KinderpornoBensbergerin zahlt Strafe für „unfassbare Blödheit“

Lesezeit 3 Minuten
Eine Frau sitzt in einem Büro vor einem Auswertungscomputer auf der Suche nach Kinderpornografie und Fällen von sexuellem Missbrauch.

Die Verbreitung von Kinderpornografie gilt seit Sommer 2021 als Verbrechen. (Symbolbild)

Gut gemeint ist nicht gut gemacht: Für die als Warnung gedachte Verbreitung eines Kinderpornos muss eine Bensbergerin eine Geldstrafe zahlen.

Der Besitz und die Verbreitung von Kinderpornografie ist ein Verbrechen, das fast nur von Männern begangen wird. Umso ungewöhnlicher war, dass sich jetzt eine 32-jährige Bensbergerin deshalb vor Gericht verantworten musste. Ungewöhnlich war aber auch das Urteil: 900 Euro Geldstrafe, entsprechend drei Monaten auf Bewährung, zur Tatzeit die Mindeststrafe.

Wäre das Material nicht bereits im April 2021 auf ihrem Handy sichergestellt worden, sondern erst im Juli, hätte die Frau mindestens ein Jahr Freiheitsstrafe bekommen müssen. Denn zwischendurch, am 16. Juni 2021, erhöhte der Bundestag die Mindeststrafe angesichts der vielen schockierenden Missbrauchsfälle deutlich.

Video war als Warnung gedacht

Doch konnte Jennifer P. (Name geändert) das Gericht schnell davon überzeugen, dass sie an den vier Kinderporno-Videos, die ihr über Facebook beziehungsweise Whatsapp zugegangen waren und von denen sie eines über Facebook weiterzuleiten versucht hatte, keineswegs Gefallen gefunden hatte und dass sie auch nicht Pädophile damit erfreuen wollte.

Sondern ganz im Gegenteil: Die junge Frau, selbst Mutter und 2008 von Nigeria nach Europa gekommen, war Mitglied einer mehr als tausend Personen umfassenden Facebook-Gruppe, in der sich Menschen aus aller Welt, vor allem Mütter, über Erziehungsfragen und Gott und die Welt austauschten.

Facebook verhindert Veröffentlichung

Dabei ging es auch um Warnungen vor Kinderpornografie-Videos aus der alten Heimat im Internet. Als eine Teilnehmerin bekundete, sie habe eine bestimmte Sequenz noch gar nicht gesehen, versuchte Jennifer P., das Machwerk in der Kommentarspalte der Facebook-Gruppe hochzuladen. Facebook stoppte das und schloss sie aus dem Netzwerk aus, sie wurde angezeigt.

Die drei anderen angeklagten Videos hatten Polizei-Spezialisten auf ihrem iPhone gefunden, aber nicht in der Bildergalerie, sondern im Whatsapp-Programmspeicher – zusammen mit 35 000 anderen Bildern, die sich da angesammelt hatten, ohne dass sie über all das noch einen Überblick gehabt hätte.

Das Strafgesetzbuch ist strikt 

In ihrem Strafprozess stieß die alleinerziehende Mutter eines Jungen im Kindergartenalter auf Verständnis. Der Staatsanwalt berichtete aus seinem eigenen Bekanntenkreis, dass Nigerianer angesichts der schwächeren Rolle des dortigen Staates stärker auf soziale Kontrolle in Gruppen setzten.

Das deutsche Gesetz sei strikter, aus gutem Grund, denn mit der Weitergabe in einer so großen Gruppe habe die Frau keine Kontrolle mehr, bei wem das Material lande. Angesichts der Umstände forderte er die Mindeststrafe.

Ich mache das natürlich, weil es mein Job ist, aber ich mache es nicht gerne.
Anwältin Mercedes Ramona Formes über die Verteidigung pädophiler Straftäter

Pflichtverteidigerin Mercedes Ramona Formes bekannte, sie habe beim Lesen der Anklage befürchtet habe, eine pädophile Person verteidigen zu müssen: „Ich mache das natürlich, weil es mein Job ist, aber ich mache es nicht gerne.“ Beim weiteren Studium der Akten und im Gespräch habe sich aber schnell herausgestellt, dass der Fall ganz anders liege. Gleichwohl sei es „unfassbar blöd“, derartige Videos weiterzuverbreiten.

Die Angeklagte selbst bekundete: „Es tut mir sehr leid, dass ich ein Verbrechen begangen habe. Ich bin Mutter, und als Mutter will ich mein Kind schützen.“ So etwas werde nicht wieder passieren.

Richter Stöckle verurteilte die junge Frau am Ende nur wegen des Facebook-Falles. Bei den drei Whatsapp-Videos sei nicht nachweisbar, dass die Angeklagte überhaupt noch davon gewusst habe. Die Frau aber lediglich zu verwarnen sei auch nicht möglich. Dafür sei der Kreis der potenziellen Empfänger viel zu groß gewesen.

Nach dem Urteil kann die alleinerziehende Frau ihren Weg in Deutschland weitergehen. Einen unterschriebenen Vertrag für eine einjährige Ausbildung zur Pflegehelferin hat sie dem Gericht bereits vorlegt. Später will sie sich später zur Krankenschwester weiterbilden.

KStA abonnieren