Trinkwasser als GemeinschaftsaufgabeWasserbeschaffungsverband Ohl feiert Geburtstag

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Wassermeister Werner Leineweber und Vorsteher Hans-Dieter Wysuwa (v.l.) vom Wasserbeschaffungsverband Ohl. Mit einem Bodenmikrofon(l.) und anderen technischen Geräten lassen sich Lecks in den Leitungen aufspüren.

Wassermeister Werner Leineweber und Vorsteher Hans-Dieter Wysuwa (v.l.) vom Wasserbeschaffungsverband Ohl. Mit einem Bodenmikrofon(l.) und anderen technischen Geräten lassen sich Lecks in den Leitungen aufspüren.

Wipperfürth-Ohl – Das Boden-Mikrofon, das Werner Leineweber gerade in Stellung bringt, erinnert ein wenig an die Ausrüstung eines Geheimagenten. „Schon mit dem alten Modell konnte man in Ohl hören, wenn in Marienheide der Bus losfährt“, erklärt Leineweber mit einem Augenzwinkern und setzt das orangefarbene Rohr mit dem Stockgriff auf den Asphalt.

Werner Leineweber ist nicht im Auftrag ihrer Majestät unterwegs – sondern für die Nachbarschaft in Wipperfürths östlichem Zipfel. Für die Familie am Mesewinkeler Weg, die gerade die Waschmaschine beladen hat. Für die Frau im Hassiepen, die den Tee aufsetzt. Oder die Fußballer auf dem Sportplatz an der Dohrgauler Straße, die gleich unter die Dusche wollen.

30 Millionen Liter Trinkwasser im Jahr

Seit ziemlich genau sieben Jahrzehnten versorgt der Wasserbeschaffungsverband Ohl (WBV) die Menschen mit dem lebenswichtigen Nass. Am 6. April 1951 verkündet das Amtsblatt seine Gründung. Zwölf Ohler Familien schließen sich damals zusammen, um gemeinsam die Trinkwasserversorgung ihrer Häuser und Höfe zu stemmen. Die Liefermenge der alten sogenannten Buchholzleitung, die sich die Pulverfabrikanten einst vom Wahlberg zu ihrer Villa legen ließen, reicht schon lange nicht mehr aus.

Die erste Zeit nach der Gründung kommt das Wasser noch aus verschiedenen Quellen und wird über neu verlegte Leitungen transportiert. Hans-Dieter Wysuwa leitet den ehrenamtlichen Vorstand des WBV und zeigt auf eine Skizze aus dem Jahr 1952, mit der ein Ingenieur die flächendeckende Versorgung der Siedlung damals vorplant. In den Sechzigerjahren wird oberhalb des Ortes ein Hochbehälter angeschlossen. „Wir haben in Ohl mit einem Höhenunterschied von bis zu 70 Meter zu kämpfen – da braucht es ein ausgeklügeltes System, um auch den obersten Häusern auf den Hügeln ausreichend Druck zu liefern“, erklärt Wysuwa.

Kluftwasser statt Grundwasser

Inzwischen fließt das Wasser aus zwei Tiefbrunnen, 40 und 90 Meter tief. Wobei Wassermeister Leineweber und Vorsteher Wysuwa Wert darauf legen, dass es sich beim Ohler Wasser nicht um Grundwasser handelt, wie oft angenommen werde. „Wir fördern sogenanntes Kluftwasser, das sich bei uns im rheinischen Schiefergebirge in tiefliegenden Gängen und Spalten sammelt“, betont Wysuwa. Die Ergiebigkeit der beiden Schächte sei enorm und habe auch in den zuletzt sehr trockenen Sommern nicht nachgelassen. „Als wir 2009 den jüngsten Brunnen gebohrt haben, brauchten wir die ersten vier Wochen gar keine Pumpen. Es sprudelte wie aus einer Erdölquelle“, erinnern sich die beiden Wasserexperten.

Regelmäßig bestätigten Proben des Aggerverbandes, dass man in Ohl auf den dauerhaften Einsatz von Chlor verzichte, berichtet Werner Leineweber stolz. Ein wenig Jurakalk, um den pH-Wert des durch den Waldboden naturgemäß sauren Wassers zu heben, und eine UV-Bestrahlung gegen Keime – fertig sei das Ohler Trinkwasser.

Modell „Alles gehört allen“

30 Millionen Liter fließen jährlich zu den Haushalten, an einem durchschnittlichen Tag verbrauchen die rund 800 Einwohner um die 250 gefüllte Badewannen.

Der Verband funktioniere nach dem Modell „Alles gehört allen“, betont Vorsteher Hans-Dieter Wysuwa. Als Ohler Hauseigentümer wird man automatisch Mitglied im WBV – die Gebühren werden wiederum direkt in das Versorgungssystem vor Ort investiert. Als nächstes sollen die Leitungen im Buchholzweg ausgetauscht werden. „Die Stadt plant dort eine neue Asphaltierung – ist doch klar, dass wir diese Gelegenheit nutzen und die Wasserleitung austauschen, bevor die neue Straßendecke aufgetragen wird“, nickt der WBV-Vorsitzende.

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Parallel läuft die Mammutaufgabe der letzten Jahre weiter, die Digitalisierung unzähliger Karten, Listen und Pläne. Denn mit dem Tod einiger Mitstreiter aus den Gründungsjahren sei zuletzt viel Detailwissen verloren gegangen, verrät Werner Leineweber. Überhaupt interessierten sich die Älteren mehr für den Zustand des Ohler Wassers als ihre jüngeren Nachbarn, hat der Wassermeister festgestellt, wenn er mit seinem Boden-Mikrofon mal wieder auf Leckage-Suche im Ort unterwegs ist. „Dabei ist die Wasserversorgung in Ohl eine Aufgabe, die bisher jede Generation erfolgreich an die nächste weitergegeben hat.“

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