehen die Kaltblüter den von Lena Telöken gesteuerten Planwagen über die verschlungenen Wege nach Wollseiffen.

Im gemütlichen Schritttempo ziehen die Kaltblüter den von Lena Telöken gesteuerten Planwagen über die verschlungenen Wege nach Wollseiffen.

  • An jedem ersten und dritten Sonntag im Monat bietet Horst Steffens Fahrten durch den Nationalpark Eifel an.
  • Mit zwei Pferden vorweg führt die Strecke vom Nationalparkzentrum nach Wollseiffen.
  • Horst Steffens und seine Mitarbeiterin Lena Telöken erzählen, warum das Angebot vor allem bei Kindern beliebt ist.

Monschau-Höfen/Vogelsang – Der Morgen von Planwagenfahrer Horst Steffens und seinen Mitarbeitern beginnt früh. Lange, bevor die ersten Fahrgäste an der Kutschen-Haltestelle am Forum in Vogelsang um kurz vor 12 Uhr darauf warten, dass es losgeht, gibt es auf Steffens Hof allerhand zu erledigen. „Gegen 9 Uhr werden die Pferde von der Koppel geholt“, erklärt er.

Dann ist der Höfener allerdings schon gut zwei Stunden auf den Beinen. Heute sind es die zwölfjährige Santana und der neunjährige E.T. („E.T., wie der Außerirdische“), die die zwei Touren vom Forum nach Wollseiffen antreten, erklärt der ehemalige Turnierreiter.

Schöne Ausblicke können die Fahrgäste über Santana (l.) und E.T. hinweg genießen.

Schöne Ausblicke können die Fahrgäste über Santana (l.) und E.T. hinweg genießen.

Mitarbeiterin Lena Telöken macht sich derweil auf den kurzen Weg die Straße herunter, um die beiden Kaltblüter von der nahe gelegenen Wiese zum Hof zu bringen. Die Schülerin wird an diesem Tag nicht nur auf dem Kutschbock im Planwagen sitzen, auch ist sie für den Transport des Selbigen nach Vogelsang verantwortlich.

Dafür hat die Imgenbroicherin neben dem Kutschführerschein auch den Traktorführerschein gemacht. „Die sind ein bisschen eigen“, erklärt die 18-Jährige mit Blick auf die beiden Pferde am hinteren Ende der Koppel. „Leider sind keine Brötchen mehr da, dann wären sie von sich aus gekommen“, fügt sie hinzu. Mit etwas Überredung lassen sich Santana und E.T. dann aber doch anleinen und zum Waschplatz am Stall führen.

Die Pferde werden herausgeputzt

Dort werden die rund 850 Kilo schweren Kaltblüter für ihre Tagesaufgabe herausgeputzt. Im wahrsten Sinne. Mit dem Hochdruckreiniger rückt Horst Steffens Staub und Schmutz zu Leibe. Die Tiere lassen die Prozedur gelassen über sich ergehen. „Das ist eine speziell entwickelte Düse, um Vieh zu waschen“, erläutert der Kutscher: „Die macht sauber, tut aber nicht weh.“

Nach der Dusche zieht er die überschüssige Feuchtigkeit mit dem Schweißmesser – einem gebogenen Metallstreifen – aus dem Fell. Lena Telöken bringt die Hufe mit speziellem Fett und Pinsel auf Hochglanz. Dann gibt es noch eine Zwischenmahlzeit, ehe es für die Kaltblüter in den Pferdeanhänger hinter dem Traktor geht.

Mit dem Schweißmesser zieht Horst Steffens überschüssiges Wasser aus dem Fell.

Mit dem Schweißmesser zieht Horst Steffens überschüssiges Wasser aus dem Fell.

Mit vereinten Kräften wird ebenfalls der Planwagen dahinter angekuppelt, dann macht die 18-Jährige sich mit dem Gespann auf die gut 20 Kilometer lange Strecke nach Vogelsang.

Mit gemütlichen 25 Kilometern pro Stunde geht es über die Landstraße. An der Kutschenhaltestelle angekommen heißt es für die Schülerin wieder kräftig anpacken. „Die Deichsel und die Achse müssen noch dran“, sagt sie, während sie die Metallteile aus dem Planwagen zieht und zur Vorderseite trägt.

