Nach der FlutGemünder improvisieren ihre Kirmes mit Frankfurter Messe

Lesezeit 4 Minuten
Gemünd Kirmes

Setzen sich für die Gemünder und die Kirmes ein:  Brauhaus-Betreiberin Ulrike Geuenich und Wido Schmidt.  

Schleiden-Gemünd – Mit Fantasie und Ideenreichtum etwas auf die Beine stellen – das haben die Menschen in den Flutgebieten im vergangenen Jahr gelernt. Schon im Oktober 2021 gab es eine „Rumpfkirmes“ auf dem Marienplatz. Dieses Jahr sollen auch die traditionellen Kirmeselemente wieder dabei sein, wenn vom 14. bis 17. Oktober gefeiert wird.

All die schönen, im Frühjahr ausgeheckten Pläne drohten zu zerplatzen wie Seifenblasen. Der Wiederaufbau geht halt zuweilen nicht so schnell voran wie gewünscht: Die Kirche ist noch nicht fertig saniert, der Kursaal nicht nutzbar, das Kurparkrestaurant längst noch nicht betriebsbereit. Dennoch: Die Gemünder feiern an diesem Wochenende Kirmes. Mit Gottesdienst, mit Umzug, mit der traditionellen Frankfurter Messe, mit Fahrgeschäften und Kirmesbuden.

Vor dem Brauhaus und auf dem Marienplatz

Auf dem Marienplatz wird gewerkelt und aufgebaut: Der Werbe-, Verkehrs- und Verschönerungsverein (WVVV) hat Autoscooter, Kinderkarussell und Buden organisiert, am Freitag, 14. Oktober, sollen sie öffnen. Am Samstag ist die Öffnung der Fahrgeschäfte um 14 Uhr vorgesehen, am Sonntag ab 12 und am Montag ab 14 Uhr. Zudem legt DJ Peter Raupach auf dem Platz auf.

Fürs restliche Programm war bei der Gemeinschaft Gemünder Vereine um ihren Vorsitzenden Wido Schmidt Flexibilität gefragt, um so viel wie möglich nach Altväter Sitte feiern zu können. Die Messe etwa: Die Kirche ist innen eingerüstet und kahl, die Orgel funktioniert noch nicht. Doch mithilfe des Bauhofs gibt’s nun Stühle, der Musikverein Herhahn wird die Wortgottesfeier am Samstag um 17.30 Uhr musikalisch gestalten.

Auch den Kirmesknochen hat die Flut genommen

Oder der Umzug: Der „normale“ Weg zum Kurhaus macht keinen Sinn. Also setzt sich die Kirmesgemeinde gegen 18.15 Uhr vom Nepomuk-Platz aus in Bewegung, zieht durch die Dreiborner Straße, über den Marienplatz, dreht und zurück geht’s zum Brauhaus. Dort wird der Kirmesknochen gesucht. Flammneu ist der und gestaltet von Sandra Lenzen. Das bisherige Exemplar? Kaum verwunderlich in Gemünd, ist in der Flut von seinem Lagerplatz im Schützenhaus davongeschwommen.

Die Frankfurter Messe

Die Geschichte

An drei Tagen im Jahr, zur Kirmes, ist in Gemünd das Glücksspiel legal. Die Frankfurter Messe wird seit dem 18. Jahrhundert in dem Ort gespielt, zunächst im Herrschaftsbereich der Grafen von Jülich rechts der Urft. Seit dem 19. Jahrhundert gehört das Kartenspiel zur Kirmestradition. Unklar ist jedoch bis heute, woher der Name stammt.

Die Zeiten

Das Zelt von Ulrike Geuenich am Brauhaus an der Dreiborner Straße wird ab Samstag zum Casino. Um 20 Uhr wird die erste Runde gespielt. Am Sonntag wird um 15 Uhr gestartet, am Montag um 17 Uhr.   

Die Regeln

Als Croupiers betätigen sich Mitglieder von Feuerwehr, Karnevals- und Schützenverein. Es geht weder um hohe Einsätze, noch wird das Ganze allzu ernst genommen. Die Regeln sind einfach: Spieler können Karten aus einem 32er Spiel kaufen – für fünf davon werden Geldpreise ausgelobt. (rha)  

Gegen 19.30 Uhr ziehen auch die Drums & Pipes durch den Ort. Ihr Ziel ist ebenfalls der Platz an der Alten Schule. Dort versorgt Brauhaus-Betreiberin Ulrike Geuenich ihre Gäste seit Monaten aus dem Foodtruck mit Schnitzeln und anderem. Nun wird sie erstmals (und letztmals, wie sie lachend betont), Kirmeswirtin sein.

Diese Kirmes ist für die Gemünder mehr als nur ein Fest

Den Vereinen zu helfen, das Fest auf die Beine zu stellen, ist für sie logisch: „Man muss was tun fürs Dorf.“ Gemünd ist ihr ohnehin eine Herzensangelegenheit. Der Zusammenhalt seit der Flut beeindruckt sie immer wieder aufs Neue, ebenso das Engagement, das auch die Stadt beim Wiederaufbau an den Tag legt. In ihrem Zelt wird nun gefeiert und die Frankfurter Messe gespielt. Doch in Summe geht es in Gemünd um mehr: „Wir wollen ein Zeichen setzen, dass es weitergeht“, sagt Schmidt.

Die Vorfreude auf die Kirmes ist groß, auch wenn ihm im Vorfeld klar ist, dass es kaum die perfekte Kirmes werden kann. Tanz gibt’s dieses Jahr noch nicht, auch wird kein Feuerwerk abgeschossen. Mal ganz abgesehen von Umwelt- und Energieaspekten, sagt Schmidt: „Das passt nicht in die Zeit und in die zerstörte Stadt.“

Die Wiedereröffnung des Brauhauses naht

Sowohl er als auch Geuenich richten den Blick bereits nach vorne. Schmidt auf die Kirmes 2023, für die er recht schnell einen Arbeitskreis gründen möchte, um die Aufgaben frühzeitig zu verteilen. Und Geuenich auf ein noch unklares Datum Ende November, Anfang Dezember: Dann wird sie das Brauhaus wieder eröffnen. Bereits ab Dienstag wird sich das Bild auf dem Platz an der Alten Schule verändern: Zelt und Verpflegungswagen werden abgebaut.

Das könnte Sie auch interessieren:

In den nächsten Wochen, wenn die Arbeiten der Stadt als Immobilienbesitzerin abgeschlossen werden und der Schreiner anrücken kann, will Geuenich sich um Ausstattung, Deko, Bestellungen und all dies kümmern – für ihr erklärtes Ziel: „Das Brauhaus wird wieder was ganz Besonderes.“

KStA abonnieren