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Konzert von Marcus MillerDer Groove als Weltkultur bei den Leverkusener Jazztagen

3 min
Macus Miller gilt als Inspiration für viele Bassisten auf der ganzen Welt.

Macus Miller gilt als Inspiration für viele Bassisten auf der ganzen Welt.

Marcus Miller, Alune Wade und Hellmut Hattler verwandeln das Leverkusener Forum in ein Zentrum des globalen Jazz, in dem der Bass zum Erzähler wird.

Marcus Miller spielt keinen Bass – er atmet ihn. Es ist der Moment, auf den an dem Abend alle warten. Von der ersten Note um 22 Uhr an entfaltet sich ein Klang, der so klar und zugleich körperlich wirkt, dass man ihn mit dem ganzen Körper spürt. Die tiefen, federnden Slaps seines legendären Fender-Jazz-Basses tragen eine ganze Geschichte in sich: Funk, Soul, Jazz – alles greift ineinander, mühelos, selbstverständlich.

Hinter dieser Eleganz steht ein Musiker, der Jazzgeschichte geschrieben hat. Als Komponist und Produzent arbeitete Miller mit Miles Davis, schrieb dessen Spätwerk „Tutu“ und prägte damit den modernen Jazzsound einer ganzen Generation. Im Terrassensaal des Forums spielt er mit jener souveränen Präzision, die große Künstler von Virtuosen unterscheidet. Die Band atmet mit ihm – geschmeidige Keyboards, ein Saxofon und eine Trompete, die in die Höhe steigen und Schlagzeugrhythmen, die Millers Linien wie Wellen tragen. Wenn er in einem Moment die Funk-Explosion loslässt und im nächsten einen warmen, lyrischen Basslauf formt, dann öffnet sich ein großer Raum.

Der senegalesische Bassist und Sänger Alune Wade verbindet Afro-Beat mit der Offenheit des Jazz.

Der senegalesische Bassist und Sänger Alune Wade verbindet Afro-Beat mit der Offenheit des Jazz.

Vor Millers elektrisierender Präsenz bereichert Alune Wade den Abend mit einer Musik, die nach warmer Erde riecht und zugleich in Richtung Zukunft weist. Der senegalesische Bassist und Sänger verbindet Afro-Beat mit der Offenheit des Jazz. Seine Band baut Klangräume, die sich wie Landschaften zwischen LED-Würfeln entfalten: Percussion, Trompete, Bass – alles fließt in Bewegung. Wade singt später etwas in Wolof und Französisch, manchmal fast sprechend, dann wieder in langen, schwebenden Bögen.

Seine neue Musik – „New African Orleans“ – trägt den Geist zweier Kontinente in sich. Aus westafrikanischen Rhythmen wachsen die Brass-Sounds von New Orleans, eine Begegnung von Herkunft und Rückkehr. Wades Groove ist organisch, sein Bassspiel tänzerisch, fast erzählerisch. Jeder Ton pulsiert, als wollte er den Ursprung des Jazz noch einmal spürbar machen.

Hellmut Hattler in Leverkusen: Elektronischer Jazz mit Seele

Wenn ganz vorweg Hellmut Hattler die Bühne übernimmt, steht ein Musiker vor dem Publikum, der deutsche Jazzgeschichte in den Fingern trägt und sie mit jeder Note erneuert. Sein unverwechselbarer Bassklang – rund, rhythmisch klar, zugleich federnd und warm. Zusammen mit Gitarrist Torsten de Winkel und der charismatischen Sängerin Fola Dada entsteht ein Sound zwischen Elektronik, Soul und Fusion, der sich ständig bewegt, aber nie die Kontrolle verliert.

Hattlers Musik ist kein nostalgischer Rückblick auf „Kraan“ oder „Tab Two“, sondern eine fortgeschriebene Idee von Groove. Er spielt nicht gegen die Maschine, sondern mit ihr – und lässt dabei menschliche Wärme durch jeden Beat strömen. Die Zuschauer erleben präzise Klangarchitektur, die dennoch spontan wirkt. Wo Millers Funk monumental klingt und Wades Afrobeat organisch fließt, da klingt Hattler wie ein urbaner Architekt des modernen Jazz.