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Naturgut OphovenIn Leverkusen reift jetzt Mut statt Bananen

4 min
Charlotte Janus und Willi Dumaz zeigen die Gute-Taten-Waage

Charlotte Janus und Willi Dumaz zeigen die Gute-Taten-Waage.

Für die Zeit der Sanierung am Naturgut Ophoven wird die pädagogische Arbeit in die jetzt eröffnete „Mutreiferei“ ausgelagert.

Es scheint, als wolle das Wetter kurz noch einmal demonstrieren, warum man sich hier trifft. Unter orangefarbenen Pavillons, die den pünktlich um 18 Uhr einsetzenden Platzregen nur teilweise von den Gästen fernhalten können und der auf dem gepflasterten Platz innerhalb von Minuten kleine Seen und Bäche entstehen lässt: Wie damals, am 14. Juli vor vier Jahren, als der Dauerregen den Wiembach über- und quer durch das Naturgut Ophoven laufen ließ. Und damit auch die „Energiestadt“, das Museum des Umweltbildungsinstituts, zerstörte.

Kinder haben Angst vor der Zukunft

Nun beginnen die umfassenden Sanierungsarbeiten am Naturgut in der Talstraße – doch die pädagogische Arbeit soll weitergehen. In nur 500 Metern Entfernung auf dem Gelände der ehemaligen Bananenreiferei Pott. „Man könnte den Mut verlieren“, sagt Marianne Ackermann, Vorsitzende des Fördervereins mit Blick auf die Herausforderungen der Klimakrise. Immer mehr Kinder haben Angst vor ihrer eigenen Zukunft, davor, dass sie auf dieser Welt nicht mehr gut leben können.

Selma Wolf (r) und Philipa Gläser testen die Mutreiferei

Selma Wolf (r) und Philipa Gläser testen die Mutreiferei.

Mut ist deswegen das zentrale Thema, das die Naturgut-Verantwortlichen dem „Büro für Sinn und Unsinn“ aus Halle mitgegeben haben, das die neue Ausstellung in einem rund 100 Quadratmeter großen Container konzipiert haben. „Mutreiferei“ nennen sie den neuen Lernort in Anspielung an den Standort.

„Es ist verständlich, dass Kinder ängstlich oder traurig reagieren oder auch versuchen, die Probleme zu verdrängen“, sagt Willi Dumaz vom Büro für Sinn und Unsinn. „Was wir brauchen, sind mutige, besonnene Menschen.“ Und dafür soll die interaktive Ausstellung ihre jungen Besucher stärken. Unterteilt ist sie in vier Themenbereiche: „Kopfmut“ steht für Wissen und Verstehen, „Herzmut“ für Zivilcourage, „Ohrmut“ für das Zuhören und „Handmut“ dafür, selbst anzupacken.

Mutkarte in der Reifekammer

Selma Wolf und Philipa Gläser dürfen als erste die aus nachhaltigen Materialien erstellte Ausstellung ausprobieren. Dabei beweisen die beiden Zehnjährigen, dass sie bereits wissen, wie man für die Umwelt anpackt. „Ich habe schon mal mit Lehm im Garten eine Nisthilfe für Wildbienen gebaut“, schreibt Selma auf ihren Zettel, den sie an die Pinnwand für gute Taten hängt. Eine Mutkarte führt durch alle Bereiche, während die Aufgaben erfüllt werden, kommt die Karte in eine „Reifekammer“.

Nach 20 Minuten ist der jeweilige Mut reif und kann zur nächsten Station wechseln. Am Ende wird die Karte in ein Lesegerät gesteckt, den „Mut-Booster“, der den Kindern bestätigt, dass sie nun mutig genug sind, um ihren Teil dazu beizutragen, die Welt ein bisschen besser zu machen.

Bei der Eröffnung der Mutreiferei des Naturgut Ophoven zeigt Ausstellungsmacher Willi Dumaz, wie's geht.

Bei der Eröffnung der Mutreiferei des Naturgut Ophoven zeigt Ausstellungsmacher Willi Dumaz, wie's geht.

Was genau dieser Beitrag sein kann, lässt sich zum Beispiel an der Gute-Taten-Wage erkunden. Dort kann der eigene ökologische Handabdruck gemessen werden. „Das ist im Gegensatz zum Fußabdruck die positive Wirkung, die unser Handeln auf die Umwelt haben kann“, erklärt Charlotte Janus vom Büro für Sinn und Unsinn. Auf verschiedenen Kisten stehen Taten wie „Kleidung gebraucht kaufen“ oder „Mit dem Fahrrad zur Schule fahren“. Stellt man die Kiste auf die Waage, zeigt der Ausschlag des Zeigers, wie groß die Wirkung des Handelns ist.

Bei der Finanzierung der Mutreiferei klaffte ein Loch

Das Ausweichquartier auf die Beine zu stellen, war ein Kraftakt. Zwar wird das Naturgut von der Stadt und dem Land dabei finanziell unterstützt, aber dennoch klaffte ein großes Loch in der Finanzierung. Damit ging Ackermann auf den Rotary Club Leverkusen Rhein-Wupper zu. „Da habe ich erst einmal vorsichtig gefragt, um welchen Betrag es geht“, sagt Hans-Jörg Schaefer, der Club-Vorsitzende. 60.000 Euro – da habe er erst einmal abgewunken. „Da sind wir raus.“ Dann habe er sich aber darauf besonnen, dass das, was einer alleine nicht schafft, vielleicht in der Gemeinschaft machbar ist. Und hat mithilfe der weiteren Rotary Clubs der Stadt und einem noch nicht ganz ausgeschöpften Fluthilfe-Fonds das Geld zusammengetragen.

Mini-Museum in einer Telefonzelle zur Geschichte der Bananenreiferei

Mini-Museum in einer Telefonzelle zur Geschichte der Bananenreiferei

In der Mutreiferei werden nun verschiedene pädagogische Programme für Vorschulkinder und Schülerinnen und Schüler der Klassenstufen eins bis sechs angeboten. Hier sollen sie Selbstvertrauen entwickeln, Verantwortung lernen und spielerisch erleben, dass Mut und Nachhaltigkeit zusammengehören. In einer alten Telefonzelle wurde außerdem ein Mini-Museum über die Geschichte der Bananenreiferei eingerichtet – inklusive Geschichten über Drogenfunde und exotische Spinnen.

Als die Reden abgeschlossen und die Containertür von Oberbürgermeister Uwe Richrath persönlich aufgeschlossen ist, hört auch der Regen wieder auf. Es gibt noch Hoffnung.