Anklagevorwurf nicht bewiesenMädchen flieht aus Marienheider Klinik – Mutter freigesprochen

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Blick auf das Amtsgericht Waldbröl an einem sonnigen Tag.

Eine 40-jährige Morsbacherin ist vor dem Waldbröler Amtsgericht vom Vorwurf der Entziehung Minderjähriger freigesprochen worden.

Am Ende der Verhandlung beantrage auch die Staatsanwaltschaft „Freispruch“.

Eine 40-jährige Morsbacherin ist vor dem Waldbröler Amtsgericht vom Vorwurf der Entziehung Minderjähriger freigesprochen worden. Der Staatsanwalt hatte sie angeklagt, im Frühjahr 2021 ihre damals 15 Jahre alte Tochter unerlaubt durch eine List bei einem Krankenbesuch aus der Kinder- und Jugendpsychiatrie der Klinik Marienheide geholt zu haben, obwohl ihr das Familiengericht das Sorgerecht entzogen hatte.

Die Jugendliche befand sich zu dieser Zeit bereits ein halbes Jahr in Behandlung. Gut zwei Wochen nach der geglückten Flucht sei das Mädchen in Köln beim Besuch eines Schnellrestaurants aufgegriffen worden.

Zeugen beschreiben Vorfall von vor zwei Jahren

Da die Angeklagte von ihrem Schweigerecht Gebrauch machte und auch die Angehörigen die Aussage verweigerten, blieb Richter Carsten Becker nur die Anhörung des Pflegepersonals. Der erste Krankenpfleger schilderte, dass er sich noch sehr gut an den Vorfall erinnern könne, auch wenn der inzwischen fast zwei Jahre zurückliege. So habe sich die Mutter mit ihrer Tochter im Tagungsraum getroffen. Einige Zeit später habe sie um den Schlüssel für die Toilette gebeten und kurz darauf mitgeteilt, die Tochter sei verschwunden.

Gründliche Durchsuchung in psychiatrischer Station

Bei einer gründlichen Durchsuchung sämtlicher Räume der Station sei aufgefallen, dass ein üblicherweise verschlossenes Fenster des Tagesraums nur zugedrückt worden sei: „Alles, was dem Mädchen wichtig war, fehlte in ihrem Zimmer.“

Er schilderte sein Erstaunen darüber, dass sich die Mutter sehr zügig entfernt habe, nachdem er ihr mitgeteilt hatte, dass die Polizei gerufen worden sei, um die Suche nach der Jugendlichen zu unterstützen. Ein zweiter Pfleger konnte nur ergänzen, dass die Fenster damals pandemiebedingt deutlich öfter zum Lüften geöffnet worden seien, er konnte aber keine Angaben machen, ob die Fenster ordnungsgemäß verschlossen waren.

Zeugen verweigern die Aussage

Eine Polizeibeamtin berichtete, dass ihr eine Mitpatientin des Mädchens anvertraut habe, dass die Verschwundene ihre Flucht angekündigt, aber weder den Zeitpunkt, noch wie sie das bewerkstelligen wolle, verraten habe. In seinem Plädoyer führte der Staatsanwalt zusammenfassend aus, dass ein Tatbeitrag der Angeklagten zur Flucht des Mädchens nicht nachweisbar sei und daher „Freispruch“ beantragt.

Das Gericht folgte diesem Antrag. Becker erklärte mit Blick auf das Aussageverweigerungsrecht der Tochter: „Diejenige, die uns hätte sagen können, wie es wirklich passiert ist, musste nichts sagen.“

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