Zunächst übernimmt das Holzunternehmen aus Bayern am 1. Januar 30 Prozent von Bünder. In fünf Jahren soll es Mehrheitsgesellschafter sein.
Firma BünderBayrische Firma wird Mehrheitseigner bei Euskirchener Traditionsunternehmen
Für die jahrelangen Stammkunden des Baustoffgroßhändlers Bünder kam die Nachricht überraschend. Vor wenigen Tagen teilte ihnen das Euskirchener Traditionsunternehmen in einem Schreiben mit, „dass die Thalhofer OHG zum 1.1.2024 eine strategische Beteiligung an unserem Unternehmen übernehmen wird, die in den nächsten Jahren ausgebaut wird“. Die Nachricht machte rasch die Runde, die Wirtschaft im Kreis Euskirchen hatte ein neues Gesprächsthema.
Insofern ist es fast schon überraschend, dass der Coup so lange in Ruhe hinter verschlossenen Türen vorbereitet werden konnte. Nun, da alle Beteiligen informiert sind, äußerte sich der geschäftsführende Gesellschafter der Bünder GmbH, Fritz-Bert Rosenbaum, im Gespräch mit dieser Zeitung zu der neuen Gesellschafterstruktur und dazu, was ihn zu dem Schritt bewogen hat.
30 Prozent werde die Thalhofer-Gruppe mit Sitz im bayrischen Deisenhausen zum bevorstehenden Jahreswechsel übernehmen, erläutert Rosenbaum. In fünf Jahren soll das Holzunternehmen dann 80 Prozent und somit die Mehrheit am Euskirchener Baustoffhändler halten. Er selbst werde für noch mindestens fünf Jahre Geschäftsführer bleiben, so Rosenbaum.
Letztlich seien für ihn nach reiflicher Überlegung zwei Gründe ausschlaggebend gewesen: die Zukunftssicherung und die Erweiterung des Leistungsspektrums der Bünder GmbH, sagt Rosenbaum. „Ich bin relativ spät Vater geworden“, erklärt der 58-Jährige. Seine Töchter seien 12 und 15 Jahre alt, also noch zu jung, um entscheiden zu können, ob sie mal in das Unternehmen einsteigen wollten.
Bünder-Standorte in Euskirchen, Lechenich, Münster, Wuppertal und Duisburg
Doch zukunftsweisende Entscheidungen, wie etwa den Teilverkauf des Unternehmens, noch zehn Jahre hinauszuzögern, während er langsam auf die 70 zugehe, sei für ihn keine Option: „Das entspräche nicht meinem Verständnis von Verantwortung.“
Schließlich geht es um eine Firmengruppe, die an ihren fünf Standorten in Euskirchen, Duisburg, Wuppertal, Erftstadt und Münster 195 Mitarbeiter beschäftigt und die in diesem Jahr voraussichtlich einen Umsatz von rund 78 Millionen Euro erwirtschaften wird – ein Unternehmen zudem, das wirtschaftlich auf sehr festen Füßen stehe, betont Rosenbaum.
Er habe er sich gefreut, dass die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter die Beteiligung der Thalhofer-Gruppe sehr positiv aufgenommen hätten. Auch in der Belegschaft sei naturgemäß zuweilen die Frage aufgekommen, was denn aus dem Arbeitgeber mal werde, wenn Rosenbaum sich mal aus dem operativen Geschäft zurückziehe. Übernehme dann etwa ein Konzern? Womöglich mit maximaler Profitorientierung und wenig Interesse am Wohlergehen der Belegschaft? Nein, versichert Rosenbaum, sowas wäre ihm nicht ins Haus gekommen.
Die Thalhofer OHG hingegen sei ein „grundsolides, familiengeführtes Handelshaus“ mit 18 Standorten im Süddeutschen und einem Jahresumsatz von rund 330 Millionen Euro. „Hier kommen zwei Familienunternehmen zusammen“, freut sich der 58-Jährige. Das habe die Belegschaft auch gespürt, als sich Hauptgeschäftsführer Stefan Thalhofer, der seit 1989 in dem seit 1923 existierendem Unternehmen tätig ist, ihnen im Rahmen einer Feier in der Euskirchener Tuchfabrik vorstellte – und seine Familie mitgebracht hatte.
