Der große Festzug fiel dem Regen zum Opfer, doch die Ersatzlösung auf dem Bundesschützenfest in Lindlar begeisterte die Besucher.
BundesschützenfestMarienheider Schützen holen beide Titel
Oberberg Fassungslos blickt Sven Wottrich erst nach oben, dann nach unten und schlägt dann die Hände vors Gesicht. Gerade hat er mit dem 128. Schuss den Vogel von der Stange geholt. Und ist damit neuer König des Oberbergischen Schützenbundes. Im Jubel der umstehenden Schützen sagt der Marienheider: „Oje, meine Frau weiß noch gar nichts davon“.
Marienheider Jungschützen machen zur Feier ein Fass auf
Doch nicht nur der neue König kommt aus Marienheide. Bereits zuvor hatte es auch beim Prinzenschießen ein Marienheider Schütze geschafft, sich gegen seine Mitbewerber durchzusetzen. Christof Backhaus holte mit dem 154. Schuss den blauschillernden Vogel von der Stange. Was zu großer Freude bei den Marienheider Jungschützen geführt hatte, die im wahrsten Sinne des Wortes ein Fass aufgemacht hätten, wie Klaus Büser, der Präsident des Oberbergischen Schützenbundes bei der feierlichen Krönung berichtete.
Ausgerichtet wird das Bundesschützenfest in diesem Jahr vom Schützenverein Lindlar. Er hatte 2018 den Zuschlag für die Ausrichtung im Jahr 2020 bekommen. Doch dann kam Corona, so dass das Bundesfest erst in diesem Jahr ausgerichtet werden konnte. Statt der sonst üblichen drei Jahre wurde die Amtszeit für das Bundeskönigspaar Norbert und Ursula Dreyer gleich doppelt so lange. Sechs Jahre, so lange waren in der langen Geschichte des Oberbergischen Schützenbundes vorher noch nie Majestäten im Amt.
Tränen beim bewegenden Abschied der vorherigen Majestäten
Das Königspaar habe das Oberbergische Schützenwesen und den Schützenbund mit Bravour vertreten, lobte Büser. Dieser Meinung waren auch die Schützen im Festzelt, in die die Krönung angesichts des Wetters verlegt worden war. Sie erhoben sich von den Plätzen und spendeten den scheidenden Majestäten lang anhaltenden Applaus, was Ursula und Norbert Dreyer zu Tränen rührte Die Tränen abwischen musste sich auch der scheidende Bundesprinz Jonas Braun, der ebenfalls viel Lob für seine Amtszeit erhielt.
Zur feierlichen Krönung wurde der Großen Zapfenstreich gespielt, intoniert vom Musikverein Wipperfürth und dem Tambourcorps Rot-Weiß Kleineichen. Die bewegenden Momente nach dem erfolgreichen Schuss von Sven Wottrich schilderte Präsident Büser bei der Proklamation den zahlreichen Gästen im zu knapp zwei Drittel gefüllten Festzelt. Zu den Besuchern zählten auch Landrat Jochen Hagt, der CDU-Bundestagsabgeordneter Dr. Carsten Brodesser und der CDU-Landtagsabgeordnete Christian Berger.
Für Klaus Büser ist es letzte Bundesschützenfest als Präsident
Dass die Frauen erst nach dem Schießen erfahren würden, dass ihre Männer auf den Königsvogel angelegt hätten, sei gar nicht so selten, so Büser. Da Gattin Mareen Wottrich zur Krönung gekommen sei, sei er sicher, dass der Haussegen trotz der Königswürde nicht schief hänge. Bundesprinz Christof Backhaus wird von Merve Ugurlu durch die Schützensaison begleitet.
Für Büser ist es das letzte Bundesschützenfest als Präsident des OSB, denn er wird dieses Amt nach 14 Jahren abgeben. In dieser Zeit habe sich einiges verändert. Doch nicht die gesellschaftlichen Veränderungen oder die Auflagen der Behörden seien der Grund, warum es in manchen Schützenvereinen nicht mehr richtig laufe, sondern in den meisten Fällen die Vereinsführung, sagte er. Es gebe Beispiele, die zeigten, dass das Schützenwesen nach wie vor ein wichtiger Teil der Gesellschaft sei und einen entsprechenden Rückhalt habe. „Hier in Lindlar ist die Schützenwelt noch in Ordnung, das ist lange nicht überall so“, so der OSB-Präsident. Auch Alexander Bosbach, Vorsitzender des Lindlarer Schützenvereins bestätigte, dass es gelungen sei, trotz der Corona-Krise einen Mitgliederschwund zu verhindern.
Der große Festumzug mit 40 Vereinen und 12 Musikgruppen fiel aus
Der „Große Festumzug“ des Bundesschützenfestes wurde aufgrund des heftigen Dauerregens abgesagt. „Es war eine Entscheidung der Vernunft“, erklärte Klaus Büser, im Festzelt. Ursprünglich war ein Umzug mit rund 40 Schützen- und zwölf Musikvereinen auf einer 4,2 Kilometer langen Strecke durch Lindlar geplant. „Wir haben schon heute Vormittag vor dem Majestäten-Empfang mit dem Gedanken gespielt, den Zug ausfallen zu lassen“, schilderte der Schützenchef.
„Aber wir haben bis zuletzt gehofft und die endgültige Entscheidung erst 20 Minuten vor dem Start getroffen“, ergänzte sein Stellvertreter Thomas Töpfer. Die Laune ließ sich das Schützenvölkchen jedenfalls nicht durch das Wetter vermiesen. Im prall gefüllten Festzelt herrschte eine Bombenstimmung, denn die Musikgruppen holten dort ihre Auftritte vor der Bühne nach und begeisterten ihr Publikum. Mit einem weinenden und einem lachenden Auge resümierte Büser: „Das ist mit Sicherheit das ungewöhnlichste Bundesschützenfest in der fast 100-jährigen Geschichte des OSB.“
Schützen ziehen positive Zwischenbilanz und hoffen auf weitere Besucher
Bosbach zeigte sich mit dem bisherigen Verlauf des Schützenfestes sehr zufrieden. Die Kirmes sei gut besucht, die Schießwettbewerb gut gelaufen und auch das Wetter sei besser als befürchtet. Nun hofft er, dass auch bei den anderen Veranstaltungen das große Festzelt gut gefüllt ist.
Denn am heutigen Montag ermitteln die Lindlarer Schützen ihre neuen Majestäten und am Abend ist nach dem Festumzug ein Höhenfeuerwerk geplant. Ein beliebter Termin im Rahmen des Lindlarer Schützenfestes ist immer der Abschlussball am Dienstagabend mit dem Auftritt der Dienstagskünstler, der ganz besondere Unterhaltung verspricht.
Ehrungen
Gregor Schüttler, Schriftführer des SV Lindlar, wurde mit der Silbernen Ehrennadel ausgezeichnet. Alexander Bosbach, Vorsitzender der Lindlarer Schützen, erhielt für sein langes Engagement und 30-jährige Vorstandsarbeit die Goldene Ehrennadel des OSB. Georg Rüßmann, Hauptmann im SV Lindlar wurde mit dem Kleinen Orden an der Schluppe geehrt.