Neues ÄrztehausPraxen sind nach der Flut zurück am alten Standort in Engelskirchen

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Die Ärzte, die Ärztin und der Architekt stehen vor dem neuen Ärztehaus am Lepperhammer in Engelskirchen.

Architekt Ralf Rother (2.v.r.) mit Kinderärztin Inga Schmitt und den Ärzten Dr. Olaf Mensler (v.l.), Dr. Jens Hunkemöller und Dr. Thomas Aßmann vor dem neuen Ärztehaus, das am Standort des zerstörten Gebäudes errichtet wurde.

Anderthalb Jahre, nachdem das Leppehochwasser das Ärztehaus zerstört hat, wurde jetzt an gleicher Stelle der Neubau eingeweiht.

„Das Hochwasser der Leppe zerstörte ein Lebenswerk“ hieß eine Überschrift in der Online-Ausgabe dieser Zeitung vom 17. Juli 2021. Nichtmal elf Monate später, am 7. Mai 2022, stand über einem Artikel: „Spatenstich für neues Ärztehaus in Engelskirchen“. Am Freitag nun fand die offizielle Einweihung des an Stelle des abgerissen, vom Leppehochwasser zerstörten Ärztehauses statt – neun Monate nach dem Spatenstich.

850 Quadratmeter Praxisfläche war in der Flutnacht verloren gegangen, erinnerte Ralf Rother, Architekt und Investor, am Freitag im Beisein zahlreicher Gäste. „1000 Quadratmeter Praxisfläche sind neu entstanden.“ Wie vor der Flut beherbergt auch das neue Haus drei Praxen.

Viel Trubel bei der Einweihung

Zurückgekehrt ist die Hausärztliche Praxis Angelus von Dr. Thomas Aßmann, ebenso die Gastroenterologische Gemeinschaftspraxis von Dr. Olaf Mensler und Dr. Jens Hunkemöller. Dass der Wiederaufbau so schnell über die Bühne gehen konnte, sei auch deshalb möglich gewesen, weil die Ärzte unmittelbar nach der Flut signalisiert hatten, am Standort Lepperhammer bleiben zu wollen, berichtete Rother.

In der dritten Praxis, zurzeit noch im Rohbau, wird Inga Schmitt voraussichtlich im Juli eine Kinder- und Jugendarztpraxis eröffnen – für Rother ganz klar eine „Stärkung des Ärztehauses“. Und auch die Kollegen freuen sich auf die Fachärztin für junge Patientinnen und Patienten: „Damit kommt Leben in die Bude.“Die gebürtige Mönchengladbacherin ist momentan noch in Elternzeit, hat zuvor in einer Kölner Kinderarztpraxis als angestellte Ärztin gearbeitet und war gestern zur Einweihung natürlich auch mit dabei.

Überhaupt machten viele Menschen ihre Aufwartung: Nachbarn, Kollegen, Mitarbeiter, Freunde und Familien der Mieter, Vertreter von Rat und Verwaltung, von Oberbergischem Kreis, von der Freiwilligen Feuerwehr Engelskirchen, denen Ralf Rother noch einmal für ihren Einsatz in der Flutnacht dankte.

Wir dachten, unsere Praxis ist kaputt.
Dr. Olaf Mensler

„Vor anderthalb Jahren war hier nichts mehr. Wir dachten, unsere Praxis ist kaputt“, erinnerte sich Olaf Mensler. Dass die Praxis jetzt wieder läuft, „das hätten wir alleine nicht geschafft“, und so galt sein Dank unter anderem dem Praxisteam, „das zu uns gehalten und Einsatz gezeigt hat“, Bauleiter Pascal Seeberger und Architekt Ralf Rother, „der das in die Hand genommen hat und der es zu verantworten hat, dass das alles so schnell ging“.

Auch Bürgermeister Dr. Gero Karthaus sagte, dass sich vor eineinhalb Jahren niemand habe vorstellen können, dass bereits Anfang 2023 ein neues Ärztehaus am Lepperhammer steht.   Die Kürze der Zeit sei mit ein oberbergischer Rekord. Als Bürgermeister einer Gemeinde, die sich das Thema Gesundheit als Markenkern auf die Fahnen geschrieben habe, sei es ihm ein besonderes Vergnügen, die Einweihung des Hauses begleiten zu dürfen.   Künftige Patienten kämen vielleicht nicht mit Freude in die Praxen, „aber mit Dankbarkeit“.

