Australien, Thailand, New YorkFür die Meisterschaft ist Leverkusen-Fans kein Weg zu weit

Lesezeit 5 Minuten
Der Bayer-04-Fan Klaus Gottschalk lebt in Nordaustralien, hier erntet er Bananen im Garten mit seiner Fußball-Kappe auf dem Kopf.

Der Bayer-04-Fan Klaus Gottschalk lebt in Nordaustralien, hier erntet er Bananen im Garten mit seiner Fußball-Kappe auf dem Kopf.

In aller Welt fiebern Fans von Bayer 04 Leverkusen dem größten Erfolg der Vereinsgeschichte entgegen.

Wenn an diesem Wochenende möglicherweise die Entscheidung fällt und Bayer 04 Leverkusen das erste Mal in der Vereinsgeschichte deutscher Fußballmeister ist, dann feiert nicht nur die ganze Stadt Leverkusen. Die Werkself hat Fans, die in der ganzen Welt verstreut sind. Wir haben mit ihnen gesprochen.

Klaus Gottschalk, Nord-Australien

Er ist ganz sicher einer der am weitesten entfernt wohnenden Bayer 04-Fans auf der Welt, denn viel weiter weg kann man kaum sein. Klaus Gottschalk muss zurzeit allerdings noch viel öfter mitten in der Nacht oder sehr früh am Morgen den Fernseher einschalten, um seinen Lieblingsverein spielen zu sehen. Die kämen natürlich „zu unmöglichen Zeiten“, aber Gottschalk schaut sich alle Spiele live an, schreibt er. Das Spiel Bayer 04 gegen West Ham beginnt für ihn zum Beispiel relativ spät, also um 5 Uhr in der Frühe. Aber, kein Problem, so Gottschalk, das Fußball-Fieber sei bei ihm schon auf maximal: „für »meinen Bayer« opfere ich gerne ein paar Stunden Schlaf.“

Selbst in seinem Wohnort Speewah im nördlichen Zipfel Australiens, was beim Blick auf die Weltkarte schon sehr nah an Papua Neuguinea liegt, gibt es für alle Fußball-Übertragungen Pay-TV-Programme, die auch die Bundesliga, den DFB-Pokal und die Europa-League zeigen. Er hat alle abonniert, die notwendig sind.

Wie ist der – mindestens aus fußballerischer Sicht – höchst heimatverbundene Gottschalk im tropischen Nord-Australien gelandet? Er schreibt, er habe sich im damals neuen Leverkusener Ramada neben dem Forum zum Hotelmanager ausbilden lassen und hat anschließend als Hoteldirektor in China, Malaysia, Neuseeland, Singapur, Saudi-Arabien gearbeitet. Jetzt habe er seinen Ruhestand in Australien angetreten, was immer sein Plan gewesen sei. Der weite Flug zur Meisterfeier ist ein Muss. Die Flugscheine sind gebucht. Gottschalk: „Ich kann’s gar nicht mehr abwarten!“

Alex Kramm, New York

Mitten in Manhattan weht auf einer Dachterrasse eine Bayer-04-Fahne. Nicht erst jetzt, da die erste Meisterschaft für den Verein kurz bevorsteht. Alex Kramm stellt schon seit Jahrzehnten seinen Heimatverein in seiner US-Heimat stolz zur Schau. 

Die Bayer-04-Fahne weht auf einer Dachterrasse mitten in Manhatten.

Die Bayer-04-Fahne weht auf einer Dachterrasse mitten in Manhatten

Der Investment-Banker ist in Leverkusen aufgewachsen und nach seinem Abitur am Werner-Heisenberg-Gymnasium 1996 in die USA ausgewandert. Dort ist er geblieben, doch seinen Verein hat er mitgenommen. Seine Freunde und Kollegen vor Ort wissen längst von seiner Begeisterung und verfolgen mittlerweile auch die Bundesliga, obwohl die englische Premier League hier viel angesagter ist. In dieser Saison stößt er dabei sogar bei Wildfremden auf Resonanz. „You have a great team“ oder „Xabi Alonso!“ rufen sie ihm zu, wenn er im Leverkusen-Trikot durch den Central Park läuft.

