„Seeterrassen“ in ZülpichWarum das Neubaugebiet bei den Anwohnern für Ängste sorgt

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Das Modell des Baugebiets ist am 3-D-Drucker entstanden. Vor der Info-Veranstaltung machten sich die Zülpicher ein Bild von den „Seeterrassen“.

  • Das geplante riesige Baugebiet „Seeterrassen“ spaltet in Zülpich die Bürger und die Politik.
  • Nun standen der Bürgermeister, der Stadtentwickler und der Geschäftsführer der Projektentwicklungsfirma F&S concept den Bürgern Frage und Antwort.
  • Wir waren mit dabei – und haben die wichtigsten Antworten zusammengefasst.

Zülpich – Das Forum in Zülpich war voll. Etwa 300 Zuhörer waren zur Informationsveranstaltung der Stadt gekommen. Bürgermeister Ulf Hürtgen (CDU), Stadtentwickler Christoph M. Hartmann und Georg Schmiedel, Geschäftsführer von F&S concept, informierten  über das geplante Baugebiet „Seeterrassen“ im Bereich des Seeparks. Sie  nahmen auch zu kritischen Fragen, Sorgen und Ängsten Stellung.

Was ist zwischen See und Nahversorger geplant?

340 Grundstücke sollen zwischen Seepark und dem Nahversorgungszentrum an der Bonner Straße in Zülpich erschlossen werden. Die Fläche entspricht einer Größe von etwa 35 Fußballfeldern. Das Ziel ist laut Projektentwickler F&S concept,  Wohnraum für bis zu 1.500 Menschen zu schaffen – inklusive gefördertem Wohnraum, einer Fläche für Start-up-Unternehmen, zweier Kindertagesstätten, mindestens 700 Bäume und 2,5 Kilometer Hecken.

Was sagt die Stadt zu dem Vorhaben?

Bereits seit 2001 wird an einem Konzept, den Wassersportsee in die städtische Struktur zu integrieren, gearbeitet. Entsprechend dieses Konzepts sprach sich die Politik zunächst im Stadtentwicklungsausschuss am  15. Mai 2003, später auch im Rat einstimmig für die Rahmenplanung „Wassersportsee“ aus.

„Die Landesgartenschau wurde dann zum Motor der Stadtentwicklung“, sagte Planer Christoph M. Hartmann. Die „Seeterrassen“ seien ein Meilenstein, so Bürgermeister Hürtgen. Aufgrund der Größe könne man von einem neuen Stadtteil sprechen, so  der Verwaltungschef.

Auswirkungen auf die Veranstaltungen im Seepark  soll das Baugebiet nicht haben „Wir werden das zarte Pflänzchen Seepark, das wir mühevoll aufgebaut haben, doch nicht selbst wieder kaputt machen“, so Hürtgen: „Wir machen nichts, um die Kosten für den Seepark einzusparen.“

Seeterrassen Veranstaltung

Züöpichs Bürgermeister Ulf Hürtgen beantwortet Fragen der Bürger.

Welche Kritik wurde aufgeführt?

Gerd Marcy bezeichnete das Projekt als ein Schandmal. „Eine Stadt in einer Stadt zu planen, zeugt von Größenwahn“, sagte er: „Der See wird nicht mehr das Naherholungsgebiet sein, das er mal war. Es wird Natur vernichtet.“ Eine Bürgerin befürchtete, dass der Verkehr durch die Neu-Bürger deutlich zunehmen wird – im Bereich  Bonner Straße/Frankengraben in den Morgenstunden sogar ein Verkehrschaos entstehen könnte.

Die Zülpicherin Astrid Sonntag kritisierte die Dimension des Bauvorhabens, sprach sich aber nicht komplett gegen die „Seeterrasse“ aus. „Mich erschreckt die Größe“, sagte sie. Petra Boigk aus Juntersdorf bezweifelte, dass das Neubaugebiet die Zülpicher Innenstadt beleben wird. Sie hätte sich bei den Geschäftstreibenden in der Innenstadt umgehört. Schon das Neubaugebiet ,Seegärten’ vor ein paar Jahren hätte diesbezüglich nichts gebracht, sagte sie.

Ein Bürger wollte wissen, ob die Grundstücke bereits verkauft seien oder es zumindest Reservierungen gebe. Er wollte auch wissen, wie viel der   Quadratmeter kostet. 

Info Veranstaltung Seeterrassen

Großer Zulauf bei der Infoveranstaltung in Zülpich.

Was sagen Stadt und  Projektentwickler zur Kritik?

„Wir befinden uns noch ganz am Anfang, das Projekt steckt in den Kinderschuhen“, erläuterte Bürgermeister Hürtgen. Es bestehe noch zwei Mal die Gelegenheit, bei einer Bürgerbeteiligung Kritik zu äußern und Vorschläge zu machen. Das sei ein wesentlicher Bestandteil der Offenlage des Bebauungsplans. Hürtgen verwies darauf, dass die Wortbeiträge während der Info-Veranstaltung nicht in die Offenlage einfließen. Die Kritik müsse schriftlich geäußert werden.

