TraditionSchmuck, Uhren und Sehhilfen in vierter Bergneustädter Generation

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Friedrich Wilhelm Dörre (l.) und sein Sohn Andreas betreiben ihr Geschäft in dem Haus, in dem die Dörres 1898 in Bergneustadt gestartet sind.

Friedrich Wilhelm Dörre (l.) und sein Sohn Andreas betreiben ihr Geschäft in dem Haus, in dem die Dörres 1898 in Bergneustadt gestartet sind.

Bergneustadt – Ob er die Bergneustädter kennt? Da muss Friedrich Wilhelm Dörre lachen: „Und ob!“ Manche Familien kommen schon in der dritten oder vierten Generation in das Geschäft in der Kölner Straße, spätestens jemand eine Brille braucht. Junge Paare lassen sich hier ihre Eheringe anfertigen, wie es schon ihre Großeltern oder sogar Urgroßeltern gehalten haben. Tradition wird groß geschrieben in der Familie Dörre. Mit Andreas Dörre ist mittlerweile die vierte Generation auf Uhren, Brillen und Schmuck spezialisiert.

Zeitweise gab es auch Musikinstrumente

Im Jahr 1898 hat sich Urgroßvater Friedrich Wilhelm mit seiner Frau Laura in Bergneustadt als Uhrmacher niedergelassen, im selben Haus, in dem sich auch heute noch Geschäft und Werkstätten befinden. Geschäftstüchtig baute er sein Angebot aus, zeitweise gab es hier auch Musikinstrumente, Haushaltswaren und von Anfang an schon Brillen. „Das waren damals kleine, runde Nickelgestelle“, erzählt Andreas Dörres Vater Friedrich Wilhelm, der sich scherzhaft „der Dritte“ nennt, hat er doch den kaiserlichen Namen und dazu den Familienbetrieb von seinem Großvater und seinem Vater mit dem selben Vornamen geerbt.

Das Bergneustädter Haus, in dem die Dörres 1898 gestartet sind.

Das Bergneustädter Haus, in dem die Dörres 1898 gestartet sind.

„Als ich sechs Jahre alt war, durfte ich in der Werkstatt schon Wecker auseinandernehmen“, erzählt der Senior. Nur mit dem Wiederzusammenbau haperte es noch, bis er seine Lehre zum Uhrmacher absolvierte und Augenoptikermeister wurde. „In den 50er Jahren wurde nicht lange gefragt, welchen Beruf ich ergreifen wollte“, erinnert er sich. „Aber mir hat es immer Spaß gemacht, und wenn man seinen Beruf als Hobby begreift, hat man auch Erfolg.“

Dörre hat alle Moden mitgemacht, die Pendeluhren im Pseudo-Barock-Stil, Kaminuhren fürs wuchtige Büffet in der guten Stube, die grünlichen und rosafarbenen Küchenuhren mit den abgerundeten Ecken in den 60er Jahren, die dicken schwarzen Hornbrillen.

Seit dem Jahr 2017 hat die vierte Generation das Sagen

1992 wurde das Geschäft erweitert, seit 2017 ist Andreas Dörre der Chef. Er habe als Kind keine Wecker mit dem Hammer zerlegt, sondern durfte schon mal die Batterien von Armbanduhren wechseln, erinnert er sich augenzwinkernd. Mit seinem Vater teilt der Augenoptikermeister die Begeisterung für den Beruf. „Das war für mich von Anfang an klar“, verrät der 35-Jährige.

Welche Fähigkeiten man dafür mitbringen sollte? Da muss sein 71-jähriger Vater nicht lange überlegen. „Handwerkliches Geschick, eine ruhige Hand. Man muss sehr präzise, auch mit der Lupe arbeiten und einen guten Kontakt zu Kunden haben.“ Dazu kommt technische Kenntnisse auf der Höhe der Zeit. Statt der mechanischen Taschenuhr der Großväter geht es heute um solarbetriebene Armbanduhren, Batterien sind praktisch out. Die Brillengestelle sind aus Carbon oder Holz, „die kommen dann nicht aus Fernost, sondern von Designerin in der Schweiz“, erzählt Andreas Dörre. „Es gibt auch Titanflex-Gestelle, die man verbiegen oder sich sogar draufsetzen kann, ohne dass sie kaputt gehen.“

Viele Veränderungen hinter den Kulissen

Am meisten hat sich aber hinter den Kulissen verändert, in den Werkstätten hinter den Verkaufsräumen. Da stehen heute zwölf Computer, vernetzt mit allerhand komplizierten Geräten.

Das Stichwort heißt Optometrie. „Wenn sich beim Sehtest auffällige Werte zeigen und wir glauben, dass eine Brille nicht weiterhilft, können wir mit verschiedenen Tests die Augengesundheit überprüfen und je nach Ergebnis dem Kunden einen Besuch beim Augenarzt anraten.“

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„Wer zehn Stunden am Bildschirm arbeitet, kommt mit einer normalen Gleitsichtbrille oft nicht mehr zurecht“, beobachtet der Augenoptiker. „Früher brauchten die Leute frühestens ab 40 eine Brille, heute schon in ihren 30er Jahren.“ Und sogar die Jüngsten: Durch die intensive Nutzung von Tablets, Handys und Fernseher steige die Kurzsichtigkeit bei Kindern rasant.

Ob eines seiner drei Kinder mal die Familientradition fortführen wird ? Während Andreas Dörre noch mit der Antwort zögert, ist das für Vater Friedrich Wilhelm keine Frage: „Das würde mich sehr freuen. Nach all der Zeit sollte so ein Geschäft doch am allerbesten in der Familie bleiben!“ Im nächsten Jahr wird das 125. Jubiläum gefeiert.

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