Russischer AbzugBrückenschläge aus Bergisch Gladbach zum Jahrestag der Befreiung von Butscha

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Ein Mann geht mit seinem Hund an zerstörten Militärfahrzeugen der russischen Armee vorbei. Angesichts der schockierenden Gräueltaten in der ukrainischen Stadt Butscha bereitet der Westen schärfere Sanktionen gegen Russland vor. +++ dpa-Bildfunk +++

Vor einem Jahr zog sich die russische Armee aus Butscha zurück und hinterließ Gräuel, deren Bilder bald um die Welt gingen.

Wie Bergisch Gladbach die Städtepartnerstadt mit Butscha weiter mit Leben füllen will – Besuch ukrainischer Schüler, neue Spendenverdoppelung und weitere Hilfsaktionen.

Dieser Freitag ist ein besonderer für die Menschen in Bergisch Gladbachs ukrainischer Partnerstadt Butscha: Heute vor einem Jahr zogen die russischen Truppen aus der Stadt nordwestlich von Kiew ab – und ließen das ganze Ausmaß der Gräuel sichtbar werden, die sie hinterließen. Die Bilder von Zivilisten, die auf offener Straße erschossen worden waren, gingen bald um die Welt.

Millionen erschraken, einige krempelten die Ärmel hoch. In Bergisch Gladbach setzte sich schon wenige Wochen später der erste Hilfskonvoi in Bewegung. Wenngleich nun bereits der sechste Konvoi mit Hilfsgütern vorbereitet wird, soll es dabei nicht bleiben. Das machten Bürgermeister Frank Stein, Vertreter des frisch eingetragenen Vereins zur Förderung der Städtepartnerschaft Butscha – Bergisch Gladbach und der Bethe-Stiftung am Donnerstag bei der Vorstellung einer neuen Spendenverdoppelungsaktion und weiterer Projekte deutlich.

„Ziel ist es, auch mit Butscha eine „ganz normale“ Städtepartnerschaft aufzubauen“, so Partnerschaftsvereinsvorsitzender Frank Haag. „Wir hoffen, dass dort auch irgendwann wieder Frieden einkehrt“, ergänzt Beisitzer, Transporführer und Feuerwehrchef Jörg Köhler. Um neben weiteren Hilfstransporten einen Austausch anzustoßen, sind mehrere Projekte geplant.


Neue Spendenverdoppelungsaktion

Eine neue Spendenverdoppelungsaktion mit Unterstützung der Bethe-Stiftung startet an diesem Samstag, 1. April 2023. Auf dem Konto des Vereins zur Förderung der Städtepartnerschaft Butscha - Bergisch Gladbach werden in den kommenden drei Monaten bis zu insgesamt 50.000 Euro von der Bethe-Stiftung verdoppelt. Verdoppelt wird jede Einzelspende, die bis zu 2000 Euro umfasst. „Wir unterstützen das Projekt als Teil eines Netzwerks der guten Nachbarschaft in Europa“, so Klaus Orth von der Stiftung. Infos zur Spendenaktion auf der Internetseite des Partnerschaftsvereins. Dort ist es auch möglich, direkt via Paypal zu spenden.


Schülerbegegnung: Anfang Juni kommen 20 ukrainische Schülerinnen und Schüler nach Bergisch Gladbach, wo die Integrierte Gesamtschule Paffrath ihre Partnerschule wird. Die Gäste werden in Gastfamilien leben, sollen dem Krieg in ihrer Heimat mal für ein paar Tage entkommen. Der Partnerschaftsverein finanziert die Busfahrt und auch der Verein „Bürger für uns Pänz“ will die Aktion unterstützen.

Bilder für Butscha: Die engagierte Kunstschaffende Karin Martini plant Workshops, in denen Erwachsene angeleitet werden, Bilder zu malen. Vorkenntnisse sind dafür keine nötig. Innerhalb von zweieinhalb bis drei Stunden sollen die Teilnehmenden ein Bild fertigstellen können, mit Motivvorlagen auch aus der Partnerschaft Butscha. Der Reinerlös soll der Hilfe für Butscha zugute kommen. In der Partnerstadt sind ähnliche Malaktionen mit Gladbacher Motiven denkbar, um Brücken zu schlagen, auch solange persönliche Besuche wegen des Kriegs noch schwer möglich sind. Eine erste Aktion in Gladbach ist für den 3. Mai geplant. Anmeldung ab Freitag über die Internetseite des Partnerschaftsvereins.

Dächer für Butscha: Die Aktion, die GGS Kippekausen und KGS In der Auen mit dem Erlös eines Spendenlaufs (56 000 Euro) und zwei instandgesetzten kriegszerstörten Dächern   angeschoben haben, soll fortgesetzt werden. „Insgesamt sind in Butscha die Dächer von 86 Schulen und öffentlichen Einrichtungen zerstört. Da werden rund 75 000 Quadratmeter Trapezblech benötigt“, so Köhler.

Bunkerbau: Beim Wiederaufbau sind in der Ukraine nun Bunker in öffentlichen Gebäuden vorgeschrieben. „Fünf Kitas und Schulen brauchen noch einen, haben aber keinen Keller“, weiß Köhler aus Gesprächen und vom Besuch in Butscha mit Bürgermeister Frank Stein. „Mit Unternehmen wollen wir schauen, wie man schnell und günstig Hochbunker bauen kann“, so Köhler.

Tablets für sozial benachteiligte Kinder: Mit Hilfe von Tablets soll bedürftigen Kindern der Zugang zu Onlineunterricht und „kriegssichere Kommunikation“ ermöglicht werden.

Möbel für ein Sozialzentrum: Ein zerstörtes Zentrum für traumatisierte Kinder und Jugendliche in Butscha soll mit Mobiliar, gegebenenfalls auch mit gut erhaltenem gebrauchten, ausgestattet werden.

Wasseraufbereitungsanlage: Der Erftverband, der die Gladbacher Butscha-Hilfe bereits mit Stromaggregaten unterstützte, stellt eine ausrangierte Anlage zur Trinkwasseraufbereitung zur Verfügung.

Energiepartnerschaft: Zur Unterstützung beim Wiederaufbau der Energie- und Wasserversorgung in Butscha soll eine Solidaritätsbetreiberpartnerschaft mit der Belkaw angestrebt werden, so Bürgermeister Stein.

Weitere Hilfskonvois: Ein sechster Hilfskonvoi unter anderem mit Straßenmeistereifahrzeugen, Kehrmaschinen und weiteren Hilfsgütern ist für Mai geplant. Ein siebter Transport wird wohl aufgrund einer Förderung durch die Deutsche Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (giz) möglich.

Noch vor dem Sommer wollen die Vertreter des Vereins zur Förderung der Städtepartnerschaft Butscha – Bergisch Gladbach weitere Pläne vorstellen.

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