Aus dem Home-OfficeFilmemacherin aus Zülpich produziert Dokumentarfilme

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Ist eigentlich eher hinter den Kulissen unterwegs: Claudia Zenkert.

Ist eigentlich eher hinter den Kulissen unterwegs: Claudia Zenkert.

Zülpich – Am Anfang ihrer Reise stand eine Frage: „Wie kann ich Wissenschaft zu den Menschen tragen?“ Die 38-jährige Claudia Zenkert ist promovierte Molekularbiologin, produziert aber als Start-up-Gründerin Dokumentarfilme. Und das aus ihrem Home-Office in Bürvenich. Nicht unbedingt der Tummelplatz für Vertreter der internationalen Filmindustrie.

„Dass wir in meinem Heimatort geblieben sind, haben wir auch Corona zu verdanken. Ich habe Seetree mitten in der Pandemie gegründet, und da jetzt ohnehin alles online läuft, dachten wir uns, warum nicht gleich hierbleiben?“, sagt Zenkert. Doch nicht nur der Standort ist auf den ersten Blick ungewöhnlich, auch der Weg zum Start-up ist nicht ganz alltäglich. „Da kam einiges zusammen. Eigentlich wollte ich in die Lehre“, so Zenkert: „Aber dann habe ich eine Vorlesung gehalten, damals noch in Heidelberg, und habe gemerkt: Die Studierenden interessieren sich mehr für das Bestehen der Prüfungen als für die Themen selbst.“ Die fehlende Leidenschaft habe sie enttäuscht.

Leute für Wissenschaft begeistern

„Ich dachte mir, es muss eine andere Möglichkeit geben, die Leute für Wissenschaft zu begeistern. Dann habe ich mich an Sendungen wie Terra X erinnert, mit denen bin ich aufgewachsen“, sagt die 38-Jährige. Eine Idee war geboren und es folgte eine Hospitation beim Fernsehen und der Einstieg in den Vertrieb bei einer Produktionsfirma. Dort habe sie auch die ersten Kontakte geknüpft, die für ihren eigenen Betrieb so essenziell seien. „Netzwerken ist ein Kernelement meiner Arbeit. Mit potenziellen Kunden verhandle ich die Finanzierung für unsere Projekte“, berichtet Zenkert. Meistens sei es so, dass mehrere Sender oder Plattformen ein Projekt finanzierten. „Das heißt, man muss erstmal viel telefonieren, absprechen, verhandeln, bevor ein Projekt in die Produktion geht“, so Zenkert.

Der Wettbewerb

Veranstaltet von der Gründerregion Aachen zusammen mit der IHK Aachen, richtet sich der AC2 -Gründungswettbewerb vor allem an Start-Ups in der frühen Gründungsphase. Die Teilnehmenden legen einen Businessplan vor, der von einer Jury aus der lokalen Wirtschaft bewertet wird.

Preise:

1. Platz: 10 000 Euro

2. Platz: 7 500 Euro

3. Platz: 5 000 Euro

(enp)

Weil es dabei um große Summen gehe, sei das Portfolio international aufgestellt. Zenkerts eigene berufliche Herkunft findet sich auch thematisch in den Projekten wieder, die unter anderem Natur- und Wissenschaftsdokus umfassen. Besonderheit bei ihren Produkten sei zudem das ganzheitliche Konzept: So bietet Seetree neben Filmen in diversen Sprach- und Genreausführungen auch zugehörige Bildungspakete an. Neben ihrer Arbeit belegte Zenkert unzählige Abendkurse im Bereich Journalismus und Medienproduktion, um Hintergrundwissen zu sammeln, auch an der IHK. Dort ist die 38-Jährige jetzt sogar mit ihrem Start-up beim AC2 -Gründungswettbewerb nominiert. Für sie sei die Teilnahme aber nur die Kirsche auf der Sahnehaube. „Mein Unternehmenskonzept steht. Den Preis zu gewinnen, wäre natürlich schön, aber wenn es nicht klappt, dann ist das so“, so die Gründerin.

Nicht immer einfach

Die 38-Jährige ist zuversichtlich, dass sie bald mit den ersten Projekten in die Produktionsphase starten kann. Dann könnte es auch sein, dass sie Zülpich als Standort verlassen muss. „Es ist vor allem aufgrund der Infrastruktur hier nicht immer einfach, ein internationales Geschäft zu führen. Für meine Mitarbeiter, die pendeln müssen, ist es umständlich“, gibt sie zu bedenken. „Der Kreis muss definitiv noch mehr am Ausbau des Nahverkehrs arbeiten, damit der Standort konkurrenzfähig wird.“ Einmal habe sie sogar mit dem Schulbus fahren müssen, weil die Anbindung so schlecht gewesen sei. „Ich kam gerade aus Cannes von einer Messe und stand in Zülpich auf einem staubigen Parkplatz, auf dem unregelmäßig Busse hielten, aber keiner davon fuhr nach Bürvenich. Ein Schüler hat mich dann zum Schulbus gelotst.“

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Trotz der Hürden möchte die Gründerin in ihrer Heimat bleiben. „Ich bin wirklich gern hier und fühle mich hier verwurzelt. Hier ist es ruhig und man hat eine gute Work-Life-Balance. Aber wenn es nicht anders geht, werden wir nach Köln oder Bonn ausweichen müssen“, sagt sie.

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