Prozess um Leverkusener Al-Zein-ClanZeugin will nicht aussagen aus Sorge um Kinder

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Razzia Al Zein Clan Leverkusen Juni 2022

Polizisten bewachen ein Haus in Rheindorf, das im Juni 2021 durchsucht wurde und einem Badia Al-Zein gehören soll.

Leverkusen – „Sie müssen mich verstehen, ich habe drei Kinder, die sind meine Welt“, fleht die Frau im Zeugenstand den Richter zum wiederholten Mal an. Sie soll eigentlich von ihren Beobachtungen aus einer Nacht im September 2018 berichten. Doch ihre offensichtliche Sorge um ihre Kinder bringt sie dazu, nicht gegen den Al-Zein-Clan aussagen zu wollen.

Es ist einer von 30 angesetzten Prozesstagen im Düsseldorfer Landgericht gegen die libanesische Großfamilie aus Leverkusen. Badia Al Zein, seine zwei Söhne und vier weitere Familienmitglieder sind angeklagt. Ihnen wird unter anderem Sozialbetrug, Erpressung, Geiselnahme, Körperverletzung und Geldwäsche vorgeworfen. Die Anklageschrift ist 127 Seiten lang. Im Juni vergangenen Jahres hatte die Polizei in einer groß angelegten Razzia die Villa der Familie in Rheindorf durchsucht.

An diesem Tag soll es im Düsseldorfer Gericht um eine Schlägerei gehen, die 2018 stattgefunden haben soll. Zwei Zeugen sind dafür geladen, doch sonderlich viel Erkenntnis kann nicht gewonnen werden. Während die erste Zeugin am liebsten gar nichts sagen würde, widerspricht sich der zweite Zeuge immer wieder selbst und sorgt für Verwirrung.

Zeugin will mit Schweigen und geschwundener Erinnerung Kinder schützen

Erst auf die wiederholte Mahnung des Richters, dass sie zu einer Aussage verpflichtet sei, bewegt sich die Zeugin. Sie ist die Ex-Frau eines Clan-Mitglieds und soll von der Schlägerei mitbekommen haben. Allerdings erinnere sie sich jetzt nicht mehr an die Nacht vor vier Jahren. Auch als der Richter ihre damalige Aussage vorliest, bleibt es dabei.

Einige Aussagen von damals bejaht sie, windet sich aber heraus: Eine Nachbarin habe ihr nach dem Besuch eines nun Angeklagten gesagt, dass er bei einer Schlägerei beteiligt sei. Alle Informationen habe die Zeugin von dieser Nachbarin. Sie habe nichts gesehen und sei zu Hause geblieben. In ihrer Aussage von 2018 gab sie hingegen an, nach der Schlägerei in eine Shishabar gegangen zu sein, die mit dem Clan in Verbindung gebracht wird.

Auf die Frage, ob sie mit ihrem Besuch eine Affäre gehabt habe, sagt sie, dass er ein guter Freund gewesen sei, aber seit mehreren Jahren kein Kontakt mehr bestehe. Ihre Antworten zeigen vor allem eins: Sie hat Angst. Das sagt sie auch mehrfach und macht auf ihre Kinder aufmerksam.

Zeuge widerspricht sich selbst immer wieder

Auch der zweite Zeuge sorgt nicht für mehr Klarheit. Er soll die Schlägerei damals aus dem Fenster beobachtet haben. Doch seine Aussagen im Gerichtssaal widersprechen sich und auch seiner Aussage von 2018 immer wieder. Er habe drei bis vier Männer auf einen Jungen einschlagen sehen, bevor dieser versuchte zu fliehen. Der Junge soll zu Fuß und mit dem Auto verfolgt worden sein und dann vermutlich mit dem Auto eingesammelt worden sein.

Einen der Männer habe der Zeuge als „Talal“ erkannt. Ihn und seinen Bruder habe er immer wieder bei einem Freund gesehen. Nach langem Hin und Her stellt sich heraus, dass Talal der Angeklagte Badia Al Zein sein soll. Woran er das festmacht, kann der Zeuge jedoch nicht wirklich sagen. Der Bart soll ein Indikator sein und weil er Talal und seinen Bruder einfach kenne. Badia Al Zein hat jedoch keinen Bruder.

Zusätzlich führt die Übersetzung eines Dolmetschers ebenfalls zu Verwirrung vor Gericht. Clan-Mitglieder machen immer wieder auf angeblich falsche Übersetzungen aufmerksam. All diese Faktoren führen dazu, dass der Verteidiger von Badia Al Zein auf die diversen Widersprüche aufmerksam macht. Der Prozess wird am Donnerstag fortgesetzt.

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