Stadtfinanzen belastetLeverkusen geht mit enormen Schuldenbergen in die Zukunft

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Euro-Banknoten liegen auf einem Tisch.

Annähernd eine halbe Milliarde Euro Schulden wird die Stadt Leverkusen für die Sonderlasten durch Corona-Pandemie und Ukraine-Krieg zu schultern haben.

Gute Gewerbesteuereinnahmen haben Leverkusens Haushalt 2022 gerettet. Nächstes Jahr aber wird es schwierig, sagt der Kämmerer.

Die Stadtfinanzen zu verwalten, ist in Krisenzeiten wirklich kein entspannter Job. Dennoch war Kämmerer Michael Molitor eine gewisse Erleichterung anzumerken, als er am späten Montagabend im Finanzausschuss über die aktuelle Lage berichtete. „Der Weg der Gewerbesteuer-Hebesatzsenkung auf 250 Prozent war richtig“, fühlte er sich bestätigt. Ohne diesen Schritt hätte es wahrscheinlich dramatische Einbrüche der Einnahmen gegeben. Doch seine Prognose für die nahe Zukunft klingt nicht mehr so optimistisch.

Sowohl Corona-Pandemie als auch Ukraine-Krieg reißen nicht nur Löcher in den städtischen Haushalt, weil in der Stadt selbst Lösungen für damit verbundene Probleme am Ort gefunden werden müssen. Auch die Etats von Bund und Land werden aufgrund von Mindereinnahmen und Mehrausgaben erheblich strapaziert. Von dort ist nicht mit so viel Hilfe zu rechnen.

Haushalt Leverkusen: Enorme Unwägbarkeiten

Derzeit bereitet der städtische Fachbereich Finanzen sowohl den Jahresabschluss für 2022 vor als auch die Haushaltseinbringung für 2023. Und in beiden Fällen handelt es sich um Rechnungen mit einigen Unbekannten, zumindest mit ein paar Unwägbarkeiten. Und es sind keine kleinen Summen, um die es dabei geht.

Leverkusens Stadtkämmerer Michael Molitor

Leverkusens Stadtkämmerer Michael Molitor

Waren im Haushaltsplan für 2022 zunächst Gewerbesteuererträge von 195 Millionen Euro kalkuliert worden, so sind 191 Millionen davon bereits eingegangen und weitere 36 Millionen werden bis Jahresende erwartet. Das würde die Lage auf den städtischen Bankkonten etwas entspannen, „aber erfahrungsgemäß werden nicht alle noch ausstehenden Gelder im Jahre 2022 fließen“, so Molitor.

Dafür muss Leverkusen Einbußen beim kommunalen Finanzausgleich wegstecken. Landesweit ist es im dritten Quartal des laufenden Jahres zu einem Einbruch von 28 Prozent bei den Einnahmen aus der Lohn- und Einkommensteuer gekommen, womit 700 Millionen Euro weniger an die Kommunen ausgezahlt werden können. Dieser Rückgang ist vor allem auf die Entlastungspakete der Bundesregierung und erhöhte Steuerfreibeträge zurückzuführen. Leverkusen erwartet daher 4,3 Millionen Euro weniger an Zuweisungen. Dennoch sei ein positives Jahresergebnis zu erwarten.

Eine halbe Milliarde Schulden extra

Was nicht zuletzt durch jene Isolierungen von Ausgaben zustande kommt, die als Sonderausgaben zunächst ignoriert werden, deren Schulden aber ab dem Jahr 2026 kontinuierlich getilgt werden müssen. Über Corona-Krise und Ukraine-Kosten kommt in den Jahren 2020 bis 2026 insgesamt knapp eine halbe Milliarde Euro zusammen, erwarten die städtischen Buchhalter. Die Folge nach jetziger Rechtslage: Ab 2026 wird der städtische Haushalt jährlich mit fast zehn Millionen Euro Abschreibungsaufwand belastet – für die Dauer von 50 Jahren. 

Und das bei weiter sinkenden Steuereinnahmen. Denn das Land Nordrhein-Westfalen hat seine Orientierungsdaten für die zu erwartenden Einnahmen bei der Lohn- und Einkommensteuer gerade erst deutlich nach unten korrigiert, was für Leverkusen im kommenden Jahr sechs Millionen Euro weniger bedeutet, für die Jahre 2023 bis 2026 geschätzte 35 Millionen. 

Dennoch wollen Michael Molitor und sein Team alles daran setzen, auch für 2023 wieder einen genehmigungsfähigen Haushaltsplanentwurf aufzustellen, um die finanzielle Souveränität Leverkusens zu bewahren, also nicht wieder in das Korsett eines Sicherungskonzeptes gezwängt zu werden. Molitors Appell: „Das kann nur gelingen, wenn Verwaltung und Stadtrat weiterhin den Schulterschluss üben und gemeinsam an den enormen Herausforderungen arbeiten. Weiterhin gilt: Maß halten und klug entscheiden, sind die Gebote der Stunde.“ 

Um weiterhin kurzfristig agieren zu können, will der Kämmerer im kommenden Jahr allerdings eine Selbstbeschränkung lockern: Die Höchstsumme der kurzfristigen Kassenkredite, bisher auf 450 Millionen Euro begrenzt und aktuell zu 65 Prozent in Anspruch genommen, soll im kommenden Jahr „drastisch erhöht“ werden. „Um die dauerhafte Liquidität sicherstellen zu können.“

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