Abo

ParteiaustrittCDU im Kreis Euskirchen verliert einen Hoffnungsträger

Lesezeit 4 Minuten
Das Bild zeigt Andreas Winkler, der auf den Stufen vor der Kirche in Marmagen sitzt.

Auf den Stufen der Marmagener Kirche: Andreas Winkler hat sich nach eigenem Bekunden den Austritt aus der CDU nicht leicht gemacht. Aber nun, da er vollzogen ist, sei er auch erleichtert.

Er wurde als Landratskandidat gehandelt, nun hat er die CDU verlassen. Andreas Winkler erklärt seine Entscheidung. 

In seinem Heimatort Marmagen hatte sich die Nachricht wie ein Lauffeuer verbreitet. „Hast du das Handtuch geworfen?“, wird Andreas Winkler am Mittwoch im Café gefragt. Ja, er hat!

Seit Freitag ist er nicht mehr CDU-Gemeindeverbandschef in Nettersheim, nicht mehr stellvertretender Kreisparteichef, zu dem er erst im Februar gewählt worden war. Er ist überhaupt nicht mehr in der CDU.

Kreisparteichef Ingo Pfennings konnte Winkler nicht umstimmen

Sein Freund und bisheriger Kreisparteichef Ingo Pfennigs bedauert das sehr. Er habe noch versucht, ihn umzustimmen – vergebens. Die Kreis-CDU hat einen Hoffnungsträger verloren.

Denn wenn darüber diskutiert wurde, wer 2025 als Landratskandidat antreten könnte, fiel der Name des 29-Jährigen. Nachdem er 2015 der CDU beitrat, ging’s in eine Richtung – nach oben: JU-Kreis- dann Bezirkschef, CDU-Gemeindeverbandschef, Kreisvorstand, schließlich Stellvertreter von Pfennigs. „2025 hätte ich nicht als Landratskandidat kandidiert“, stellt Winkler zwar klar, aber Überlegungen, Politik auch mal zum Beruf zu machen, bestreitet der 29-Jährige auch nicht.

Die Gründe für den Austritt aus der CDU liegen in Nettersheim

Die sind jetzt obsolet. „Ich will noch in den Spiegel gucken können“, sagt Winkler. Als Gymnasiallehrer am Steinfelder Hermann-Josef-Kolleg versuche er, den Schülerinnen und Schülern zu vermitteln, Rückgrat zu zeigen. „Da habe ich mich gefragt: Wie sieht es denn bei dir selbst aus?“, beschreibt er seine Gedanken des vergangenen halben Jahres.

Die Gründe für seinen Parteiaustritt lägen alleine in Nettersheim, speziell im Verhältnis zur Ratsfraktionsspitze. „Eine offene und auf das Wohl der Bürgerinnen bezogene Diskussionskultur zwischen dem Bürgermeister, dem Fraktionsvorsitzenden und mir war leider in den letzten Monaten nicht mehr gegeben“, erklärt Winkler. Im Gespräch mit dieser Zeitung präzisiert er: Er als CDU-Vorsitzender in Nettersheim, aber auch als Ratsmitglied sei über Sitzungen der Fraktionschefs mit dem Bürgermeister nicht informiert worden.

Andreas Winkler äußerte sich kritisch zur Eifelhöhen-Klinik

„Ich bin bereit, auch unbequeme Entscheidungen nach außen zu vertreten“, so Winkler. Aber dann wolle er über die Abwägungsprozesse Bescheid wissen. „Wie soll ich denn sonst meinen Wählern   Entscheidungen erklären, wenn sie mich beim Bäcker fragen?“ Immer wieder habe er das Gespräch mit Crump und Fraktionschef Guido Kurth gesucht. Einmal habe es auch ein Sechs-Augen-Gespräch gegeben – das sei aber aus seiner Sicht sehr unbefriedigend geblieben. Als er sich zur Situation in der Eifelhöhen-Klinik, in der rund 700 Geflüchtete untergebracht sind, öffentlich kritisch geäußert habe, habe ihm das einen Rüffel vom Bürgermeister und der Fraktionsspitze eingebracht. Die seien offenbar der Meinung, dass das nicht Aufgabe eines Gemeindeverbandschefs sei, so Winkler.

Das bestreitet Crump auch nicht: Winkler habe eine Machbarkeitsstudie angekündigt, für die es noch keinen politischen Beschluss gegeben habe.

Fraktionschef Guido Kurth reagiert ziemlich emotionslos

Zudem, so Winkler, sei in der Fraktionschefrunde beschlossen worden, den Photovoltaik-Ausbau abzubremsen. Als er in der Fraktion um Auskunft   gebeten habe, sei er von älteren Mitgliedern abgekanzelt worden. „Ich solle erstmal Nachhilfe zu dem Thema nehmen, wurde mir gesagt.“ Wenn aber Grundsatzentscheidungen der Gemeindeentwicklung nicht allen Ratsmitgliedern, „sondern in interfraktionellen Gesprächen unter   Verschwiegenheitserklärungen getroffen werden und die Niederschrift den Ratsmitgliedern bis heute bewusst nicht vorgelegt wird, kann ich dies im Hinblick auf meine eigene demokratische Haltung nicht vertreten“, schreibt Winkler in seiner Rücktrittserklärung.

Fraktionschef Guido Kurth reagierte auf Winklers Entscheidung ziemlich emotionslos: „Na gut, das ist seine persönliche Entscheidung.“ Er widersprach Winkler: In interfraktionellen Sitzungen würden keine Entscheidungen getroffen, sondern lediglich die kommende Sitzungsperiode von Rat und Ausschüssen vorbereitet.„Ich weiß nicht, wie er zu dieser Äußerung kommt“, so Kurth.

Ein klärendes Gespräch kam nmicht zustande

Ähnlich äußerte sich Bürgermeister Crump: „Alleine der Rat trifft die Entscheidungen.“ Er bedauere Winklers Entscheidung, so Crump: „Andreas Winkler ist ein netter, eloquenter und engagierter Mann.“ Er hoffe auf eine weitere gute Zusammenarbeit, so der Bürgermeister: „Wir brauchen in der Gemeinde jeglichen Zusammenhalt. Die Zeiten sind schwierig genug.“

Sowohl Crump und Kurth als auch Winkler bekunden, in der vergangenen Woche ein klärendes Gespräch geführt haben zu wollen. Das aber kam nicht zustande. Soll es am Ende tatsächlich an Terminproblemen gelegen haben?

Seinen Sitz im Gemeinderat will Winkler, der seinen Wahlbezirk Marmagen I mit rund 57 Prozent gewonnen hat, behalten. Mehr noch: „In der Sommerpause will ich überlegen, wie es dann weitergeht.“ Er erwäge,   2025 wieder für den Rat zu kandidieren – mit einer politischen Bürgervereinigung, über deren Gründung er nachdenke. Das   könnte schmerzhaft für die CDU werden, für die Nettersheim eine Hochburg mit absoluter Mehrheit im Rat ist. Er habe für seinen Schritt viel Zustimmung erhalten, eine zweistellige Zahl der rund 200 Mitglieder habe nach der Rücktrittsmitteilung erklärt, ebenfalls die CDU zu verlassen – noch mehr hätten erwogen, ihm in eine eventuelle Bürgervereinigung zu folgen.

Guido Kurth, der auch CDU-Gemeindeverbandsvize ist, wollte sich am Donnerstag zu möglichen Folgen für die Nettersheimer CDU noch nicht äußern.

KStA abonnieren