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Die teils anstrengenden Handgriffe stören sie nicht, so Telöken: „Da gewöhnt man sich dran. Das gehört zum Handwerk dazu und Kutschfahren ist meiner Meinung nach noch ein Handwerk.“ 20 Minuten später sind auch Santana und E.T. eingespannt und startklar. Elf Fahrgäste haben inzwischen im Planwagen Platz genommen.

Kinder dürfen in Begleitung immer vorne sitzen

Der Altersdurchschnitt bei der ersten Tour des Tages ist bunt gemischt. „Kinder dürfen grundsätzlich vorne sitzen, wenn außen noch ein Erwachsener sitzt“, so Telöken und reicht den zwei kleinen Mitfahrern das Ende der Zügel. „Nein, das rumpelt nicht zu stark“, bestätigen die beiden grinsend. Ruckelnd und schaukelnd rollt das Gefährt bei 4,5 bis 5 km/h durch das Tor in Richtung Wollseiffen.

Die Hufe bringt Lena Telöken mit speziellem Fett und Pinsel auf Hochglanz.

Die Hufe bringt Lena Telöken mit speziellem Fett und Pinsel auf Hochglanz.

Unterwegs gibt die Fahrerin die eine oder andere wissenswerte Vogelsang-Anekdote an die Besucher weiter. Die genießen derweil das angenehme Klima unter der Plane. Während vorbeiziehende Wanderer und Radfahrer freundlich grüßend in der Sonne schwitzen, weht im Wagen ein lauer Wind. Im ehemaligen Dorf Wollseiffen wird nach einer Stunde Fahrtzeit eine Pause eingelegt.

Barrierefreie Fahrten

Drei Planwagen in unterschiedlichen Größen besitzt Horst Steffens, die von bis zu vier Pferden gezogen werden. 20, 30 oder 38 Personen können darin fahren. Der 30er-Planwagen ist mit einer Rampe und hochklappbaren Bänken barrierefrei für Rollstuhlfahrer nutzbar.

An jedem ersten und dritten Sonntag im Monat fahren Steffens oder einer seiner Mitarbeiter die Strecke vom Nationalparkzentrum nach Wollseiffen. Die Touren starten von April bis Oktober um 11.30 sowie 14.15 Uhr am Forum in Vogelsang unterhalb des Besucherparkplatzes. Der Einstieg ist jedoch auch unterwegs oder an der Kutschen-Haltestelle in Wollseiffen möglich, insofern Platz ist.

Die Reitanlage Steffens bietet für Gruppen bis zu 25 Personen auch exklusive Fahrten auf der Strecke an. Diese können direkt bei der Reitanlage gebucht werden. Telefon: 01 77/4 47 80 41 und 02472/53 69.

Weitere Infos gibt es unter www.nationalpark-eifel.de/kutschfahrten

Die Pferde werden getränkt, die Gäste können sich ein wenig in dem verlassenen Ort umsehen, ehe es auf dem gleichen Weg zurückgeht.

Heinz Jentges, gebürtiger Mützenicher, hat seinen Rollator mitgebracht und betrachtet in Begleitung von Frau und Sohn die vorbeiziehende Landschaft. „Meine Beine wollen nicht mehr. Deshalb ist die Fahrt eine schöne Alternative“, sagt der 82-Jährige.

Die Tour durch den Nationalpark dauert eine Stunde

Ziemlich genau eine Stunde später rollt der Planwagen wieder auf den Platz am Forum, wo schon die nächsten Fahrgäste warten. Die müssen sich jedoch noch ein wenig gedulden, denn für die beiden Zugtiere gibt es vor der Abfahrt noch einmal eine Verschnaufpause und etwas zu trinken. Lena Telöken beantwortet derweil geduldig und freundlich die Fragen der Wartenden.

Trotz der körperlichen Arbeit und der während der Fahrten auf dem Kutschbock erforderlichen, höchsten Konzentration macht sie ihren Nebenjob richtig gerne. „Im Reitsport gibt es immer Konkurrenz. Das Kutschfahren ist etwas anderes. Da fährt man nur für sich selbst und die Gäste“, so Telöken.

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