Der Mann muss für sechs Jahre ins Gefängnis, die Ehefrau kommt mit zwei Jahren zur Bewährung davon.
Urteil im Kinderporno-ProzessAngeklagter Leverkusener wollte sich vor Gericht rausreden

Im Landgericht fiel das Urteil im Verfahren wegen Kindesmissbrauchs, Besitz und Herstellung von Kinderpornografie gegen einen Leverkusener und seine junge Frau. Hier sitzen sie mit ihren Verteidigern.
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Sechs Jahre Haft für Jens U. (47, Namen der Angeklagten geändert) und eine Bewährungsstrafe von zwei Jahren für seine Ehefrau Jessica (34) lautet das Urteil im Prozess gegen das Leverkusener Ehepaar, das wegen Kindesmissbrauchs angeklagt war. Der Mann gilt als Haupttäter. Er nahm das Urteil von Richter Christoph Kaufmann fast stoisch entgegen; in der Verhandlung hatte er äußerlich den entspannten Eindruck eines selbstsicheren Manns vermittelt, manchmal schien es, als ob ein leichtes selbstgewisses Lächeln in seinem Gesicht spielte. Das hatte auch die Nebenklägerin Adriana Djuric so gesehen und im Plädoyer angemerkt. Sie vertritt zwei Frauen, die als Kinder von dem Paar für Videoaufnahmen missbraucht wurden.
Die Ehefrau muss nicht ins Gefängnis, der Mann aber schon
Die 13 Jahre jüngere Ehefrau Jessica, die ursprünglich aus Niedersachsen stammt, soll sich von Jens U. so haben manipulieren lassen, dass sie Videos mit kinderpornografischen Inhalten von ihren beiden Halbschwestern anfertigte. „Er hat sie angestiftet“, sagte der Richter. Aber, auch wenn sie wohl nicht aus eigenem Antrieb handelte, ist sie nicht schuldlos, sie muss aber nicht ins Gefängnis, wenn sie alle Bewährungsauflagen einhält. Sie wirkte bei der weit über einstündigen Urteilsverkündung insgesamt wesentlich weniger gelassen als ihr Ehemann. Bei manchen Ausführungen des Vorsitzenden Richters atmete sie schnell, innerlich aufgebracht.
Die Eheleute, die sich im Internet kennengelernt hatten, als Jessica 14 Jahre alt war, haben über fast zehn Jahre neben ihren Partnerschaften eine Affäre gehabt. Sie ein Aschenputtel-Abbild – er jovial und überlegen, so stellt sich das heute dar. Während dieser Zeit produzierte die junge Frau die Kinderporno-Videos von ihren kindlichen Halbschwestern, sie lebte da noch in Niedersachsen.
Ein Mädchen zeigte ihn an, danach gab es eine Razzia
Weil der Leverkusener im Netz nebenher noch andere Mädchen sexuell ausbeutete, indem er sich erst als lesbische Frau ausgab und sie dann zwang, ihm Nacktbilder zu schicken, durchsuchte die Polizei 2017 seine Wohnung nach einer Anzeige. Die beschlagnahmten Datenträger enthielten neben anderen Kinderpornos auch die mit den Videos der beiden Halbschwestern. Trotz dieser Vorgeschichte heiratete Jessica Jens U. 2018 in Leverkusen. Ein gemeinsames Kind, ein Mädchen, wurde 2022 geboren. Die von vielen Kinderporno-Fällen überlastete Staatsanwaltschaft soll das Leverkusener Jugendamt erst 2024 informiert haben. Das Amt nahm das Kind im Alter von zwei Jahren aus der potenziell gefährlichen Familie.
Dass Männer Kinder missbrauchen, ist nichts Ungewöhnliches mehr, aber Frauen? Eine gewisse Ratlosigkeit des Gerichts gab auch Kaufmann zu. „Sie ist auch Opfer“, hatte die Verteidigerin von Jessica U. gesagt. Daran sei wohl auch etwas Wahres, so der Richter in der Begründung. Wegen dieser unterstellten Abhängigkeit kommt sie auch nur ganz knapp am Gefängnis vorbei; und weil die Taten so weit zurückliegen. „Hätte der Prozess ein paar Jahre früher begonnen, wären Sie nicht unter drei Jahren ins Gefängnis gegangen“, sagte Kaufmann. Jessica U.s Erzählungen von angeblichen eigenem Missbrauchserlebnissen nahm das Gericht ihr nicht ab.
Immerhin: Die zwei Halbschwestern mussten bei den Missbräuchen keine Schmerzen und Penetration erleiden, nach Erkenntnissen des Gerichts sind die Videos auch nicht verbreitet worden. Der Richter sagte zu den Inhalten: „Das bleibt hinter dem zurück, was wir hier sonst sehen.“ Beide Verurteilte bekommen wegen der langen Verfahrensdauer einen Strafnachlass von sieben Monaten.
Leverkusen: Ehemann war treibende Kraft
Die klar dominante und treibende Kraft in der Sache sei Jens U. gewesen, so der Richter. Der Steinbücheler EDV-Unternehmer soll während der meist nicht öffentlich geführten Verhandlung versucht haben, sich herauszureden, dem Gericht weiszumachen, dass er gar keine pädophile Neigung habe. Die Kinderpornos will er nur zufällig besessen haben, weil er die Struktur der mit Codewörtern der pädophilen Szene verschlüsselten Dateinamen habe ergründen wollen. Der Richter: „Wir haben hier ja schon viel gehört, aber dass jemand aus einem Forscherdrang heraus diese Dateien besitzt, wie sie das vorgeben, ist nicht glaubhaft.“ Der in diesen Dingen erfahrene Richter bescheinigte dem Leverkusener eindeutig pädosexuelle Neigungen, wenn auch nur neben seiner „breit gefächerten und teils entgrenzten Sexualität“.
Jens U. war bereits in einer früheren Verhandlung zu drei Jahren und sechs Monaten wegen des Besitzes von Kinderpornos verurteilt worden. Diese Strafe ist in die Gesamtstrafe eingerechnet. Der Leverkusener sitzt nur deshalb noch nicht im Gefängnis, weil er ein Familienmitglied pflegt.

