26-jähriger Bäckermeister übernimmtBäckerei Kohls in Leichlingen ist gerettet

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Bäckermeister Christian Schirmer mit Säcken voller Fliesenkleber statt Mehl auf der Baustelle seiner Backstube.

Bäckermeister Christian Schirmer mit Säcken voller Fliesenkleber statt Mehl auf der Baustelle seiner Backstube.

Leichlingen – Zement und Fliesenkleber statt Mehl und Getreide steckte in den Säcken, die sich in den vergangenen zwei Wochen in der Backstube der Bäckerei Kohls in der Mittelstraße stapelten. Plastikfolien in den Schaufenstern verbargen den Blick auf Kuchentheke und Brotregale, wo sonst Puddingbrezeln, Croissants und Baguettes locken.

Der Name bleibt noch an der Wand, aber bald heißt die Bäckerei Schirmer. An der Straßenecke kann sich der neue Bäckermeister eine kleine Kaffeeterrasse vorstellen.

Der Name bleibt noch an der Wand, aber bald heißt die Bäckerei Schirmer. An der Straßenecke kann sich der neue Bäckermeister eine kleine Kaffeeterrasse vorstellen.

Der Laden wird umgebaut und ist deswegen geschlossen. Am Montag, 24. Januar, ist alles frisch gestrichen und renoviert und wird der funkelnagelneue Gas-Backofen in Betrieb genommen, in dem täglich 700 bis 1000 Brötchen knusprig werden. Dann ist Christian Schirmer der Chef im Laden. Denn der 26-jährige Bäckermeister hat das Geschäft von Thomas Kohls übernommen, der sich mit 64 Jahren den Ruhestand gönnt.

Nachfolge ist geglückt

Für das heimische Bäckerhandwerk ist die geglückte Übergabe des Traditionsbetriebs eine gute Nachricht. Denn Frühaufsteher, die sich die nächtlichen Arbeitszeiten der Branche zumuten und als Selbstständige den Konkurrenzkampf gegen Großbäckereien, Filialketten, Discounter-Theken und Selbstbedienungs-Läden aufnehmen, kann man sich nicht backen. In Schirmer aber hat Kohls genau gefunden, was er brauchte, um seinen 1928 in Köln gegründeten und seit den 1960er-Jahren in der Mittelstraße ansässigen Familienbetrieb guten Gewissens abgeben zu können. Ein Meisterbrief war Bedingung für einen Nachfolger. Den hat der Leichlinger seit 2020. Und er kennt seine eigene Backstube in- und auswendig.

In der von Öl auf Gas umgestellten Backstube ist ab Montag neben bewährten Teigmaschinen ein neuer Ofen in Betrieb.

In der von Öl auf Gas umgestellten Backstube ist ab Montag neben bewährten Teigmaschinen ein neuer Ofen in Betrieb.

Schon als Realschüler hat er hier in den Beruf hinein geschnuppert, 2012 ein Praktikum gemacht und danach seine Ausbildung begonnen. Seine Lehre hat er 2016 als Jahrgangsbester der Innung abgeschlossen. Den Meister hat der Geselle direkt aufgesattelt. Und dass er sich einmal selbstständig machen würde, „war immer schon klar, aber dass es jetzt so weit ist, hat sich so ergeben“, sagt Schirmer.

Als Thomas Kohls ihn gefragt habe, ob er sein Nachfolger werden wolle, habe er sofort Ja gesagt: „Das ist ein großer Schritt“, gibt der junge Meister zu, „aber es ist optimal“. Er weiß ja genau, worauf er sich einlässt. „Gutes Personal ist schwer zu finden“, weiß der ledige 26-Jährige. Aber die Sorge hat er nicht. Seine beiden Gesellen, die bei ihm bleiben, haben auch bei Kohls gelernt, sind schon seit 16 und 27 Jahren in der Backstube. Das zehnköpfige Team aus Verkäuferinnen und Aushilfen übernimmt er ebenso wie die bewährten Rezepte. Am Sortiment will er nur behutsam etwas ändern.

Streuselkuchen bleibt

Die beliebtesten Klassiker wie den Streuselkuchen und das Dinkelbrot bleiben im Programm: „Darauf können wir nicht verzichten“, kennt Schirmer seine Kundschaft. Aber bei den Zutaten für manche Brötchen, Laibe und Kuchen will er seine eigene Note einbringen und auf Trends und Allergie-Belange eingehen. Für spätere Zeiten kann er sich einen Verkaufswagen und eine kleine Terrasse für die Kaffeepause an der Ecke zum Märzgässchen vorstellen.

Torten gibt es bei ihm „höchstens für Ausbildungszwecke“. Sie überlässt er lieber Konditor Martin Schneppenheim vom Café Büchel. Er, Schirmer und die Bäckerei Strieker in Witzhelden sind neben mehreren Filialbetrieben die drei verbliebenen selbstständigen Meister-Betriebe mit eigener Backstube im Geschäft. „Der Trend geht wieder zurück zu kleineren Bäckereien“, blickt Schirmer optimistisch in die Zukunft. Die Kollegen verstehen sich untereinander gut – im Café an der Bahnhofstraße durfte Schirmer während der Umbau-Pause zum Beispiel weiter seine Brötchen für das Pilgerheim Weltersbach backen, das er ebenso wie den Kiosk des Gymnasiums beliefert.

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Und wie war das nun mit dem frühen Aufstehen? Für den 26-Jährigen kein Problem. „Es hat fast etwas Romantisches“, schwärmt er sogar, wenn er um 2.30 Uhr zur Arbeit geht und dann manchmal auf Nachtschwärmer trifft, „die gerade erst aus der Kneipe kommen“.

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