Hochwassermeldungen sorgten bei Dr. Aßmann kurz für Nervosität

Ralf Rother ließ die vergangenen 18 Monate nochmal Revue passieren, von der Flutnacht als „ganz einschneidendes Erlebnis“ über den Entschluss, das alte Gebäudeensemble komplett abzureißen und neu zu bauen bis zur Entscheidung, dies in Fertigteil-Bauweise zu tun. Nur so sei es in so kurzer Zeit möglich gewesen, zu bauen – obwohl er drei Wochen auf Eisen und vier Wochen auf die Dämmung hatte warten müssen.

Rother ist sicher, dass der Neubau zukunftsfähig ist; ausgerüstet mit einer Wärmepumpe, die noch installiert wird, mit Photovoltaik auf dem Dach und Batteriespeicher. Auch etwaigen Leppe-Hochwasserereignissen in der Zukunft begegnete er schon bei der Planung – das neue Haus liegt höher als das alte. Hochwassermeldungen und die starken Niederschläge vom Donnerstag dieser Woche riefen bei Thomas Aßmann unschöne Erinnerungen hervor. Er sei ein wenig unentspannt gewesen, gab er zu. Dass Ralf Rother sich deswegen so überhaupt nicht besorgt zeigte, half ihm auch nicht: „Der war vor anderthalb Jahren ja auch ganz ruhig.“

Und wer weiß, was es künftig sonst noch für Neuerungen am Lepperhammer gibt. Dr. Thomas Aßmann hätte da noch ein paar Ideen, wie er augenzwinkernd sagte – „zum Beispiel einen Kanu-Verleih auf der Leppe“.


Interview mit der neuen Kinder- und Jugendärztin, Inga Schmitt

Frau Schmitt, was lockt Sie nach Engelskirchen?

Inga Schmitt: Im Oberbergischen gibt es zu wenige Kinderarztpraxen und in Engelskirchen seit einigen Jahren gar keine mehr. Die Nachfrage nach kinderärztlicher Versorgung ist riesengroß, nicht alle Familien finden für ihre Kinder einen Kinderarzt. Selbst Neugeborene müssen abgewiesen werden. Stichwort: Vorsorgen, Impfungen. Ich habe vom freien Kassenarztsitz in Oberberg erfahren, mich darauf beworben und ihn zugesprochen bekommen. Eine Niederlassung in eigener Praxis war schon immer mein Wunsch. Nachdem es mich mit meiner Familie ins Bergische verschlagen hat, war das für uns die ideale Möglichkeit dazu. Ein Gründerzuschuss seitens der Kassenärztlichen Vereinigung erleichtert mir den Weg in die Selbstständigkeit.

Kinder- und Jugendärztin Inga Schmitt vor dem frisch eingeweihten Ärztehaus am Lepperhammer.

Inga Schmitt eröffnet im Juli die neue Kinder- und Jugendarztpraxis in Engelskirchen.

Kennen Sie das Oberbergische?

Das Bergische kennt man als Wahlkölnerin natürlich. Das Oberbergische ist mir vertraut, es gibt aber noch vieles, was sich zu entdecken lohnt. Ich fühle mich hier sehr wohl und freue mich darauf, die Menschen und die Gegend durch meine Arbeit noch besser kennenzulernen.

Was sind die nächsten Schritte auf dem Weg zur Eröffnung?

In den kommenden Wochen und Monaten stehen noch viele Arbeiten in den Praxisräumlichkeiten an, bevor die Einrichtung beginnen kann. Zurzeit bin ich auf der Suche nach medizinischem Personal.

Und ab wann vergeben Sie Termine?

Termine können selbstverständlich erst vergeben werden, wenn die Infrastruktur und die technischen Gegebenheiten fertiggestellt sind. Jedoch ist es schon jetzt möglich, sich auf der Homepage der Praxis (www.kinderarzt-engelskirchen.de) zu informieren und sich für einen Newsletter einzutragen. Mit diesem Newsletter profitiert man von der frühzeitigen Bekanntgabe, ab wann Termine vergeben werden können. 

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