Gewalt aushebelnFrauen in Waldbröl sollen sich wehren können – Budo-Club

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ds Selbssschutz fuer Frauen Bei Fit Und Fun Fitnessstudio in Waldbroel Mit Fachleuten des Budo Clubs Waldbroel

Wie man sich gegen (männliche) Übergriffe zur Wehr setzt, zeigt Trainer Olaf Nierstenhöfer den Kursteilnehmerinnen.

Der Budo-Club in Waldbröl übt mit Frauen Techniken, um Übergriffe abzuwehren

Die Frauen beginnen mit zaghaften Tritten und vorsichtigen Schlägen. Erst als Trainer Olaf Nierstenhöfer sie anfeuert, werden ihre Reaktionen heftiger: Mit entschlossenem Blick hauen und treten sie der Reihe nach auf das von ihm hochgehaltene Schlagpolster ein.

Bei den zwei Kursen „Selbstschutz für Frauen“ des Budo-Clubs Waldbröl üben diesmal 21 Frauen  Techniken und Verhaltensweisen, mit denen gewalttätige Übergriffe vermieden oder abgewehrt werden sollen.

Gezielter wehren können

„Ich hoffe, dass ich mich mit bestimmten Bewegungen auch bei meiner kleinen Körpergröße gezielt wehren kann“, sagt etwa Teilnehmerin Alisha Wlodarek aus Bergneustadt. Wie das geht, erklärt Nierstenhöfer ihr und den anderen Frauen im Übungsraum des Waldbröler Fitnessstudios Fit & Fun.

„Umfasst ein Angreifer meinen Unterarm, ziehe ich diesen Arm nicht zu mir hin, denn dabei wird der fremde Griff nur fester.“ Geübt wird dann, wie es effektiver geht: auf den Angreifer zugehen, sich zur Seite drehen und damit den Griff der Hand aufhebeln.

Ehrenamtliche Leitung

Jeweils zu zweit üben die Frauen dieses Entwinden ebenso wie die Abwehr eines Schlags ins Gesicht. Dabei gilt es, sich mit gespreizten und versetzt gehaltenen Händen einen großen Schutzraum vor dem eigenen Kopf zu schaffen. „Wir wenden immer das mildeste und geeignetste Schutzmittel an“, sagt Trainer Nierstenhöfer vom Waldbröler Budo-Club. Denn das sei gerade bei Schutzbefohlenen wichtig – etwa dann, wenn Aggressionen unter Schülern unterbunden oder Übergriffe von Pflegepatienten abwendet werden.

„Vor der Selbstverteidigung steht daher immer die Selbstbehauptung und Eigensicherung“, betont Dr. Willi Lensing, der gemeinsam mit Stephan Raddatz und Olaf Nierstenhöfer die Selbstschutzkurse des Sportvereins ehrenamtlich leitet. Ausgebildet sind sie alle drei nach den Qualitätsstandards des Verbandes für Gewaltprävention und Selbstschutz und der Polizei in Karlsruhe.

Fragen schnell klären

„Auf welchem Weg kann ich der Situation entfliehen, wen könnte ich konkret um Hilfe bitten?“ Diese Fragen sollten in gefährlichen Lagen schnell geklärt werden, betont Lensing.

„Auch bei Angriffen von Menschen, die unter dem Einfluss von Alkohol oder Drogen stehen, ist es ratsam, sich möglichst zu entfernen“, ergänzt Teilnehmerin Karin Schmidt. Denn, so fügt die langjährige Krankenpflegerin hinzu: „Im Rausch verlieren Angreifer ihr Schmerzempfinden.“

Nicht nur in Großstädten

Die 55-Jährige hatte sich mit ihren beiden Töchtern für den Selbstschutz-Kurs in der Marktstadt angemeldet. Ihre Kinder sind Ende und Mitte 20, sie leben in Bonn und Aachen.

„In den Großstädten erleben sie öfters Übergriffe, und ich will, dass sie sich zu wehren wissen“, erklärt Karin Schmidt. Dass Frauen aber auch auf ländlichen Straßen und in regionalen Nahverkehrsmitteln regelmäßig begrapscht, bedrängt oder verbal belästigt werden, das bestätigten derweil viele Teilnehmerinnen.

„Meisenschlag“ als effektive Abwehr

„Es ist im Grunde eine Schande, dass Frauen aufpassen, sich absichern und ausweichen müssen, da sie Aggressionen von Männern ausgesetzt sind“, findet Trainer Olaf Nierstenhöfer.

Gegen einen von Frauen immer wieder erlebten Übergriff in Bus und Bahn zeigt er den „Meisenschlag“ als effektive Abwehr: Liegt eine fremde Hand auf dem Bein, wird die eigene Faust mit hervorgehobenem Mittelknöchel mittels der anderen Handfläche mitten auf den fremden Handrücken geschlagen.

Einmal im Quartal bietet der Club einen solchen Schnupperkurs als Einstieg in die Selbstverteidigung für Frauen an, aktuelle Termine gibt es im Internet.

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