Und in das Familienleben mit drei Töchtern lässt sich so ein Bundesliga-Spieltag mit sechs Stunden Zeitverschiebung ohnehin viel leichter integrieren, berichtet der 47-Jährige: „Mein Samstag startet so: Workout, Einkaufen, Frühstück und dann Bayer Leverkusen gucken.“ Anstoß ist Ortszeit um 9.30 Uhr, da bleibt danach noch viel Zeit für die Familie, ganz im Gegensatz zum 15.30-Anstoß in Deutschland, der den halben Samstag zerschlägt. Seine Kinder tragen die Bayer-04-Trikots stolz in der Schule oder beim Sport, die Älteste war auch schon im Stadion mit dabei, selbst die Zweijährige kennt schon einige Fangesänge.

Kramm war dabei, live im Stadion beim Uefa-Cup-Sieg 1988 mit gerade einmal elf Jahren und auch beim DFB-Pokal-Sieg 1993. Auch in den vielen Jahren in den USA hat er mehr Spiele im Stadion erlebt als viele Leverkusener. Wenn er beruflich oder zu Familienbesuchen in Europa unterwegs ist, darf ein Stadionbesuch nie fehlen, einige Jahre lang hatte er sogar eine Dauerkarte. Und jetzt also die Meisterschaft. Keine Frage, dass der 47-Jährige sich ins Flugzeug setzt, um dabei zu sein, am Sonntag gegen Werder Bremen, wenn der Titel hoffentlich besiegelt wird, und auch im Mai zum Pokalfinale in Berlin und natürlich in Leverkusen, wenn die Schale endlich überreicht wird.  

Vier Männer in Fußballtrikots

Alex Kramm (l) mit Schulfreunden.

Und dabei geht es um mehr als Fußball. „Das ist auch meine Verbindung zur Heimat“, sagt Alex Kramm. Das ist heute einfacher als früher. Ende der 90er Jahre musste er noch spanische Sender nach der Bundesliga durchsuchen und hoffen, dass sie Leverkusen zeigen. Heute kann er per Stream von jedem Ort aus dabei sei. Auch bei jeder Nachricht im Whatsapp-Chat mit den Fußballfreunden, in dem die Euphorie von Tag zu Tag steigt. Und eben immer wieder im Stadion, in Leverkusen oder auch zu Auswärtsspielen. Kommende Woche etwa trifft er sich, geschickt eingebettet in einen Business-Trip, mit einigen seiner Heisenberg-Schulfreunde in London zum Rückspiel bei West Ham United. Ein Fußballspiel, aber eben auch ein Treffen alter Freunde, das nicht selbstverständlich ist nach bald 30 Jahren im Ausland. 

Ingo Krannich, Thailand

Ingo Krannich aus Schlebusch hat es sogar geschafft, dass in einer Sportsbar in seiner Wahlheimat Thailand inzwischen Bayer 04 Leverkusen läuft. Die habe bisher immer nur Premier-League-Spiele aus England übertragen, berichtet er. „Ich habe es geschafft, dass der Bayer übertragen wird. Seitdem werde ich immer mit Leverkusen begrüßt.“

Krannich lebt seit Februar 2022 in Thailand, er sei ausgewandert, um das Leben und seine Hobbys Motorradfahren und Tauchen mehr zu genießen. Bayer-04-Fan ist er seit seinem sechsten Lebensjahr. „Ich habe wirklich alle Höhen und Tiefen miterlebt“, sagt er. Seit 30 Jahren warte der Verein auf diesen Moment.

Ingo Krannich verfolgt die Spiele von Bayer 04 Leverkusen seit Februar 2022 aus seiner Wahlheimat Thailand.

Ingo Krannich verfolgt die Spiele von Bayer 04 Leverkusen seit Februar 2022 aus seiner Wahlheimat Thailand.

Die Bayer-Spiele zu verfolgen, sei über Streamingdienste recht einfach. „Auch das thailändische Fernsehen hat den Bayer in dieser Saison sehr oft übertragen.“ Auch sei bei Nachmittagsspielen die Zeitverschiebung kein Problem. Anders sehe das bei internationalen Spielen aus, „da ist es in Thailand dann 3 Uhr morgens. Hart ist es insofern, als meine Nachbarn wie gegen Quarabag von meinem Jubel um den Schalf gebracht werden“.

Ingo Krannich will am 16. Mai zurück in die Heimat kommen, um beim Heimspiel gegen Ausgburg im Stadion zu sein. „Danach werde ich mit vielen Freunde in Schlebusch bei Lotti (Telegraphen-Klause, d. Red.) diesen Erfolg feiern, um darauf das Wochenende nach Berlin zu fahren.“ Zugticket und Hotel seien schon gebucht, ihm fehlt nur noch eine Karte für das DFB-Pokalfinale gegen den 1. FC Kaiserslautern.

KStA abonnieren