Finanzierung ungewissBurscheider Musikschule schlägt Alarmglocke

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Das Cellovorspiel im Haus der Kunst war vor Corona, auch während der Krise geht es weiter. Nur mit der finanziellen Zukunft sieht es düster aus. Nun wurde die Alarmglocke geschlagen.

Das Cellovorspiel im Haus der Kunst war vor Corona, auch während der Krise geht es weiter. Nur mit der finanziellen Zukunft sieht es düster aus. Nun wurde die Alarmglocke geschlagen.

Burscheid – Die Fenster stehen offen und in den sommerlichen Luchtenberg-Richartz-Park wummern Rhythmen quirliger Percussion.

Alle Ohren und Augen in einem Raum

Es herrscht zwar noch kein „Normalbetrieb“ in der Burscheider Musikschule. Aber bis maximal sechs Schüler – ausgenommen die Musiker der Blas- und Vokalfächer – dürfen miteinander auf Abstand musizieren. Klavierlehrer Ismail Seyhan freut sich, seine Schüler wieder zu Gesicht zu bekommen. Zwar konnte der Unterricht  ohne Lücke nach den Kontaktbeschränkungen der Corona-Krise virtuell fortgeführt werden. Aber Ohren und Augen in einem Raum zu haben, das kommt der Musik zugute.

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Seit 19 Jahren ist Seyhan Dozent an der Burscheider Musikschule. Er ist Freiberufler und auch wenn die Bezahlung im Vergleich zu den Nachbarstädten niedrig ist, sagt Seyhan, dass er hier bleiben will:

Nettes Kollegium

„Das Kollegium ist nett, hier stimmt es untereinander. Das ist ein großer Faktor.“ Musikschulleiter Thomas Kinzel ist stolz auf das Kollegium, das aus hochqualifizierten Pädagogen bestehe, die sich – wie die Corona-Krise zeigt – engagiert und kreativ einbringen. Trotzdem gebe es Fluktuation und neue Kollgen zumal in der musikalischen Früherziehung zu finden, ist schwer. „Viele von uns gehören zur Generation Kassettenrekorder und haben sich ganz schnell in Skype oder andere Medien eingearbeitet“, sagt Kinzel.

70 Prozent des Unterrichts online gerettet

70 Prozent der Unterrichtsstunden habe man so retten können. Vom Mehraufwand spricht keiner. Freiberufler, und das sind die 38 Dozenten ausnahmslos, sind in diesen Tagen froh über jede Einnahmequelle. Und sie wissen einen Standort wie Burscheid zu schätzen, wenn er mit wachsender Einwohnerzahl und einem vielseitigen Kulturleben eine Plattform für ihre Arbeit ist. Aber Kinzel, Seyhan und die Kollegen warnen wiederholt, dass sie gegen das jährliche Defizit ohne Unterstützung der Stadt trotz diszipliniertem Sparen nicht ankommen.

Rücklagen werden mittelfristig aufgebraucht

Aus einem Nachlass gab es Geld, von dem der Bildungsbetrieb seit einigen Jahren zehrt. Geht das so weiter – und die Haushaltszahlen nach Corona lassen ein weiteres Defizit vermuten, dann dürfte die Musikschule pünktlich zum 50-jährigen Bestehen Geschichte sein. „Die Rücklagen werden mittelfristig aufgebraucht sein, so dass eine Schließung des Betriebes innerhalb der nächsten 5 Jahre sehr wahrscheinlich wird. Aber neben der Deckung der Betriebskosten gibt es außerdem einen weitaus höheren Finanzbedarf, da die Personalkosten signifikant gesteigert werden müssen, um die Lehrkräfte in Burscheid halten zu können oder neues Fachpersonal anwerben zu können“, so Kinzel.

Gebührenerhöhung hätte Schülerschwund zur Folge

Ein Ausweg wäre nur die Gebührenerhöhung. Aber Kinzel geht davon aus, dass die Zahl der derzeit bis zu 600 Schüler dann auf ein Sechstel schrumpfen dürfte. Nun sagt er: Wir wollen von null auf 100 000. Das würde die Personalprobleme nicht lösen. Aber wir hätten wieder eine Perspektive.“ Bislang gab es aus der Burscheider Politik für den Verein kein grünes Licht für Geld aus dem Städtischen Etat. Denn das Sparkonzept verbietet solche freiwillige Leistungen. Aber kommendes Jahr, so Kinzel und Seyhan, laufe der Stärkungspakt läuft aus. „Ab 2021 ist es der Stadt Burscheid theoretisch gestattet, die Musikschule zu fördern.“ Das alles jetzt in Corona-Zeiten in die Waagschale zu werfen, halten sie für richtig und wichtig. Keiner solle nachher sagen, er habe es nicht gewusst. „Und wir setzen und jederzeit mit den Politikern an einen Tisch und sind für alles offen“, sagt Seyhan. Denn er wolle in Burscheid weiter arbeiten.

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