Wegen RheinpegelManche Zapfsäulen im Kreis Euskirchen liefern aktuell keinen Sprit

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Musste seit dem Wo­chen­ende mehrfach stun­den­weise Leerstand ver­schie­de­ner Kraft­stoff­sor­ten ver­kün­den: André Schie­bahn, Pächter der Aral-​Tank­stelle in Wei­lers­wist-​Süd.

Kreis Euskirchen – Es bestehe kein Grund zur Panik, versichert Carsten Müller, Geschäftsführer der Kölner Unternehmensgruppe Kuttenkeuler, Betreiber von 53 bft- und Aral-Tankstellen, fünf davon im Kreis Euskirchen. Dass manche Zapfsäulen zurzeit temporär trockenlaufen, liegt laut Müller nicht daran, dass nicht ausreichend Treibstoff zur Verfügung steht. Das habe vielmehr logistische Ursachen.

„Es ist nicht so, dass wir alle bald mit dem Fahrrad fahren müssen“, beruhigt auch Guido Bauer. Der Mitgeschäftsführer der Firma Schäfer, die in Mechernich eine SB-Tankstelle betreibt, geht jedenfalls nicht davon aus, dass die Autofahrer bald mit leerem Tank dastehen werden. Er sagt aber auch: „Wir als Betreiber sind das vorletzte Glied in der Kette vor dem Endverbraucher, die Spediteure und Mineralölhändler sind natürlich näher dran an dem Thema.“

Auslastung der Schiffe auf bis zu 20 Prozent gesunken

Und von ihnen höre auch er einiges über Lieferprobleme – zum einem wegen des Krieges in der Ukraine, aber mehr noch wegen des niedrigen Wasserpegels des Rheins. „Die Auslastung der Schiffe ist ja teilweise bis auf 20 Prozent zurückgegangen“, so Bauer. Die Kosten für die Fahrten veränderten sich hingegen nicht: „So gibt es neben dem Mengenproblem obendrauf auch ein Preisthema.“ Denn die Frachtkosten würden auf weniger Liter verteilt.

Die Vorräte in den am Rhein liegenden Raffinerie-Werken Wesseling und Godorf seien in den vergangenen Tagen teilweise sehr knapp gewesen, habe er von den Lieferanten erfahren, so Bauer.

Geringe Mengen und hohe Nachfrage

Geringe Mengen bei gleichzeitig hoher Nachfrage führten zu Wartezeiten von vier bis fünf Stunden für die Fahrer, verschiedene Produkte habe es zuweilen gar nicht mehr gegeben: „Das kann man jetzt nicht nur auf Diesel projizieren, das gilt auch für E5 und E10.“

Zum Teil hätten die Spediteure auch auf andere Ladestationen zurückgreifen müssen – Richtung Ruhrgebiet zum Beispiel, gibt Bauer das wieder, was ihm Lieferanten und Spediteure berichten.

Der Tankrabatt läuft bald aus

Hohe Nachfrage, höhere Preise

Am 1. September endet der Tankrabatt, die Preise an den Zapfsäulen dürften wieder steigen. Aber wann? Laut ADAC muss das nicht sofort sein. „Die Tankstellen haben natürlich ein Interesse daran, im August noch niedrigversteuerten Kraftstoff in ihre Tanks zu füllen“, sagte ein Sprecher. Dadurch hätten sie auch im Folgemonat noch billigeren Sprit zur Verfügung. Eine hohe Nachfrage könnte aber auch zu höheren Preisen führen. Oder führen ein sinkender Rohölpreis und ein höherer Wettbewerbsdruck zu einer Gegenbewegung? Prognosen sind schwierig.

Mehr als zwei Euro

Inklusive Mehrwertsteuer steige die Energiesteuer auf Benzin nach Ende des Tankrabatts um 35 Cent je Liter, bei Diesel um 17 Cent. Die Preise für Benzin und Diesel dürften im Schnitt wieder auf mehr als zwei Euro steigen, so der ADAC. 

