Baurecht bleibt AusnahmeGutachten soll Wege aus Zersiedelung aufzeigen

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Dreine soll jetzt eine Außenbereichssatzung erhalten.

Dreine soll jetzt eine Außenbereichssatzung erhalten.

Wipperfürth – Kaum eine Kommune ist so stark zersiedelt wie Wipperfürth. 237 Weiler existieren auf dem Gemeindegebiet, die meisten sind kleine Siedlungen, die nur wenige Häuser und Höfe umfassen. Sie zählen zum sogenannten „Außenbereich“.

Was ist ein Außenbereich?

Der Begriff stammt aus dem Baurecht. Der Außenbereich umfasst alle Grundstücke, die nicht zu einem im Zusammenhang bebauten Ortsteil gehören und nicht im Geltungsbereich eines qualifizierten Bebauungsplans liegen. Das Baugesetzbuch will den Außenbereich grundsätzlich von Bebauung frei halten, um eine Zersiedlung der Landschaft zu verhindern. Ausnahmen gelten für die Landwirtschaft.

Was ist eine Außenbereichssatzung?

Die Außenbereichssatzung ermöglicht es, legal auch außerhalb geschlossener Ortschaften Wohn- und Gewerbegebäude zu errichten; sie wird auch als Lückenfüllungssatzung bezeichnet, weil damit Baulücken geschlossen werden können. Auf Antrag kann die Stadt Wipperfürth für einen Weiler oder einen Teil davon eine Außenbereichssatzung erlassen, wenn bestimmte Kriterien erfüllt sind. Das Thema beschäftigte jetzt auch den Ausschuss für Stadtentwicklung und den Haupt- und Finanzausschuss. Einstimmig wurde eine neue Kriterienliste erlassen.

Welche Kriterien gelten dabei?

Zu den Kriterien zählen unter anderem folgende Punkte: Zulässig sind nur Wohnhäuser für den Eigenbedarf, nicht Mehrfamilienhäuser oder Kapitalanlagen. Eine Satzung ist nur möglich, wenn das Areal mindestens vier Wohngebäude umfasst. Es müssen ein Kanal und genügend Löschwasser vor Ort vorhanden sein. Die wichtigster Änderung: Auch ehemals landwirtschaftlich genutzte Gebäude wie eine Scheune oder ein Stall können bei der Abgrenzung berücksichtigt werden, vorausgesetzt, sie wurden legal erreichten, verfügen über eine erhaltenswerte Bausubstanz und über eine Bodenplatte. Generell gilt: Der Satzungsbereich muss einen baulich geschlossenen Eindruck vermitteln. Baulücken dürfen geschlossen werden, das Bauvorhaben darf nicht ins Umfeld ausgreifen.

Warum wird die Stadt hier aktiv?

Der Außenbereich hat sich in den letzten Jahren stark verändert. Viele landwirtschaftliche Betriebe wurden aufgegeben, gleichzeitig gibt es eine starke Nachfrage nach Baugrund. Für die Verwaltung ist das eine Herausforderung. „Wir wollen die Zersiedlung im Außenbereich verhindern, denn die Landschaft ist unsere Lebensgrundlage“, sagt Stephan Hammer, der Leiter der Bau- und Planungsabteilung. Doch bei 237 Weilern sehe man ein hohes Potenzial im Außenbereich.

Wie viele solcher Satzungen gibt es?

In Wipperfürth haben zum jetzigen Zeitpunkt 21 Außenbereichssatzungen Rechtskraft. Bei zwei weiteren Satzungen ist das Aufstellungsverfahren durchgeführt worden, der Satzungsbeschluss steht aber noch aus. In Küppersherweg sind noch Grundstücksangelegenheiten zu klären. Dreine verfügt über einen privaten Kanal, für die Pumpstation soll eine Fernüberwachung installiert werden. Nach längeren Verhandlungen haben sich die Stadtverwaltung und die Anlieger jetzt geeinigt, am morgigen Mittwoch steht das Thema Dreine erneut auf der Tagesordnung des Stadtentwicklungsausschusses.

Wozu dient das Gutachen?

Ulrich Eckert vom Büro Planwerk in Dormagen ist derzeit damit beschäftigt, ein 2001 erstelltes und zwei Mal ergänztes Gutachten zur Außenbereichsentwicklung im Auftrag der Stadt komplett zu überarbeiten. Dazu muss er sämtliche 237 Siedlungen unter die Lupe nehmen. Wie viele Wohnhäuser stehen dort, wie viele Höfe, wie viele Menschen leben vor Ort? Für sein Gutachten muss er auch die neuere Rechtssprechung berücksichtigen. Mit dem Gutachten möchte die Stadt aktiver werden und potenzielle Bauplätze aufzeigen. Der Antrag selber muss aber letztlich immer noch von einer privaten Person gestellt werden.

Kommen jetzt weitere Satzungen?

„Wir rechnen mit vielen Anfragen aus der Bevölkerung“, sagt Stephan Hammer. Die Verwaltung rate aber dringend dazu, mit Anträgen abzuwarten, bis das Gutachten vorliege – voraussichtlich im Herbst 2021.

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„Wir wünschen uns für die Dörfer, dass wir die eine oder andere Außenbereichssatzung bekommen“, sagte Friedhelm Scherkenbach, der Fraktionschef der CDU. Es gehe nicht darum, beliebig viele neue Satzungen zu erlassen, sondern Potenziale zu erkennen, so Frank Mederlet (SPD).

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