F&S-Geschäftsführer Schmiedel versicherte, dass es keine Reservierungen gebe und er sich freuen würden, wenn sich möglichst viele Zülpicher melden, die Interesse haben, dort zu bauen. Bei den Römergärten, die aktuell mehr und mehr Gestalt annehmen, betrage der Quadratmeterpreis 260 Euro.

„Wenn mir das vor zehn Jahren einer  gesagt hätte, den hätte ich für bekloppt gehalten“, so Schmiedel. Er gehe davon aus, dass der Bedarf an den Grundstücken und Wohnungen vorhanden sei. Sollte das aber nicht der Fall sein, könnte das Gebiet auch  sukzessive realisiert werden.

Gibt es eine Alternative für die Fläche am See?

Die Entwicklung des Bereichs zwischen Seegärten und Bahnhof war im Flächennutzungsplan 2004 bereits enthalten, wurde jedoch durch die Bezirksregierung von der Genehmigung  ausgenommen – wegen des Feldhamster-Vorkommens. „Das Gebiet ist für eine Bebauung grundsätzlich gut geeignet. Die Haupterschließungsstraße des Baugebietes ,Seegärten’  wurde deshalb bereits so dimensioniert, dass darüber die verkehrliche Erschließung der weiteren Wohngebiete möglich ist“, sagte Stadtentwickler Christoph M. Hartmann auf Nachfrage.   Eine Realisierung sei aber erst mittel- bis langfristig realistisch. Es fehle vor allem eine städtebauliche Planung  (Entwicklungskonzept und  Bebauungsplan). „Die Planungen benötigen einen langen Vorlauf und können nicht den kurzfristig vorhandenen Bedarf an Wohnbau-Grundstücken decken“, so Hartmann. Es gebe beispielsweise auch  kein Entwässerungskonzept und die Grundstücke seien nicht verfügbar. (tom)

Gab es  Beschwerden über den Seepark?

Hartmann: „Nachdem bei einzelnen Abendveranstaltungen im Seepark und im Lago Beach Beschwerden von den umliegenden Wohngebieten eingegangen sind, erfolgen seit etwa einem Jahr bei Abendveranstaltungen am See Lärmmessungen durch das Ordnungsamt der Stadt Zülpich.“ Dabei habe sich ergeben,  dass die zulässigen Immissionswerte in den angrenzenden Wohngebieten stets eingehalten wurden, so der Stadtentwickler.

„Die Beschwerden haben zuletzt deutlich nachgelassen, nachdem im Seepark und im Lago Beach immissions-optimierte Beschallungstechnik verwendet werden“, berichtete Hartmann.

Steht die Zukunft des Seeparks auf dem Spiel?

Bedingung für die Realisierung des Baugebiets „Seeterrassen“ sei, dass der Seepark bei seinen Veranstaltungen nicht eingeschränkt wird, sagte Hartmann. So sei entlang der Seefront in der ersten und zweiten Bebauungsreihe ein Kreativ-Viertel geplant, das die dahinter liegende Wohnbebauung weitgehend von den Immissionen des Seeparks abschotten soll. Zudem sei ein urbanes Gebiet geplant. „Das urbane Gebiet weist den Störgrad eines Mischgebietes auf. Hierüber wurden bereits erste Abstimmungsgespräch mit einem Immissionsgutachter geführt“, so Hartmann.

Bis zur Offenlage erfolge nun die Erarbeitung eines ausführlichen Immissionsgutachtens. Bedingung für die Realisierung des neuen Baugebietes ist Hartmann zufolge, dass einwandfrei nachgewiesen werden kann, das durch die festgesetzten Maßnahmen sowohl im neuen Wohngebiet, aber auch in den angrenzenden Wohngebieten alle gesetzlichen Immissionsgrenzwerte eingehalten werden.

Ist das Gebiet im Laga-Konzept verankert?

„Ja, aber es gibt keinerlei förderrechtliche Verpflichtung, das Baugebiet ,Seeterrassen’ realisieren zu müssen“, so  Hartmann auf Nachfrage dieser Zeitung. Das Bewerbungskonzept zur Landesgartenschau 2014 empfehle lediglich, eine bauliche Einfassung des Seeparks zu realisieren, damit dieser in die Stadtlage integriert werde.

Seeterrassen Planung

So könnte das Baugebiet „Seeterrassen“ aussehen: Bis zu 1500 Neubürger könnten auf dem Areal leben.

Ist Zülpich auf etwa 1.700 neue Bürger vorbereitet?

Es geht um 1.500 neue Bürger in den „Seeterrassen“ und rund 200 Menschen, die bald in den Römergärten leben werden. Die Verkehrsgutachter gehen davon aus, dass die Kreisverkehre und Straßen die Mehrbelastung problemlos aufnehmen können. Es werde aber ein weiteres Verkehrsgutachten geben, sagte  Georg Schmiedel.

Im Neubaugebiet „Seeterrassen“ möchte der Projektentwickler zwei Kitas  etablieren. „Es wird einen Anbau auf dem Schulcampus geben und wir werden weiter in die schulische Infrastruktur investieren. Das werde sich auch im Haushalt widerspiegeln“, so Hürtgen.

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