Verfahren eingestelltGeflüchtete im Internet verächtlich gemacht – Zülpicher vor Gericht

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Das Symbolbild zeigt das Gebäude Amtsgerichts in Euskirchen.

Am Amtsgericht Euskirchen musste sich ein Zülpicher wegen Volksverhetzung verantworten.

Ein notorischer Straftäter, der schon mehrfach im Gefängnis saß, war in Euskirchen wegen Volksverhetzung angeklagt. Er kam glimpflich davon.

Diebstahl, Körperverletzung, Betrug, Nötigung, Fahren ohne Fahrerlaubnis – Marcel P. (Name geändert) ist in den zurückliegenden 20 Jahren immer wieder mit dem Gesetz in Konflikt geraten. Jetzt kam ein neues Delikt hinzu: Volksverhetzung.

Am Dienstag musste der 43 Jahre alte Zülpicher, ein gelernter Handwerker, der schon mehrfach im Gefängnis gesessen hat, sich deshalb vor Gericht verantworten. Obwohl er noch unter Bewährung steht, kam der notorische Straftäter glimpflich davon. Der Euskirchener Amtsrichter Malte Theis stellte das Verfahren gegen eine Auflage vorläufig ein.    

Der Zülpicher machte auf Facebook Asylbewerber verächtlich

P. hatte am 3. April 2023 im Sozialen Netzwerk Facebook eine Darstellung veröffentlicht, die zwei uniformierte Soldaten an einem Maschinengewehr zeigte. Die Bildunterschrift lautete: „Das schnellste Asylverfahren Deutschlands: Lehnt bis zu  1400 Asylanträge pro Minute ab.“ 

Durch die unkommentierte Verbreitung im Internet habe er sich diese Äußerung zu eigen gemacht, Asylbewerberinnen und -bewerber in der Bundesrepublik als lebensunwürdig dargestellt und sie verächtlich gemacht, hieß es in der Anklageschrift. Damit sei der Straftatbestand der Volksverhetzung erfüllt.

Am Euskirchener Amtsgericht bedauerte der Angeklagte sein Verhalten

Der Zülpicher ließ seinen Verteidiger Albert Stumm eine Erklärung abgeben. Demnach bedauere er seine Tat außerordentlich. Er habe das Meme, wie derartige im Netz kursierende Bilder oder Filmchen genannt werden, lustig gefunden und daher weitergeleitet. Dies sei blöd gewesen, räumte der Angeklagte über seinen Anwalt ein. Was passiert sei, sei ihm unglaublich peinlich.

Richter Theis ergänzte, dass P. die Darstellung nicht nur weitergeleitet, sondern auf seiner Facebook-Seite, die er unter einem Pseudonym betrieb, auch zum Statusbild erhoben habe. Auf Fragen zur Motivation erhielt der Vorsitzende von dem 43-Jährigen keine Antwort.      

Das Euskirchener Gericht sah von einer Strafverfolgung ab

Er wolle den Tatbestand der Volksverhetzung keineswegs bagatellisieren, sagte Theis, zu berücksichtigen sei jedoch, dass mit der Verbreitung der Darstellung kein konkreter Aufruf verbunden gewesen sei. Von einer Strafverfolgung sah der Richter ab.

„Durch eine Verurteilung würde der Resozialisierungsprozess unterbrochen“, spekulierte er darüber, welche Folgen eine weitere Haftstrafe für Marcel P. haben könnte. Auch verwies Theis auf die Stellungnahme, die die Bewährungshelferin des Angeklagten abgegeben hatte. Sie sagte, dass der Zülpicher in einer stabilen Beziehung lebe. Auch beruflich laufe es für ihn zufriedenstellend, seit er sich vor einiger Zeit selbstständig gemacht habe.   

Ganz ohne Konsequenzen blieb die Tat für Marcel P. allerdings nicht. Theis gab ihm auf, 25 Sozialstunden abzuleisten, und zwar in einer Einrichtung der Flüchtlingshilfe. Zum Abschied schrieb der Richter dem Zülpicher dies ins Stammbuch: „Lassen Sie die Finger von Social Media. Wenn man Frust hat oder sich lustig findet, wird man zur Straftatenschleuder.“

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