Kleinkunst im ScalaWenn Ingo Appelt die Drecksau rauslässt

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Ingo Appelt im Scala

Ingo Appelt auf der Bühne im Scala.

Bei seinem Gastspiel ließ der Komiker seinen Hass auf politische Korrektheit von der Kette.

Ingo Appelt rechnete mit den Ereignissen der vergangenen Monate und Jahre ab. Dabei nahm der Komiker am Samstag im Scala in Opladen kein Blatt vor den Mund, schoss oft unter der Gürtellinie und auch über das Vertretbare hinaus.

Appelt machte mit seinem Bühnenprogramm „Startschuss - Auf die Kacke, fertig, los!“ Halt in Leverkusen und lud zum „Betreuten Hassen mit Ingo Appelt“ ein. Gesagt, getan. Er ließ keinen Aspekt aus, auch wenn dies manchmal besser gewesen wäre. „Wer heute auf ein politisch korrektes Programm hofft, ist hier falsch“, diese Ankündigung erfüllte er alle mal.

Harmlos legte der 55-Jährige los, beschwerte sich über die Erkältungswelle: „Alle sind krank. Der Corona-Kack ist vorbei, jetzt geht es mit der Erkältungsscheiße los.“ Seine Schniefer zog er als Running-Gag durch. Ob das Maskentragen zu Pandemie-Hochzeiten kein Vorteil für ihn als bekannte Person gewesen sei, entgegnete er: „Ich will doch erkannt werden. Wieso mache ich den Scheiß sonst schon seit 30 Jahren?“ Für den Überschuss an Masken, für die der ehemalige Gesundheitsminister Jens Spahn verantwortlich ist, hat Appelt auch eine Lösung: die Nutzung als Dönerhalter oder Slipeinlage.

Die Kritik um das Ballermann-Lied „Layla“ tat er als Unsinn ab, denn „die Puffmama ist nicht jünger, schöner, geiler, sondern heißt Svetlana, ist 56 und schlecht gelaunt“. Die Situation der Schülerinnen und Schüler während und nach der Pandemie verharmloste er: „Alle haben sie jetzt Depressionen, weil sie alle zwei Wochen die Spülmaschine ausräumen müssen.“

Bloß nicht gendern

Auf Zustimmung in Form von regem Applaus von den rund 250 Zuschauerinnen und Zuschauern traf der Komiker mit seiner Kritik am Gendern: „Ich hätte so anfangen müssen: Guten Abend, sehr geehrte Daminnen und Herrinnen. Ich bin ein Mann, also gehöre ich zu den Schwanzträgerinnen.“

„Ich bin Applaus-technisch so untervögelt“, er sei froh, wieder auf der Bühne zu sein nach langer Pause, denn „ich und die Nutten durften als letztes ran“, sagte er. Besonders mit seinen Stimmimitationen traf er den Lachnerv des Publikums. Zu den Parodien bekannter und prominenter Persönlichkeiten zählten Herbert Grönemeyer, der damalige Verteidigungsministers Rudolf Scharping, Michael Mittermeier, Willy Brandt, Angela Merkel und Gerhard Schröder.

Unpassende Ukraine-Witze

Mit seinen Bezügen zum Ukraine-Krieg fand er an diesem Abend wenig Anklang. Sie wirkten unpassend, kamen beim Publikum nicht so gut an. Witze und Anspielungen floppten. Das gilt auch für den Umgang mit dem Begriff „Zigeuner“.

Weiter ging es mit der Bundeskanzlerwahl. Warum Olaf Scholz gewann? Ganz einfach: „Armin Laschet, hättest du nichts gesagt, hättest du nicht gelacht, wärst du an der Macht.“ Dieses Erfolgsrezept habe auch Angela Merkel geholfen, meint er. Die Zusammenarbeit der FDP und Grünen kann er sich nur mit einem erklären: „Die kiffen wahrscheinlich.“

Trump, die Ost-West-Differenz, die Köln-Düsseldorf-Feindschaft, den Besuch des britischen Königs graste er ab. „Klimakleber“ und E-Scooter-Fahrer sind ihm ein Dorn im Auge. Die Umweltbestrebungen der Jugend nahm er auf die leichte Schulter und imitierte Jugendliche als auf Handybildschirm-starrende Geschöpfe. Vegetarier bezeichnete er als „Gemüse-Nazis“, „die haben das Wort Arier schon drin“. Er spielte weiter auch in anderen Kontexten mit den Begriffen des Nationalsozialismus, was durchaus sehr kritisch zu beurteilen ist.

Appelt schwelgt zum Ende hin in Erinnerungen an vergangene Zeiten: „Bei RTL-Samstag-Nacht war ich die Drecksau und zuständig für die Schweinerei.“ Das hat er beibehalten.

Appelt ist Vertreter des schwarzen Humors, das muss man mögen. Er hielt, was er versprach und donnerte gegen alles, was ihm in den Kopf kam. „Betreutes Hassen“ trieb er auf die Spitze und beklagte mehrfach: „Nix darf man mehr sagen.“ Manches sollte man aber auch einfach nicht.

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