„Analog Valley“Plattenspieler mit Tradition in Bergisch Gladbach

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Gunter Kürten, Inhaber der Firma Thorens, vergleicht „Musik auf Platte“ gerne mit einer guten Flasche Wein.

  • An Traditionen festhalten und Plattenspieler mit Qualität herstellen, das ist das Ziel von Gunter Kürten. Er ist seit 2018 Inhaber der Firma Thorens.
  • Bei Räke Hifi, die die Transrotor-Plattenspieler herstellen, geht es vor allem um die Optik der Geräte.
  • Unsere Autorin war zu Besuch im „Analog Valley“ in Bergisch Gladbach.

Bergisch Gladbach – Es ist ein besonderes Musikerlebnis, das einem in dem kleinen Büro der Firma Thorens in Bergisch Gladbach zu Ohren kommt, wenn die schwarze Vinylplatte auf dem brandneuen Schallplattenspieler, dem TD 1600, ihre Runden dreht und ein wahres Klangvolumen produziert.

Gitarrenriffs vom amerikanischen Bluesrock-Musiker Stevie Ray Vaughan erklingen. „Musik auf Platte klingt einfach verdammt gut, das ist etwas für wahre Liebhaber. Ich vergleiche das gerne mit einer hochwertigen Flasche Wein. Die konsumiert man nicht einfach, sondern genießt sie mit jedem Schluck“, sagt Gunter Kürten (55), Inhaber der Firma Thorens.

Als „Kind der Unterhaltungselektronik“, wie er sich selbst bezeichnet, übernahm der ehemalige Elac-Manager 2018 das Traditionsunternehmen. „Meine Mutter war Opernsängerin und mein Vater hat Tonbänder produziert. Ich bin mit Audiotechnik aufgewachsen“, erzählt er.

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Kürten möchte an Traditionen festhalten

Sein Hobby machte Kürten zu seinem Beruf. „Thorens war immer dafür bekannt, gute Qualität zu einem bezahlbaren Preis anzubieten. Das haben wir uns auch heute auf die Fahne geschrieben. Ich möchte das Unternehmen am Leben erhalten und weiterentwickeln, indem ich an Traditionen festhalte und darauf aufbaue.“

Thorens

1883 in der Schweiz gegründet ist Thorens das weltweit älteste Unternehmen in der Unterhaltungselektronik.

Zu Anfangszeiten sind bis zu 1200 Mitarbeiter bei Thorens beschäftigt, heute arbeiten neben Firmenchef Gunter Kürten drei Mitarbeiter in der Verwaltung in Bergisch Gladbach – 25 weitere Mitarbeiter sind in der Logistik und Produktion im Schwarzwald und in Taiwan beschäftigt. (lth)

Schallplattenspieler seien ein Nischenprodukt, werden zurzeit aber wieder beliebter – auch bei der jüngeren Generation. „Musikliebhaber möchten etwas in der Hand haben, eine Platte oder ein Cover, die Nadel selbst aufsetzen und die Technik hinter dem Gerät verstehen“, so Kürten.

Räke Hifi erschafft wahre Kunstwerke

Um noch mehr als das reine musikalische Erlebnis geht es der Räke Hifi/Vertriebs GmbH, Hersteller der Transrotor-Plattenspieler. Hier steht vor allem die Optik der Schallplattenspieler im Vordergrund. Von außen erscheint das Gladbacher Unternehmen unscheinbar, doch in den Kellerräumen erschaffen Firmenchef Jochen Räke (79) und seine Mitarbeiter wahre Kunstwerke; 1971 gründete der studierte Landmaschinentechniker die Marke.

Zwischen 800 und 1000 Plattenspielern verkauft Räke heute jährlich – über Hifi-Fachhändler in 40 Ländern. Sohn Dirk Räke (43) leitet den Vertrieb. Die Transrotor-Geräte haben eine einheitliche Handschrift, runde Formen zeichnen sie aus, ebenso wie das auf Glanz polierte Aluminium, das für ein hochwertiges Aussehen sorgt. Dennoch ist kein Plattenspieler wie der andere. Kunden stellen sich ihr Gerät ganz individuell selbst zusammen, von der Stange gibt es bei Räke Hifi nichts.