„Zwei seiner Kinder arbeiten bereits heute in der Thalhofer-Gruppe in verantwortlicher Position“, berichtet Rosenbaum über den künftigen Teilhaber. Die Zukunft des bayrischen Unternehmens als Familienunternehmen sei somit bereits heute sichergestellt.
„Ich habe auch mit keinem anderen Unternehmen über eine Beteiligung gesprochen“, berichtet der Bünder-Geschäftsführer und spricht von einer Win-win-Situation: Bünder sichere mit dem Schritt seine Zukunft, Thalhofer nutze die Gelegenheit, um im Westen Deutschlands Fuß zu fassen. Über den Preis für die Anteile geben beide Seiten keine Auskunft. Der Name „Bünder“ werde bleiben, versicherten Rosenbaum und Thalhofer.
Der Name „Bünder“ soll trotz des Einstiegs von Thalhofer bestehen bleiben
„Durch die Beteiligung von Thalhofer wird auch unser Leistungsspektrum ausgebaut“, nennt Rosenbaum den für ihn zweiten wichtigen Grund. Vor allem im Bereich der Digitalisierung von Bau- und Beratungsprozessen habe Thalhofer weitgehende Schritte über die Software PORTER realisiert, die in den nächsten Monaten auch an den Bünder-Standorten umgesetzt würden. „Unsere Kunden können dann mit einer VR-Brille virtuell durch ihr künftiges Objekt gehen und zum Beispiel so die Farben auswählen“, so Rosenbaum.
Somit sei das Unternehmen, das 93 Prozent seines Umsatzes mit Gewerbeunternehmen und die übrigen 7 Prozent mit privaten Kunden macht, auch für die derzeit schwierige Phase im Baugewerbe gut aufgestellt.
„Nicht die Zinsen sind das Problem“, sagt Rosenbaum, „historisch gesehen sind sie auch auf einem Normalniveau.“ Ungewöhnlich seien eher die Niedrigzinsen der vergangenen Jahre gewesen. Die hätten die Sparer hart getroffen – und sie von der ein oder anderen Renovierungsmaßnahme in den eigenen vier Wänden abgehalten.
„Das Problem sind die Bauregulierungen – und das in einer Zeit, in der wir dringend Wohnraum brauchen“, gibt Rosenbaum zu bedenken. Und berichtet von einem 12-Millionen-Euro-Projekt in der Region, bei dem alleine eine Million für Gutachten anfalle. Dennoch sei er optimistisch, dass Bünder auch diese Phase meistern wird. Der künftige Teilhaber scheint das offenkundig ähnlich zu sehen.
Seit 1855 gibt es Bünder in Euskirchen
Der Einstieg des bayrischen Holz-Unternehmens Thalhofer ist eine weitere Wegmarke in der 168-jährigen Geschichte von Bünder, die 1855 beginnt, als Hubert-Josef Bünder eine kleine Zimmerei in Euskirchen aufbaut.
1918 kauft Adolf Spilles, Urgroßvater des jetzigen Geschäftsführers Fritz-Bert Rosenbaum, das Unternehmen von Bünder, erweitert es und baut es nach der Zerstörung im Zweiten Weltkrieg wieder auf, obwohl er schwere Schicksalsschläge hinnehmen musste.
„1940 starb seine Frau und seine beiden Brüder sind nicht aus Russland zurückgekehrt“, berichtet Fritz-Bert Rosenbaum aus der Familien- und Unternehmensgeschichte.
Bis er selbst 1993 in die Firma einsteigt und fünf Jahre später die Geschäftsführung übernimmt, leiten externe Geschäftsführer, begleitet von seiner Mutter Karin, die Geschicke des Unternehmens. Unter Führung Rosenbaums mit dem Bünder-Beirat Rainhard Michalik fallen die Zukäufe der Standorte in Wuppertal (2011), Duisburg (2016) und Münster (2017).