Das Niedrigwasser des Rheins habe aber nicht nur Auswirkung auf die Belieferung der Raffinerien mit Rohöl, sondern auch für die Entsorgung: „Bei der Herstellung entstehen Rückstände wie Schweröl. Und wenn die Raffinerien diese Rückstände nicht ausreichend schnell über den Rhein entsorgen können, muss die Produktion gedrosselt werden“, erklärt Carsten Müller.

Wenn in der kommenden Woche dann auch noch der Run auf die letzten Liter Sprit mit staatlichem Tankrabatt losgehe, stehe dem knappen Angebot eine hohe Nachfrage entgegen. Temporäre Trockenläufe seien durchaus denkbar, meint der Kuttenkeuler-Geschäftsführer (siehe „Der Tankrabatt läuft bald aus“).

Stromausfall von August wirkt sich noch immer aus

Müller ergänzt, dass es noch einen weiteren Grund für aktuelle Engpässe gebe: die Auswirkungen des Unfalls vom 4. August, bei dem ein Traktorfahrer bei Weilerswist eine Hochspannungsleitung zerstört und für einen großflächigen Stromausfall in der Region gesorgt hat. Eine der Rheinland-Raffinerien sei davon ebenfalls betroffen gewesen und habe die Anlage komplett herunterfahren müssen. Bis heute gebe es dort Anlaufprobleme, weiß Carsten Müller.

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Außer Betrieb: Derzeit kann es an Tankstellen zu vorübergehenden Kraftstoff-Lieferengpässen kommen. 

André Schiebahn ist einer der Pächter der Unternehmensgruppe Kuttenkeuler. Seine Aral-Tankstelle im Süden von Weilerswist, die von vielen Lkw-Fahrern und Reisenden auf der nahe gelegenen A 61 angesteuert wird, musste seit dem Wochenende mehrfach stundenweise einige Zapfsäulen außer Betrieb setzen – die Kraftstoffvorräte waren aufgebraucht.

Verständnisvolle, aber verwunderte Kundschaft

Die Kundschaft habe sich verständnisvoll gezeigt, wenn auch teilweise sehr verwundert, da das Problem noch nicht bekannt sei. „Wenn der Lkw-Diesel leer ist, können die Fahrer auf die Säulen mit Pkw-Diesel zurückgreifen, aber das raubt ihnen viel Zeit“, erklärt Schiebahn. Um die riesigen Tanks der Laster möglichst schnell zu befüllen, ist der Durchlauf an den speziellen Lkw-Zapfsäulen entsprechend hoch.

Auch bei den beiden Tankstellen im Kaller Gewerbegebiet ist bislang noch ausreichend Sprit vorhanden. „Es wird aber schon schwieriger, an Benzin und Diesel heranzukommen“, sagt Eva Zumbe vom Autotreff am Obi.

Kein Kraftstoffmangel in Schleiden und Umgebung

Für Autofahrer in Schleiden und Umgebung sei von einer Benzin- oder Dieselknappheit an der Zapfsäule noch nichts zu merken, versichert eine Mitarbeiterin der Shell-Station an der Gemünder Straße. Auch von einem möglichen Engpass habe sie noch nichts gehört.

2018, als im ganzen Land der Sprit aufgrund des Niedrigwassers im Rhein knapp wurde, musste die Shell-Station einen halben Tag schließen, weil keine neue Lieferung kam, so die Mitarbeiterin. In solchen Fällen könne man nur eins machen, sagt sie: „Abschließen und warten.“ Da seien sie abhängig von der Raffinerie in Godorf.

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Sobald es wieder regnet, dürfte sich das Problem mit der Lieferlogistik schnell lösen: Der Rheinpegel wird wieder steigen, und die Schiffe aus den großen Häfen wie Amsterdam, Rotterdam oder Antwerpen können ihre Frachten für die Raffinerien wieder entsprechend erhöhen. Ein Ende des Ukraine-Krieges, der für die stark gestiegenen Rohölpreise verantwortlich ist, ist hingegen nicht in Sicht.  

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