In der Gladbacher Montagewerkstatt werden aktuell 50 Plattenspieler des Typs Zet 5 gebaut – für Kunden in Hongkong. Tonarme entwerfen die Mitarbeiter von Räke Hifi teils mit Hilfe moderner 3D-Druck-Technik. Auch die Kisten, in denen die Schallplattenspieler zu den Händlern transportiert werden, sind maßangefertigt. Für den Transport des Plattenspielermodells Artus – für 150 000 Euro einer der teuersten – ist ein ganzer VW-Bus notwendig.

„Die ganze Platte ist ein Gesamtkunstwerk“

Das Besondere einer Schallplatte: Die hohe Klangqualität, besonders bei den Obertönen. Schallplatten geben Tonhöhen wieder, die eine CD nicht abspielen kann. Und noch etwas ist bei der Schallplatte anders: Der Hörer wird geradezu gezwungen, eine Platte von vorne bis hinten zu hören, denn Vorspulen ist nur schwer möglich und eigentlich nicht gewollt. „Die Künstler haben sich Gedanken gemacht, in welcher Reihenfolge die Songs auf den Platten erscheinen. Die ganze Platte ist ein Gesamtkunstwerk“, weiß Thorens-Chef Gunter Kürten.

Dass der Markt für Platten wieder größer wird, freut Kürten. Wie auch die Räke Hifi/Vertriebs GmbH, verkauft Thorens seine Geräte hauptsächlich über Hifi-Händler. Thorens-Plattenspieler bekommt man bereits ab 400 Euro aufwärts. „Das ist dann schon ein sehr gut gemachtes, ordentliches Produkt“, betont Kürten.

Den brandneuen TD 1600 gibt es für 2500 Euro. „Für ein gutes Gerät muss man was ausgeben. Auch ich habe damals mein Geld gespart und davon einen guten Plattenspieler gekauft“, erinnert sich Kürten. Für das neuste Modell ist eine Auflage im vierstelligen Bereich geplant. Aktuell produziert Thorens 20 verschiedene Modelle. Pro Jahr werden rund 10 000 Plattenspieler verkauft.

Besonderes Publikum als Zielgruppe

Für ein Transrotor-Gerät müssen die Käufer dagegen etwas mehr Geld in die Hand nehmen. Das günstigste Modell, der Fat Bob, kostet 2500 Euro. Die teuersten Modelle sogar bis zu 180 000 Euro. „Unsere Plattenspieler richten sich an ein besonderes Publikum. Bei uns kaufen Hifi-Liebhaber, die sich etwas besonderes leisten möchten“, sagt Räke. Besonders stolz ist er auf das Modell Argo, das im Bauhausstil gearbeitet und wie ein Schiffskompass aufgehängt ist. Schwingungen im Boden unterbrechen die abgespielte Platte somit nicht.

Transrotor

1971 gründet Jochen Räke seine eigene Schallplattenfirma und lässt die Marke „Transrotor“ eintragen. Zunächst lässt er beim englischen Hersteller Michell Teile für seine Plattenspieler fertigen, 1986 verlegt er die Produktion nach Gladbach.

Aktuell sind bei der Räke Hifi/Vertriebs GmbH 15 Mitarbeiter in der Montage beschäftigt. In über 40 Länder wird ausgeliefert. (lth)

Ein kleines Revival bei Thorens erlebt die Tonbandmaschine. 12 000 Euro müssen Käufer für das neu aufgelegte Tonbandgerät ausgeben. Neu aufgelegt wird im Mai zudem einer der ersten Schallplattenspieler von Thorens, er sieht aus wie früher, enthält aber neue Mechanik.

Dass in Gladbach gleich zwei große Plattenspielerhersteller ansässig sind, ist außergewöhnlich. Gunter Kürten schmunzelt. Er spricht gerne vom „Analog Valley“. Einen großen Markt für Schallplatten gebe es in Gladbach allerdings nicht.

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Auch wenn große Elektromärkte wieder Platten im Sortiment haben, ist die Auswahl dort gering. Plattenläden und Tauschbörsen finden sich eher in Köln. Dort können Käufer auch gebrauchte Platten kaufen oder tauschen.

„Vintage ist gerade im Trend und das ist super für uns. Aber man darf technisch nicht stehen bleiben“, betont Gunter Kürten. Auch Jochen Räke ist sicher, dass der Transrotor weiterhin gefragt ist. „ Bei uns wird noch jedes Teil in die Hand genommen. Das wissen unsere Käufer zu schätzen.“

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