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Bergisch GladbachPolitik geht auf Distanz – Kritik an Planungen für Gewerbegebiete

Lesezeit 4 Minuten
Gladbacher Politiker wollen eine Mehrbelastung der Straßen (hier bei Herkenrath) durch Kürtener Gewerbe nicht akzeptieren.

Gladbacher Politiker wollen eine Mehrbelastung der Straßen (hier bei Herkenrath) durch Kürtener Gewerbe nicht akzeptieren.

Bergisch Gladbach – Am Dienstag werden die Gladbacher Politiker über ein besonders brisantes Thema beraten: den Flächennutzungsplan.

Dabei geht es um die umstrittene Ausweisung von neuen Gewerbe- und Wohngebieten. Und weil die Politiker der großen Kooperation von CDU und SPD wissen, dass Ärger bei diesen Ausweisungen programmiert ist, reagieren sie frühzeitig auf die Pläne der Verwaltung.

„Wir werden uns inhaltlich zum Vorentwurf der Verwaltung erst äußern, wenn die Ergebnisse der Bürgerbeteiligung vorliegen, also in circa sechs Wochen“, betonte der neue CDU-Fraktionschef Dr. Michael Metten.

„Erst mal hat der Bürger das Wort“, stellte auch sein SPD-Kollege Klaus Waldschmidt fest und unterstrich die Vorläufigkeit und Offenheit des von der Verwaltung erarbeiteten Vorentwurfs.

Dann aber: „Wir waren zunächst schon etwas überrascht, dass wir das Gewerbegebiet Spitze in dem Entwurf wiedergefunden haben“, räumte Metten ein. 5,2 Kilometer Entfernung von der Autobahn, das sei kein Pappenstiel.

„Aber das ist keine Entwicklung, die wir von Gladbach aus anstreben. Es ist eine Reaktion auf die Bemühungen der Gemeinde Kürten, dort ein Gewerbegebiet auszuweisen. Wenn die das schaffen, wollen wir nicht der Zaungast an der Grenze sein.“

Der Verkehr der Kürtener Gewerbebetriebe werde dann durch Herkenrath und Moitzfeld fließen. „Wir wären belastet, aber hätten nichts davon.“ Umgekehrt könne man im Rahmen eines „interkommunalen Gewerbegebietes“, so der Titel für ein gemeinsames Projekt über die Grenze hinweg, Einfluss auf die Gesamtgestaltung nehmen.

„Der Verkehrsfluss auf den Straßen durch Gladbach nach Kürten darf unterm Strich nicht größer werden“, hob Waldschmidt das Hauptziel hervor. Die Pendlerströme seien heute schon mächtig. Wie man das begrenzen will, wenn man zusätzliche Quell- und Zielverkehre in einem neuen Gewerbegebiet schafft, ist eine Herausforderung.

Metten nennt die Stadtbahnlinie 1, die im Vorentwurf durchgezogen wird bis nach Spitze, dazu Park-and-Ride-Anlagen und auch Schnellbusse mit eigenen Spuren. Ziel: Auf der Straße dürfe nicht mehr Verkehr sein als heute.

Insgesamt wäre das Gewerbegebiet nur etwa halb so groß wie das, was in der Regionalplanung kurz nach der Jahrtausendwende umrissen wurde und für heftige Bürgerproteste sorgte.

Auch die Vorzeichen sind andere: Während damals vier Fünftel der Fläche auf Gladbacher Territorium lag, will Kürten heute etwa zehn Hektar realisieren und auf Gladbacher Seite sind im Vorentwurf elf Hektar markiert.

Bürgerinitiative pocht auf Zusagen

Auch im weiteren Verlauf des Korridors, den die Verwaltung und ihre Gutachter als vorrangig gewerbegeeignet ansehen, stehen die Zeichen auf Sturm. In Voislöhe pocht eine Bürgerinitiative auf Zusagen, die sie den Parteien im Kommunalwahlkampf 2014 abgetrotzt hat.

Waldschmidt und Metten beteuern, dass die Aussagen der Wahlprogramme Bestand hätten. „Diese Aussagen gehen weiter als das, was damals im Planungsausschuss als Beratungsergebnis festgehalten worden ist. Wir haben gesagt, wir wollen da kein Gewerbe, und daran halten wir uns.“

Der Ausschuss hatte damals nur ausgeschlossen, Gewerbeausweisungen westlich der L 289 weiterzuverfolgen. Wie mit der östlichen Seite zu verfahren sei, solle bei der Aufstellung des künftigen F-Plans geprüft werden.

Von den Standorten entlang der L 289, der Straße Richtung Kürten, bleibt dann nur noch eine größere Fläche südlich der Kreuzung Obermoitzfeld.

Und auch die anderen im Vorentwurf der Verwaltung projektierten Flächen entlang der Autobahn 4 sind umstritten. Kann sich die Politik denn erlauben, sich überall wegzuducken?

„Der Leitbegriff der CDU für die Entwicklung der Stadt lautet: metropolennahes Wohnen im Grünen. Wir wissen, was das für einen hohen Stellenwert für den Bürger hat“, gibt Metten zu.

Selbst Baustoff-Unternehmer und Chef eines Familienbetriebes, ergänzt er schnell: „Ich bin der letzte, dem man die Bedeutung von Gewerbeflächen klar machen muss“, bevor Waldschmidt hervorhebt, dass die SPD den Bedarf des bestehenden Gewerbe decken will.

Beide sind sich einig: Man bewege sich hier in einem extremen Spannungsfeld. Man könne jeden Hektar nur einmal nutzen. Man müsse unbedingt Wohngebiete ausweisen, damit Wohnen in Gladbach bezahlbar bleibe.

Große Hoffnungen setzen die Politiker daher auf das Gewerbeflächen-Recycling bei der Firma Zanders.

Wo einst 3000 Menschen arbeiteten, ist es heute nur noch ein Fünftel. Platz für neue Gewerbeansiedlungen gibt es dort genug.

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